Wirtschaft

Totgesagte leben länger Solarworld schafft erstaunliches Comeback

Zwei sehr schwierige Jahre hinter sich: Frank Asbeck.

Zwei sehr schwierige Jahre hinter sich: Frank Asbeck.

(Foto: picture alliance / dpa)

Solarworld stand vor zwei Jahren vor dem Zusammenbruch. Nun scheint sich das Unternehmen wieder berappelt zu haben. Vorstandschef Asbeck vermeldet eine kräftige Absatzsteigerung. Die finanzielle Restrukturierung sei gelungen.

Europas größter Solarkonzern Solarworld kommt deutlich schneller aus der Krise als bislang erwartet. Das Unternehmen habe zwischen Januar und März Solarmodule und Photovoltaik-Bausätze mit einer Gesamtkapazität von mehr als 200 Megawatt verkauft, sagte Vorstandschef Frank Asbeck. Im Vergleich zum Vorjahresquartal verbesserte Solarworld den Absatz demnach um mehr als 40 Prozent und damit weit stärker als noch Ende März vorausgesagt.

Asbeck plant angesichts der steigenden Nachfrage gut ein Jahr nach der Rettung des Unternehmens wieder Investitionen an mehreren Produktionsstandorten. Selbst die Kapazität der im vergangenen Jahr von Bosch übernommenen Fabrik im thüringischen Arnstadt will der Solarworld-Chef verdoppeln. Bosch hatte die Fertigung dort vor der Übergabe komplett heruntergefahren.

Die Entwicklung bedeutet ein erstaunliches Comeback: Solarworld war im Jahr 2013 in Finanznot geraten, weil die Nachfrage nach Solarmodulen angesichts schlechterer Förderbedingungen in Europa sank und praktisch zeitgleich chinesische Konkurrenten Solarmodule zu Niedrigpreisen anboten. Solarworld setzte anschließend einen Schuldenschnitt durch, in dessen Folge die Altaktionäre rund 95 Prozent ihres Eigentumsanteils abgeben mussten. Fast 30 Prozent der Solarworld-Anteile übernahm das katarische Unternehmen Qatar Solar. Unternehmenschef Asbeck blieb aber Großaktionär.

Druck aus China lässt nach

Mittlerweile gibt sich Asbeck gelassen. Solarworld sei nach der finanziellen Restrukturierung auf einem guten Weg, sagte er. "Bei uns leuchtet im Moment nichts rot und auch nichts gelb." In diesem Jahr will der Solarworld-Chef erstmals seit dem Jahr 2010 ohne die Hilfe von Sondereffekten wieder ein positives operatives Ergebnis erwirtschaften, wie er im Interview bekräftigte. Im vergangenen Jahr hatte Asbecks Solarkonzern nur einen Überschuss erzielt, weil Bosch rund 130 Millionen Euro Mitgift zahlte, als Solarworld Teile des Bosch-Solargeschäfts übernahm.

Der Druck durch chinesische Wettbewerber hat mittlerweile nachgelassen - vor allem weil sich Solarworld gemeinsam mit anderen Solarunternehmen erfolgreich um Anti-Dumping-Regelungen in der EU und in den USA bemühte. China subventioniere die heimische Solarindustrie durch zu niedrige Energiepreise, Exportsubventionen und Staatskredite, sagte Asbeck. Das verzerre den Wettbewerb. "So geht es nicht." Und weiter: "Ich möchte nicht, dass die Sonne den Chinesen gehört."

Solarworld produziert in Deutschland und den USA. Einen Standortnachteil sieht Asbeck dadurch nicht. Vergleiche man die wahren Herstellungskosten bestehe zwischen der Situation in China und dem Westen praktisch kein Unterschied. Wer ein Hightech-Produkt herstellen wolle, brauche zudem "ein gewisses Produktionsumfeld, das Forschungsumfeld, die Universitäten", sagte Asbeck. Solarworld profitiere derzeit außerdem von günstigen Wechselkursbedingungen. "Der Euro-Dollar-Kurs wird uns wohl noch weitere Vorteile bringen", kündigte er an.

Hoffnungsvoller Blick in Richtung USA

Trotz Anti-Dumping-Schritten rechnet Asbeck mit weiter fallenden Preisen für Solarmodule. "Ich bin der festen Auffassung, dass man mit guter Systemtechnik noch mal ein Drittel runterkommen kann", sagte er.

Asbeck erwartet zugleich aber einen weiter steigenden Absatz - vor allem auf dem amerikanischen Markt. "Ich kann mir vorstellen, dass wir dort in allen Bereichen noch mal wachsen", sagte er. Solarworld will 2015 die Hälfte seines Absatzes in den USA erzielen, nach 41 Prozent im vergangenen Jahr. Unternehmenskäufe plane Solarworld in dem Land gleichwohl nicht, sagte Asbeck. Derzeit seien die Preise für Übernahmekandidaten in den USA unangemessen hoch.

Als schwierig erweist sich hingegen das Geschäft auf dem Heimatmarkt. Angesichts sinkender Fördersätze geht der Zubau von Photovolataikanlagen in Deutschland weiter zurück: 2014 wurden laut dem Branchenverband BSW Solar Photovolatik-Anlagen mit einer Kapazität von 1,9 Gigawatt neu installiert - das war ein Rückgang von mehr als 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Ich glaube, dass dieses Jahr mit einem Zubau von 1,5 Gigawatt das Tal der Tränen erreicht ist und wir im nächsten Jahr entweder einen Gleichlauf oder ein leichtes Anziehen des deutschen Marktes sehen", sagte Asbeck nun. Mittelfristig erwartet der Solarworld-Chef nach eigenen Worten einen Zubau in Deutschland von 3 bis 4 Gigawatt pro Jahr. "Ich hoffe, dass sich der Markt bis zum Jahr 2020 erholt hat", sagte er.

Darüber hinaus hofft Asbeck auf gute Geschäfte am Persischen Golf. Ein Joint-Venture von Solarworld und dem Großaktionär Qatar Solar werde dort im nächsten Jahr ein Solarmodulwerk mit einer Jahreskapazität von 250 Megawatt errichten, kündigte Asbeck an. Das Gemeinschaftsunternehmen hat zudem mittlerweile mit der Produktion von Sizilium in Katar begonnen. "Wir sind jetzt in der Materialerprobung", sagte Asbeck.

"Unternehmerischen Dreikampf" geführt

Die Unternehmensentwicklung dürfte einige Kritiker überraschen: Viele Beobachter hatten Solarworld noch vor wenigen Monaten nur geringe Überlebenschancen bescheinigt. Asbeck sieht den Konzern nun gestärkt: Ein Unternehmen, das 15 Jahre lang überlebt habe, habe "den Ritterschlag, auch weiter zu überleben", sagte er. "Wir haben ja im Jahr 2014 nicht nur eine Restrukturierung hinter uns gebracht."

Solarworld habe stattdessen einen "unternehmerischen Dreikampf" absolviert: "eine Restrukturierung, parallel eine neue Finanzierungs- und Investorenrunde und die Übernahme von Bosch Solar".
Investoren teilen den Optimismus des Solarworld-Chefs bislang allerdings nicht. Die Aktie des Unternehmens kostet an der Börse derzeit nur rund 15 Euro. Solarworlds Börsenwert ist damit niedriger als das Eigenkapital des Unternehmens. Auf der Liste der größten Kapitalvernichter, die die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz jährlich veröffentlicht, steht Solarworld zum zweiten Mal in Folge ganz oben.

Asbeck, der 20,8 Prozent der Solarworld-Anteile hält, ließ trotzdem keine Unzufriedenheit erkennen. Noch mache sein Engagement für Solarworld "wirklich Freude", sagte er. Asbeck fügte allerdings hinzu: "Keiner ist unersetzlich." Asbecks Vertrag als Vorstandschef von Solarworld läuft bis zum Jahr 2019. Über seine Pläne für die Zeit danach äußerte er sich nicht.

Quelle: ntv.de, Jenny Busche und Hendrik Varnholt, DJ

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