Wirtschaft

"Die Marke muss immer strahlen" Spohr will die alte Lufthansa neu erfinden

Carsten Spohr will die Deutsche Lufthansa auf Erfolg trimmen. Wie kann der ausgebildete Airbus-Pilot das schaffen? Billigangebote sind nicht alles, Begeisterung ist auch wichtig.

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Carsten Spohr ist ein eingefleischter Lufthanseat. Der 47-Jährige war zuletzt für die Kernbereiche Lufthansa Passagierflug und Lufthansa Frachtflug verantwortlich. Er kennt das Unternehmen in- und auswendig. Außerdem ist er Manager und Pilot - eine seltene Kombination. Als Vorstandsvorsitzender hat Spohr sich auf die Fahne geschrieben, die größte deutsche Fluggesellschaft wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Er könnte der richtige Mann sein. Sein Problem könnte aber auch sein, dass er vieles neu machen will, ohne mit dem Alten zu brechen. Denn als Vorstand hat er die vergangenen sieben Jahre maßgeblich mit zu verantworten.

Ein starkes Zeichen hat Spohr immerhin schon gesetzt. Zehn Tage hat er nur gebraucht, um die Gewinnziele für 2014 zu kassieren. Den Aktienkurs hat das auf einen Schlag 15 Prozent gekostet. Trotzdem war es ein geschickter Schachzug, denn damit hat Spohr die schlechten Nachrichten gleich zum Auftakt verkauft. Gleichzeitig setzte er sich damit aber auch unter enormen Druck, denn jetzt muss er Ansagen machen, wie er mehr Geld verdienen will, als sein Vorgänger. Heute will er sein selbst auferlegtes Schweigen brechen und seine Strategie verraten, wie die Lufthansa für die Kunden günstiger und gleichzeitig attraktiver werden kann.

In einem immer enger werdenden Markt kämpft die ehemalige Staatslinie mittlerweile mit erheblichen Kostennachteilen. Im vergangenen Jahr lag der Gewinn trotz 30 Milliarden Euro Umsatz nur knapp über der Mini-Marge von einem Prozent. Die Lufthansa wird wie alle konventionellen Fluggesellschaften aus der alten Ära von zwei Seiten attackiert: Auf der Kurzstrecke von den Billigfliegern (Easyjet und Ryanair) und auf der Langstrecke  von staatlich gestützten Golf-Airlines (Emirates, Etihad). 

Die Fluggäste sind heute deutlich wählerischer und wechselfreudiger als früher. Heute entscheidet der Kunde von Flug zu Flug, mit welcher Airline er fliegen will. "Die alte Standard-Weisheit: Ein Deutscher fliegt mit der Deutschen Lufthansa, die gilt bei den Privatreisenden nicht mehr. Und sie gilt bei den Geschäftsreisenden nicht mehr. Und dort steckt das Geld und Gewinn", sagt der Luftverkehrsexperte Cord Schellenberg. Auf solche Entwicklungen zu reagieren, hat die Lufthansa schlichtweg verschlafen.

"Ein Hauch von Exklusivität"

Auch auf der Langstrecke lag die größte deutsche Fluggesellschaft viele Jahre im Dornröschenschlaf. In der Zeit sind die Golf-Airlines stark gewachsen. Sie haben nicht nur attraktives Fluggerät - Emirates setzt zum Beispiel stark auf das Prestige-Flugzeug A380. Sie haben auch die besseren politischen Rahmenbedingungen. Lohnsteuer oder Luftverkehrssteuer gibt es in diesen Staaten nicht - das ist ein großer Kostenvorteil. Dort ebenso wie in der Türkei mit Turkish Airlines, steht Luftfahrt auf der Liste der Dinge, die ein Staat haben will. "In Deutschland steht die Luftfahrt dagegen auf der Liste, die ich schröpfen kann", so Schellenberg.

Wie kann Spohr da mithalten? Der Luftfahrtexperte sieht vor allem zwei Aufgaben, die sich dem neuen Lufthansa-Chef stellen: "Spohr muss die Marke Lufthansa für die Langstrecke so reizvoll machen, dass die Passagiere wieder bewusst Lufthansa wählen. Und er muss schauen, dass das preislich besser in den Wettbewerb passt." Dass Spohr mit einem Plan für eine Billig-Airline auf Langstrecke aufwartet, wie viele spekulieren, glaubt Schellenberg allerdings nicht. "Billig geht auf der Langstrecke nicht." Wenn Spohr dafür ein Rezept hätte, wäre das unglaublich. Außerdem müsse sich Lufthansa als Marke einen "Hauch von Exklusivität" bewahren. "Aber erweitert um günstige Flüge", so Spohr.

Wachstumschancen bei "leisure destinations"

Für wahrscheinlich hält es der Experte dagegen, dass Lufthansa in Zukunft Maschinen einsetzen wird, die bereits abgeschrieben sind. Am Gebraucht-Flugzeugmarkt werde Lufthansa so gut wie nicht mehr los. Bevor man sie als Ersatzteilspender nutze und ausschlachte, könnte man sie auf Strecken einsetzen, auf denen wohlhabende Urlauber unterwegs sind. Zum Beispiel Mauritius. Lufthansa fliegt da bislang nicht hin. Emirates hat dagegen gerade bekanntgegeben, dass sie ihre Flüge nach Mauritius zwei Mal am Tag auf die A 380 umstellen. Im Bereich "leisure destination" sei auf jeden Fall noch Wachstum möglich, so Schellenberg

Carsten Spohr ist seit Mai Vorstandsvorsitzender der Deutsche Lufthansa AG.

Carsten Spohr ist seit Mai Vorstandsvorsitzender der Deutsche Lufthansa AG.

(Foto: picture alliance / dpa)

Jahre zu spät kommt die Lufthansa seiner Auffassung nach dagegen mit ihrer Diversifikation bei den Ticket-Angeboten, wie sie unter Spohrs Vorgänger Christoph Franz beschlossen wurde. Im zweiten Halbjahr führt die Fluggesellschaft eine aufgewertete Economy Class ein. Der Konzern müsse solche Innovationen radikaler angehen und nicht erst zehn Jahre nach den Wettbewerbern, urteilt Schellenberg.

Die Strategie der Billig-Tochter Germanwings sieht Schellenberg noch nicht als großen Wurf - "die fliegen nach Lufthansa-Tarifen mit Lufthansa-Piloten, da kann man nur eingeschränkt von billig reden". Lufthansa müsste noch eine Stufe darunter ansetzen: maximale Auslastung des Flugzeugs, viele Passagiere durch engen Sitzabstand. Die Erfahrung lehrt: Auf der Kurzstrecke sind die Fluggäste deutlich weniger wählerisch. Platz ist nicht so wichtig wie auf der Langstrecke. Hier könnte man noch günstiger werden, sagt Schellenberg. Man könnte Meilengutschriften streichen, billigere Flughäfen anfliegen und ausloten, ob Kunden auch andere Tageszeiten akzeptieren, dann könnte die Flotte besser ausgelastet werden.

"Spohr muss Begeisterung auslösen"

Einen Vorteil hat der neue Lufthansa-Chef. Er kann sich von Easyjet und Ryanair einiges abschauen, weil sie schon gut funktionieren. Von Nachteil ist, dass sich die Wettbewerber den Markt schon aufgeteilt haben. Für wichtig hält Schellenberg, wie Spohr sich bei seiner Antrittsrede präsentiert. Er dürfe sich einerseits nicht mit den Piloten und Kabinenmitgliedern entzweien. Andererseits müsse er den potentiellen Kunden Einladungen aussprechen, die Marke neu zu entdecken.

"Er muss Begeisterung auslösen. Das ist nicht die alte Tante Lufthansa, das ist die frische Lufthansa." Technisch sei Lufthansa bereits eine führende Fluggesellschaft der Welt. Das Ziel sei, dass die Fluggesellschaft bei Passageflug, Marke, Komfort oder Sparsamkeit ebenfalls "hell erstrahle". Traditionelle Airlines würden sich immer schwer mit dem "neu erfinden" tun. Aber: "Die regulierte, gute alte Welt der Fluggesellschaften - Air France, Lufthansa, BA, Cathay Pacific -, die gibt es nicht mehr und die kommt auch nicht zurück."

Quelle: ntv.de

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