Wirtschaft

Hiesinger bleibt hart ThyssenKrupp hält an Stahlsparte fest

Die Käufer des nordamerikanischen Walzwerks nehmen Thyssen 2 Millionen Tonnen Stahl jährlich aus Brasilien ab. Damit sind 40 Prozent der Kapazität des Werks dort ausgelastet.

Die Käufer des nordamerikanischen Walzwerks nehmen Thyssen 2 Millionen Tonnen Stahl jährlich aus Brasilien ab. Damit sind 40 Prozent der Kapazität des Werks dort ausgelastet.

(Foto: REUTERS)

Das Stahlgeschäft ist jahrelang der Eckpfeiler des ThyssenKrupp-Konzerns. Doch eine schwache Nachfrage in Europa und ein Überangebot weltweit bescheren dem Unternehmen hohe Verluste. Ein Komplettausstieg steht dennoch nicht zur Debatte.

Der deutsche Dax-Konzern ThyssenKrupp wird nach dem Verkauf seines Werks in Nordamerika ein Stahlproduzent bleiben. Vorstandsvorsitzender Heinrich Hiesinger hat zwar die Verkleinerung der Sparte vorangetrieben, er machte aber nun in einem Interview deutlich, dass er vorerst an den wichtigsten Stahlwerken in Brasilien und Europa festhält. Ein wichtiger Grund: Es fände sich derzeit kaum ein Käufer für die Anlagen. "Wenn ich gefragt werde, ob wir (das europäische Stahlgeschäft) verkaufen wollen, lautet meine Antwort: An wen?", sagte Hiesinger. "Ich glaube nicht, dass die Lösung am europäischen Markt der Verkauf des Geschäfts ist."

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ThyssenKrupp 4,50

Erfolglos hatte Thyssen versucht, das Stahlwerk in Brasilien zu veräußern. Dort werde inzwischen aber nicht mehr so viel Geld verloren, sagte der Manager.

Wo ist die Konsolidierung?

Der Thyssen-Chef forderte mit Blick auf den Zustand der Stahlbranche eine Konsolidierung. Doch derzeit bewege sich kaum etwas in dieser Richtung. "Die Schmerzen sind nicht stark genug", um eine solche Konsolidierung zu erzwingen, sagte Hiesinger, der von 1992 bis 2010 für Siemens arbeitete. Er komme aus anderen Branchen, und er sei wirklich verwundert, wie gering die Ambitionen der Stahlbranche zum Geldverdienen seien.

ThyssenKrupp hatte drei Jahre in Folge Verluste eingefahren und zuletzt in Bereiche außerhalb von Stahl investiert. Der einstige Eckpfeiler, das Stahlgeschäft, litt dagegen unter einer schwachen Nachfrage in Europa und einem Überangebot weltweit.

Im letzten Quartal verdiente der Bereich Steel Europe 19 Millionen Euro, ein Jahr zuvor waren es 30 Millionen. Mit etwa 2,3 Milliarden Euro trug Stahl zuletzt deutlich weniger als 20 Prozent zum Konzernumsatz von 14,6 Milliarden Euro bei. Vor fünf Jahren waren es etwa 40 Prozent.

Problemwerk: Brasilien

Die größten Kopfschmerzen hatte Hiesinger der Verkauf eines Stahlwerks in Brasilien und einer Verarbeitungsanlage im US-Bundesstaat Alabama bereitet; für den Bau zwischen 2007 und 2010 waren Kosten von rund 15 Milliarden Dollar angefallen. Der Verkauf in den USA ist durch, aber auf dem Werk in Brasilien blieb der deutsche Konzern sitzen.

ThyssenKrupp wollte in Brasilien Vorprodukte herstellen und diese dann zur Verarbeitung nach Alabama liefern, die Produkte waren für den US-Automarkt gedacht. Der Plan ging nicht auf. Die Erstarkung der brasilianischen Währung, die Finanzkrise und überbordende Kosten sowie operative Probleme in Brasilien machten dem Konzern einen Strich durch die Rechnung.

Immerhin nehmen die Käufer des nordamerikanischen Walzwerks Thyssen jetzt 2 Millionen Tonnen Stahl jährlich aus Brasilien ab. Damit sind 40 Prozent der Kapazität des Werks dort ausgelastet.

Kaufinteressenten sind willkommen

Die Produktion in Brasilien wird Thyssen nun behalten - vorerst. Derzeit sei der Verkaufsprozess gestoppt, sagte Hiesinger. Nun gehe es darum, die Leistung des Werks zu verbessern. In Südamerika gebe es Bedarf für den Rohstahl von ThyssenKrupp. Früher oder später würden Lieferverträge abgeschlossen.

Hiesinger schloss nicht aus, dass Thyssen in Zukunft verkaufen könnte. Früher oder später würden Kaufinteressenten anklopfen, erwartet der Thyssen-Chef.

Analysten stimmen zu und sagen, Geduld sei nun der beste Ansatz. "Niemand kennt die Probleme besser als Thyssen selbst", sagte Tim Huff von der Royal Bank of Canada. "Das cleverste ist, das Werk hochzufahren und effizient zum Laufen zu bringen. Dann können sie es in zwei oder drei Jahren zu einem besseren Preis verkaufen".

Spezialstahl bevorzugt

Auf die Frage, ob er nach dem Desaster auf den amerikanischen Kontinenten ein großes Stahl-Investment in Asien für denkbar halte, sagte Hiesinger, dies sei unwahrscheinlich. Wegen der Überkapazitäten am Markt sei es nicht sinnvoll, eine Produktion in Asien zu betreiben. Global betrachtet werde Thyssen nur Spezialstahl verkaufen.

Selbst wenn Thyssen im Stahlgeschäft bleibe, so sei doch klar, dass sich Investitionen in die Stahlproduktion nie so auszahlen können, wie Investitionen in das Aufzuggeschäft oder Industrielösungen.

Quelle: ntv.de, bad/DJ

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