Wirtschaft

Neuer Großkunde aus dem Iran Teheran beglückt Airbus

Beidseitige Freude nach dem 23-Milliarden-Euro-Geschäft: Irans Präsident Hassan Ruhani (l.) bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande.

Beidseitige Freude nach dem 23-Milliarden-Euro-Geschäft: Irans Präsident Hassan Ruhani (l.) bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande.

(Foto: AP)

Das Ende der Sanktionen verschafft dem Iran Luft für internationale Geschäfte. Ganz oben auf der Wunschliste: Neue Flugzeuge für eine marode Flotte. In Paris unterschreibt Präsident Ruhani eine multimilliardenschwere Einkaufsliste.

Das spektakuläre Geschäft liegt so gut wie in trockenen Tüchern: Die Islamische Republik Iran kauft in Europa im ganz großen Stil neue Verkehrsflugzeuge ein. Die Regierung in Teheran bestellt beim Luftfahrtkonzern Airbus 118 Maschinen. Der Kaufpreis liegt bei insgesamt rund 25 Milliarden Dollar (knapp 23 Milliarden Euro).

Airbus
Airbus 39,60

Eine entsprechende Vereinbarung wurde im Rahmen des Besuchs des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani in Paris unterzeichnet und anschließend im Rahmen einer kleinen Zeremonie im Elysée-Palast bekanntgegeben. Für welche Modelle sich die iranischen Chefeinkäufer entschieden haben, blieb zunächst offen. Im Vorfeld war die Rede von mindestens 16 Langstreckenfliegern vom Typ A350 sowie weitere Maschinen vom Typ A320, A330, A340 sowie auch einige Riesenjets vom Typ A380.

Bei dem in Paris unterzeichneten Schriftstück handelt sich demnach allerdings noch nicht um einen endgültigen Vertrag, da in diesem Bereich noch nicht alle Sanktionen aufgehoben wurden. Das Geschäft hatte sich bereits vor Tagen abgezeichnet. Allerdings war der genaue Umfang bis zuletzt unklar.

Klar und offensichtlich sind dagegen für Branchenkenner die Gründe für die milliardenschwere Einkaufstour der Iraner. Flugreisen waren in dem seit rund einem Jahrzehnt wirtschaftlich isolierten Land bislang mitunter eine Sache starken Gottvertrauens: Das teils hohe Alter mancher Maschinen brachte iranischen Fluggesellschaften den wenig schmeichelhaften Beinamen "Inschallah Air" ein. Frei übersetzt: "So Gott will, kommt die Maschine auch an".

Handschlag nach der Unterzeichnung: Airbus-Chef Fabrice Bregier (r.) freut sich mit dem Chef der iranischen Luftfahrtbehörde (CAO), Ali Abedzadeh.

Handschlag nach der Unterzeichnung: Airbus-Chef Fabrice Bregier (r.) freut sich mit dem Chef der iranischen Luftfahrtbehörde (CAO), Ali Abedzadeh.

(Foto: AP)

Der Galgenhumor iranischer Fluggäste bezieht sich auf einen ernsten Hintergrund: Der Iran muss nach Jahren unter Sanktionsbedingungen einen gewaltigen Rückstand aufholen und dringend Milliarden in die Modernisierung der Infrastruktur investieren. Nicht wenige europäische Unternehmen hoffen dabei auf eine aktive Rolle. Dass dafür besonders auch der europäische Flugzeugbau infrage kam, lag auf der Hand. Und tatsächlich zählten die Jets des in Toulouse residierenden Herstellers Airbus zu den vordringlichen Themen, über die der iranische Präsident Hassan Rouhani bei seinem Besuch in dieser Woche in Paris mit seinen neuen europäischen Partnern reden wollte.

Für das streng religiös geführte Land gibt es klare Prioritäten: Die Modernisierung der Ölindustrie zählt als Haupteinkommen des Landes ebenso dazu wie der zivile Luftverkehr. Die iranischen Fluggesellschaften können für Langstreckenflüge ins Ausland bislang hauptsächlich nur betagte Maschinen des US-Herstellers Boeing einsetzen. Teilweise haben die Flieger allerdings schon mehr als 40 Jahre auf dem Buckel.

Das Problem: Veralteten Maschinen mit etwaigen Lücken in den Wartungsbüchern entziehen die Luftaufsichtsbehörden in Europa und den USA schnell die Einfluggenehmigungen - schlicht, weil die Flugzeuge nach westlichen Standards dann nicht mehr als sicher gelten.

Für Inlandsflüge bieten iranische Airlines russische Tupolews und ukrainische Antonows ein, die teils nur unwesentlich jünger sind als die Maschinen der iranischen Boeing-Flotte. Nach mehreren katastrophalen Unfällen und Abstürzen steigen allerdings viele Iraner nur noch ungern in diese Flugzeuge.

Chancen für Riesenjets?

Bei der Suche nach Ersatz schien der Iran generell auch Interesse an Verhandlungen mit Boeing zu hegen. Der US-Hersteller könnte Aufträge wie zum Beispiel für die Boeing 747 dringend gebrauchen. Der Jumbo-Jet galt einst als "Königin der Lüfte". Mittlerweile ist der riesige, vierstrahlige Langstreckenflieger jedoch nicht mehr besonders gefragt. Boeing fährt die Produktion so weit es geht herunter und baut gerade noch genügend Maschinen, um die Aufrechterhaltung von Logistik und Produktionslinie rechtfertigen zu können.

Die Auswirkungen dieser kostspieligen Strategieanpassung zeigten sich zuletzt auch in der Bilanz: Im vierten Quartal sank der Gewinn bei Boeing im Vorjahresvergleich wegen Belastungen aus der Produktionskürzung um etwa 30 Prozent auf 1,03 Milliarden Dollar. Geld aus dem Iran wäre bei Boeing sicher hochwillkommen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

Denn zu dem in Aussicht gestellten Airbus-Deal kursierten zunächst nur wenige Eckpunkte - ohne sichere Bestätigung. Der Iran wolle den Europäern mindestens 114 neue Maschinen abnehmen, hatte es geheißen. Der tatsächliche Orderumfang umfasst vier Flieger mehr - und eine erheblich höhere Kaufsumme als bislang bekannt. Nach Angaben aus Teheran soll das italienische Kreditversicherungsunternehmen SACE die Zahlungen garantieren. Die Raten sind auf die nächsten 15 bis 20 Jahre ausgelegt. Mit dem Deal hätte der Iran nicht nur wieder neue Flugzeuge, sondern könnte auch sein ziviles Netzwerk ausweiten - und somit auch von der zentralen Lage in der Golfregion zwischen Europa und Asien profitieren.

Neue Konkurrenz auf der Langstrecke

Schon jetzt laufen angeblich Verhandlungen über Direktflüge bis in die USA. Dort leben Millionen von Iranern, die bisher entweder in Europa oder Dubai umsteigen müssen, um zurück in die alte Heimat zu kommen. Eine große iranische Gemeinschaft gibt es auch in Kanada. Direktflüge in die USA und nach Kanada wären ein großer Erfolg für die Regierung unter Präsident - falls sich die politischen Hindernisse dafür lösen lassen.

Auf solchen Langstrecken könnte Airbus mit seinem Vorzeigemodell, der großen A380, punkten. Das Flaggschiff des europäischen Flugzeugbaus bleibt seit Jahren hinter den hoch gesteckten Absatzerwartungen zurück. Teheran könnte das Interesse an dem doppelstöckigen Riesenjet neu beleben: Neben dem Mittelstreckenflieger A320 soll der Iran auch an acht Exemplaren des Riesenairbus interessiert sein.

Airbus-Verkaufschef John Leahy hatte noch vor wenigen Tagen von Verhandlungen und neuen Kunden gesprochen. Offiziell gab sich der Flugzeugbauer in Toulouse zunächst aber noch sehr zurückhaltend: Medienberichte über etwaige Flugzeug-Deals wurden nicht bestätigt. "Die Sanktionen sind gerade erst aufgehoben worden", teilte Airbus mit. Damit sei es möglich "Geschäftsverhandlungen zu beginnen". Für Gespräche mit dem Iran zeigte sich Airbus aber frühzeitig bereit: Das Land, hieß es, habe "eindeutig Bedarf an neuen Flugzeugen."

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa

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