Wirtschaft

Teuerster Immobilienmarkt der Welt Chinas Häuserblase könnte jederzeit platzen

Hoch hinaus: Morgengymnastik vor der Skyline von Shenzhen.

Hoch hinaus: Morgengymnastik vor der Skyline von Shenzhen.

(Foto: REUTERS)

Die chinesischen Immobilienpreise sind in schwindelerregende Höhen gestiegen. Die Regierung in Peking versucht gegenzusteuern. Aber ihre Möglichkeiten, Luft aus der Immobilienblase zu lassen, sind begrenzt.

Die Lage am chinesischen Häusermarkt spiegelt am besten ein Video wider, das im September viral gegangen ist: Es zeigt die Kaufpanik vieler Chinesen in einem Immobilienbüro in Hangzhou. Sie wollten noch schnell eine Immobilie kaufen, bevor die Stadt - ein paar Tage später - etliche Maßnahmen einführte, um den Anstieg der Häuserpreise zu dämpfen. Inzwischen haben auch etliche andere Städte restriktive Maßnahmen eingeführt, wie einen höheren Eigenkapitalanteil, oder dass Auswärtige keine Häuser kaufen dürfen.

Die Maßnahmen zeigen Wirkung. Im Oktober stiegen die Preise neuer Häuser in China nur noch um 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat, im September waren sie noch 2,1 Prozent gestiegen. Auf Jahresbasis ergab sich aber noch ein anderes Bild: Denn hier lagen die Preise im Oktober um ganze 12,3 Prozent höher als im Vorjahr. "Das ist der stärkste Zuwachs aller Zeiten", sagt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets. Noch viel stärker als im landesweiten Durchschnitt war der Anstieg in Peking mit 27,5 Prozent und in Schanghai mit 31,1 Prozent.

Gigantische Häuserblase

Wie groß die Immobilienblase inzwischen ist, zeigt gerade das Beispiel Shenzhen. So kostet laut der Finanzwebsite Numbeo ein Quadratmeter einer Wohnung in Shenzhen rund 79.500 Renminbi. Damit beläuft sich der Preis für eine 90 Quadratmeter große Wohnung auf 7,15 Millionen Renminbi (1,04 Millionen Dollar). Das ist das 43,1fache des Durchschnitts des frei verfügbaren Haushaltseinkommens in der Metropole.

Mit diesem Wert belegt Shenzhen den weltweiten Spitzenplatz - nirgendwo sonst ist eine Immobilie im Verhältnis zum Einkommen auch nur annähernd so teuer. Wie groß die Blase nicht nur in Shenzhen, sondern in ganz China ist, zeigt, dass Schanghai laut Numbeo mit einem Wert von 33,4 im weltweiten Ranking auf Platz fünf liegt, vor Peking mit 33,2.

Verantwortlich für die sehr hohen Häuserpreise sind die Notenbank und die Regierung, die mit einer lockeren Geldpolitik und einer starken Erhöhung der Staatsausgaben eine weitere Verlangsamung des Wirtschaftswachstums unbedingt verhindern möchten.

Dennoch: In den ersten drei Quartalen 2016 wuchs die Wirtschaft "nur" um jeweils 6,7 Prozent - das ist der niedrigste Wert seit dem ersten Quartal 2009. Das Wachstum basiert vor allem auf dem starken Schuldenanstieg. Die Banken haben im Oktober für 651,3 Milliarden Renminbi (94,4 Milliarden Dollar) neue Kredite vergeben. Das ist ein Anstieg von 26,8 Prozent.

Um zu zeigen, wie stark der Geldbedarf der chinesischen Privatwirtschaft, also der privaten Haushalte und der Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, tatsächlich ist, hat die Notenbank im Jahr 2011 eine neue Kennzahl namens "Total Social Financing" eingeführt. Zu diesem Aggregat zählen neben den Bankkrediten auch die Ausgabe von Unternehmensanleihen und die Emission von Aktien.

Schulden schießen nach oben

Seit Jahresanfang summert sich dieser Wert auf 14,4 Billion Renminbi (2,08 Billionen Dollar). Wenn dieses Tempo in den letzten zwei Monaten des Jahres anhält, würde sich das Total Social Financing im Gesamtjahr auf rund 2,5 Billionen Dollar belaufen. Das macht mehr als 20 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung aus.

Diese Geldschwemme heizt indirekt auch den Immobilienmarkt an. "Das Tempo des Schuldenanstiegs ist alarmierend. Auf Basis unserer Modelle liegt das Kreditwachstum in einer Spanne zwischen 19 und 20 Prozent", schreiben die Analysten von Barclays. Dabei sitzen die Chinesen, also Staat, private Haushalte und Unternehmen, bereits auf einem hohen Schuldenberg.

"Auf Basis unserer Zahlen lagen die Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung Ende September 2016 in einer Spanne zwischen 260 und 275 Prozent", so die Experten. Verantwortlich für den hohen Schuldenstand sind vor allem die Unternehmen. Laut den Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) liegt die Verschuldung der chinesischen Firmen bei horrenden 155 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zum Vergleich: Die Schulden der US-Unternehmen liegen bei "nur" 80 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Wegen der Blase am chinesischen Immobilienmarkt steckt die Regierung in einem riesigen Dilemma. Wenn sie mit ihren Maßnahmen eine zu starke Abkühlung des Immobilienmarktes auslöst, wird das die Wirtschaft erheblich bremsen. Ein niedrigeres Wachstum aber sorgt für Druck auf den Arbeitsmarkt und erhöht das Volumen an faulen Krediten bei Banken. Daher werden Regierung und Notenbank weiterhin alles unternehmen, um die Wirtschaft anzukurbeln. In diesem Umfeld wird die Blase am Häusermarkt auch weiter wachsen.

Quelle: ntv.de

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