Wirtschaft

Nach Germanwings-Absturz Spohr fordert Spontan-Checks bei Piloten

Helfer an der Absturzstelle der A320 in den Alpen.

Helfer an der Absturzstelle der A320 in den Alpen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Fast genau zwei Monate ist es her, dass der Airbus A320 der Lufthansa-Tochter Germanwings an einem Bergmassiv in den französischen Alpen zerschellte. Lufthansa-Chef Spohr versucht immer noch Lehren aus der Tragödie zu ziehen.

Carsten Spohr hat als Konsequenz aus dem Germanwings-Unglück vor knapp zwei Monaten unangemeldete Medizin-Checks für Piloten angeregt. Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lufthansa, solche Tests seien ein mögliches Mittel, um Unsicherheiten über den psychischen Gesundheitszustand von Piloten zu verringern.

Carsten Spohr Ende April. Bei der Hauptversammlung stand die Trauer um die Opfer im Mittelpunkt.

Carsten Spohr Ende April. Bei der Hauptversammlung stand die Trauer um die Opfer im Mittelpunkt.

(Foto: picture alliance / dpa)

In anderen Bereichen sind unangekündigte Untersuchungen durchaus üblich. Auch Doping-Tests bei Sportlern sind Spontan-Checks. Wie ein Konzernsprecher sagte, werden Experten des Branchenverbands BDL den Vorschlag solcher Gesundheitskontrollen prüfen. Spohr will außerdem prüfen lassen, in welchen Fällen Flugärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden werden könnten. Es war sein erstes Zeitungsinterview nach dem Absturz der Maschine der Konzerntochter Germanwings.

Keine "eindeutigen Konsequenzen" ableitbar

Bei dem Absturz des Jets vom Typ A320 waren am 24. März 150 Menschen ums Leben gekommen. Das Flugzeug, das auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf war, zerschellte in den französischen Alpen. Nach Ansicht der Ermittler steuerte ein psychisch kranker Copilot die Maschine absichtlich gegen einen Berg, während der Pilot nicht im Cockpit war. Alle Menschen an Bord starben.

"Im Gegensatz zu anderen Vorfällen in der internationalen Luftfahrt lassen sich nach dem Germanwings-Unglück bisher noch keine weiteren eindeutigen Konsequenzen für die Sicherheit an Bord ableiten", sagte Spohr der Zeitung. Die Lufthansa arbeite aber daran, das Risiko des Fliegens weiter zu minimieren.

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Unmittelbar nach dem Absturz hatte Lufthansa das Vier-Augen-Prinzip im Cockpit eingeführt. Auch die Technik der Sicherheitstüren an Bord der Maschinen soll geändert werden, um die Gefahr von Einzelaktionen zu minimieren. Was die laufende Kontrolle der Flugtauglichkeit der Piloten angeht, seien auch Reformen notwendig, sagte Spohr im Interview. Rein formal gab es zwar keine Fehler seitens des Unternehmens, da der Copilot eine gültige Fluglizenz sowie die nötige Flugtauglichkeitsbescheinigung hatte. Aber der Pilot hätte seinen Arbeitgeber von Rechts wegen über seine labile Lage informieren müssen. Spohr versucht, diese Lücken im Sicherheitsnetz zu schließen.

Experten suchen weiter nach Gründen

Die Staatsanwaltschaft versuche derweil mithilfe einer sogenannten psychologische Autopsie weitere Erkenntnisse über die Motive des Piloten zu erhalten, sagte Spohr weiter. Experten gehen davon aus, dass er unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung litt, die von Depressionen begleitet werden kann, aber nicht muss.

Spohr ging auch auf die weitere Strategie im Konzern ein. Wie der gelernte Lufthansa-Pilot sagte, wird trotz der Tragödie am Ausbau der Billigsparte festgehalten. "Ein Rückzug aus diesem Segment steht nicht zur Debatte", sagte er. Er stellte sich damit klar hinter den umstrittensten Teil seines angekündigten Konzernumbaus. Im Mittelpunkt steht dabei die vor allem für Regionalflüge bekannte Tochter Eurowings. Germanwings soll in Eurowings aufgehen. Die neue Airline soll 40 Prozent günstiger fliegen als die Lufthansa. Germanwings hat viele Deutschland- und Europastrecken von der Lufthansa übernommen. Aber ihre Betriebskosten liegen immer noch über denen der Günstigrivalen Ryanair oder Easyjet.

Der Germanwings-Absturz traf Europas größte Fluggesellschaft in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit. Das räumte auch Spohr ein. Der Absturz hätte zu einem "absoluten Ausnahmezustand in der sechzigjährigen Unternehmensgeschichte geführt". Aber er hätte in der Belegschaft auch zu starkem inneren Zusammenhalt und mentaler Stärke geführt. Insgesamt hätten die Marken Lufthansa und Germanwings "diesen Tiefschlag zum Glück gut verkraftet".

Quelle: ntv.de, ddi

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