Wirtschaft

Oetker-Spross übernimmt Stada-Aufsichtsratschef gestürzt

Martin Abend muss seinen Posten räumen.

Martin Abend muss seinen Posten räumen.

(Foto: dpa)

Martin Abends Zeit als Stada-Aufsichtsratschef ist zu Ende. Die Aktionäre des Arzneimittel-Herstellers wählen an seiner Stelle den Bankier Carl-Ferdinand Oetker. Auf der Hauptversammlung hagelt es Kritik an Abend.

Die Aktionäre des hessischen Arzneimittel-Herstellers haben Aufsichtsratschef Martin Abend gestürzt. 56 Prozent der Anteilseigner votierten in Frankfurt für die Abwahl des Dresdner Rechtsanwalts, die der im Frühjahr bei Stada eingestiegene streitbare Investor Active Ownership Capital (AOC) angestrengt hatte. AOC feierte auf dem 13-stündigen Aktionärstreffen aber nur einen Teilerfolg: Von seinen Kandidaten zieht nur der ehemalige Novartis -Manager Eric Cornut in den Aufsichtsrat ein, ansonsten setzten sich die von Stada nominierten Aufsichtsratskandidaten durch. Abends Nachfolge übernahm der Bankier Carl-Ferdinand Oetker aus der Bielefelder Unternehmerfamilie Oetker, den die Aktionäre mehrheitlich im Amt bestätigten.

Abend hatte seit 2003 im Aufsichtsrat von Stada gesessen und war seit sieben Jahren Vorsitzender des Gremiums. Er hatte dafür geworben, nicht wie von AOC gefordert den gesamten Aufsichtsrat auszutauschen, um Kontinuität zu wahren. Er wollte erst 2018 weichen.

Doch auf der Hauptversammlung hagelte es Kritik. "Abend und Oetker sind Teil des alten Systems. Sie können nicht Teil eines Neuanfangs sein", sagte AOC-Gründer Florian Schuhbauer. Sie hätten Vetternwirtschaft und Gehaltsexzesse im Vorstand um den langjährigen Stada-Chef Hartmut Retzlaff zugelassen, der vor kurzem zum Rücktritt gedrängt worden war und sich darüber mit seinem ehemaligen Vertrauen überworfen hatte.

Es war das erste Mal, dass sich rebellische Investoren bei einem großen börsennotierten Unternehmen in Deutschland in einer Kampfabstimmung durchsetzten. AOC hält zwar nur gut fünf Prozent an dem für "Grippostad" und "Ladival" bekannten Unternehmen aus Bad Vilbel bei Frankfurt, doch haben sich andere institutionelle Investoren und einflussreiche US-Aktionärsberater zumindest zum Teil hinter die Forderungen von AOC gestellt. "Jeder Aktionär, der will, dass es hier so weitergeht, ist entweder masochistisch oder hat zu viel Geld", sagte der Vertreter einer privaten Vermögensverwaltung.

Andere waren skeptischer: Die Forderungen von AOC seien zwar berechtigt, die dahinter stehenden Interessen aber unklar, kritisierte Peter Barth von der Aktionärsvereinigung DSW. "AOC ist ein selbst ernannter Weißer Ritter mit geschlossenem Visier." Schuhbauer wies den Verdacht zurück, er habe es auf eine Zerschlagung des Konzerns abgesehen. Der Investor wolle den Wert von Stada steigern, indem die Firma besser geführt werde.

Fünfstündiger Abstimmungsmarathon

AOC hatte alle sechs Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat von Stada austauschen wollen. Stada selbst nominierte vier Gremiums-Mitglieder mit Management- und Branchenerfahrung, die sich in einem chaotischen, fast fünf Stunden dauernden Abstimmungsmarathon durchsetzten. Darunter sind die Opel-Marketingchefin Tina Müller und der Amgen-Manager Rolf Hoffmann, hinter die sich auch AOC gestellt hatte. Sie lösen einen Arzt und drei Apotheker ab, die zum Teil seit mehr als zwei Jahrzehnten im Aufsichtsrat saßen.

Der Älteste von ihnen ist 80 Jahre alt. AOC hatte Stada gedrängt, die Verjüngung des Gremiums um zwei Jahre vorzuziehen. Zwei der von Stada nominierten Kandidaten brauchten einen zweiten Wahlgang, weil sie zunächst keine Mehrheit erhalten hatten. AOC hält ihre Wahl aber für rechtlich fragwürdig. Damit könnte die Hauptversammlung ein juristisches Nachspiel haben. AOC drohte mit rechtlichen Schritten.

Der aktivistische Investor um die Investmentbanker Klaus Röhrig und Schuhbauer setzte letzlich nur einen seiner vier Alternativ-Kandidaten durch. Die Aktionäre ließen aber auch das neue System für die Gehälter und Boni der Stada-Vorstände mit fast drei Viertel der Stimmen durchfallen. Mehrere Anteilseigner hatten erneute Nachbesserungen an dem System gefordert.

Bindend ist das Votum der Hauptversammlung hier allerdings nicht. Auch die vinkulierten Namensaktien gehören der Vergangenheit an. Die seltene Aktiengattung, bei der der Vorstand Kauf und Verkauf der Papiere unterbinden kann und die als nicht mehr zeitgemäß gilt, wurde mit 99 Prozent in normale Namensaktien umgewandelt. Stada hatte dieser Forderung von AOC rasch nachgegeben.

"Die Aktionäre von Stada haben sich eindeutig für eine Erneuerung der Aufsichtsratsspitze und damit der Corporate Governance der Gesellschaft ausgesprochen", äußerte sich AOC insoweit zufrieden. Abend äußerte sich nicht zu seiner Abwahl.

Quelle: ntv.de, wne/rts

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