Wirtschaft

Banken-Beben nach Brexit-Votum So "knackt" Soros die Deutsche Bank

Investorenlegende George Soros: Der Mann, der die "Bank of England knackte".

Investorenlegende George Soros: Der Mann, der die "Bank of England knackte".

(Foto: REUTERS)

Der größten deutschen Bank sitzt einer der gerissensten Investoren der Welt im Nacken. Vom britischen Pfund lässt George Soros diesmal offenbar die Finger. Aber mit seiner Wette auf fallende Bankenkurse liegt er goldrichtig.

Deutsche Bank
Deutsche Bank 14,48

George Soros hat wieder zugeschlagen: Der Mann, der die Bank of England mit waghalsigen Wetten auf einen Verfall des Britischen Pfunds bezwang, soll zwar diesmal von der britischen Währung die Finger gelassen haben. Mit seiner Wette auf einen Kurssturz bei Bankentiteln lag er dafür aber goldrichtig.

Einen Tag nach dem britischen Votum für einen EU-Austritt setzte sein Hedgefonds Soros Fund Management am Freitag rund 100 Millionen Euro auf einen Kursverfall der Aktie der Deutschen Bank. Die sogenannte Leerverkaufsposition wurde am Montag im Bundesanzeiger veröffentlicht. Sein Fonds verkaufte demzufolge eine Position von 0,51 Prozent an der Deutschen Bank, umgerechnet rund sieben Millionen Aktien, die er sich vorher billiger geliehen hatte.

Leerverkäufe

Mit Leerverkäufen können Börsianer auch bei fallenden Kursen Geld verdienen. Dafür verkaufen sie Aktien, die sie sich zuvor billiger geliehen haben. Fällt der Kurs der Aktie, sammeln sie die geliehenen Papiere für weniger Geld am Markt ein und geben diese zurück. Die Preisdifferenz fließt als Gewinn in ihre Taschen.

Es war die richtige Wette. Denn am selben Tag rutschte der Kurs der Deutschen Bank von 15,52 Euro auf 12,53 Euro. Die Aktie landete auf dem tiefsten Stand seit Bestehen des Dax. Je nachdem, wann Soros seine Wette an dem Tag platziert hat, könnte er damit einen Gewinn von 10 Millionen Euro einstreichen. Zu Geld gemacht hat der milliardenschwere Investor seine Short-Position bisher allerdings nur zu einem kleinen Teil. Am Montag hielt er laut Bundesanzeiger immer noch eine Leerverkaufposition von 0,46 Prozent. Bekannt wurde Soros' Deal nur durch die Veröffentlichungspflicht für diese Investments. Leerverkäufe deutscher Aktien, deren Volumen 0,5 Prozent des ausgegebenen Kapitals überschreiten, müssen seit September 1992 im Bundesanzeiger veröffentlicht werden.

Brexit-Schock bei Bonds

Barclays
Barclays 2,20

In der Bankenbranche sitzt der Schock über den Ausgang des Referendums immer noch tief. Die meisten Institute halten Staatsanleihen in ihren Portfolios. Die beiden großen Ratingagenturen Standard&Poor's und Fitch haben die Daumen über Großbritannien gesenkt. Büßen Staaten an Kreditwürdigkeit ein, leiden auch die Banken.

Insbesondere für die größte deutsche Bank kommt das Brexit-Votum zur Unzeit. Mit über 40 Prozent Kurseinbußen war die Deutsche Bank sowieso schon der schlechteste Dax-Wert in diesem Jahr. Der britische Bankenchef John Cryan hat viele offene Fronten. Unter anderem will er die Postbank verkaufen, jetzt sorgt das Brexit-Umfeld für erschwerte Bedingungen. Analysten prognostizieren, dass sich die schwache Kursentwicklung angesichts des schwierigen Geschäftsumfelds fortsetzen wird.

Soros' Wette war alles andere als ein Schnellschuss. Der Starinvestor hatte im Vorfeld keinen Hehl aus seiner Meinung gemacht. Vergangenen Dienstag noch hatte er vor einem Austritt der Briten aus der EU und einem "Schwarzen Freitag" an den Börsen gewarnt. Am Tag des Votums selbst sprach er noch von dem Risiko einer großen Bankenkrise.

Soros: Keine Wetten gegen das Pfund

Britisches Pfund / Euro
Britisches Pfund / Euro 1,17

Nur mit dem Kursverfall des Pfunds nach dem Referendum will der 85-Jährige nichts zu tun haben. Anders als 1992. Damals hatte er bei seiner legendären Wette auf ein fallendes Pfund eine Milliarde Euro eingestrichen. Auch vor 14 Jahren ging es um Leerverkäufe, bei denen er Devisen verkaufte, die ihm gar nicht gehörten. Das Pfund geriet so unter Druck, dass der damalige Premier John Major und die britische Notenbank die Währung aus dem Europäischen Währungssystem (EWS) nehmen und frei "floaten" lassen musste. Soros Spürnase für millionenschwere Geschäfte ist seit diesem Geschäft, als er die "Bank of England knackte", legendär.

Soros sah sich deshalb nach dem Brexit-Votum auch gezwungen, eine Stellungnahme abzugeben. Auch wenn Beobachter wittern, dass es hier Verbindungen zu Spekulationen des Starinvestors gegeben haben könnte, weist ein Sprecher dies zurück. Es habe keine Wetten gegen das Pfund gegeben, dafür aber "andere Investments" - womit er wahrscheinlich auch die Wette gegen die Deutsche Bank meinte.

Interessanterweise prognostizierte Soros nur wenige Tage vor dem Referendum Einbußen des Pfunds zum Dollar in Höhe von 15 Prozent falls es zum Brexit kommen würde. Daran scheint er dann aber doch nicht geglaubt zu haben. Denn laut Sprecher wettete er nicht auf ein fallendes, sondern auf ein steigendes Pfund.

Mit seinem Börsen- und Banken-Beben nach dem Brexit-Votum lag er dafür aber genau richtig. Erst am Montag musste die Londoner Börse die Titel von Barclays und der Royal Bank of Scotland vom Handel aussetzen, nachdem die Titel mehr als acht Prozent in die Tiefe gerauscht waren.

Wetten auch in Italien?

Beobachter mutmaßen, dass es Soros auch noch auf andere Banken abgesehen haben könnte. Der Bankenabsturz in Italien zeigt eine ähnliche Handschrift. Auch die Aktien der Unicredit stürzten Anfang der Woche auf den tiefsten Stand ihrer Geschichte.

Soros ist allerdings nicht der einzige Investor, der ein Banken-Beben auf dem Schirm hatte und insbesondere die größte deutsche Bank ins Visier genommen hat. Laut Bundesanzeiger ging der Londoner Hedgefonds Marshall Wace eine ähnliche Handelsposition gegen die Deutsche Bank ein wie Soros. Auch die Firma von Paul Marshall und Ian Wace ist keine Unbekannte. Vor zwei Jahren sorgte sie für Aufsehen, als sie rund 27 Millionen Euro durch Spekulationen auf den Untergang der portugiesischen Banco Espirito Santo gewann.

"Es scheint, als wette derzeit die ganze Welt gegen die Deutsche Bank", kommentierte ein Börsenhändler in Frankfurt. Die Bankenaufsicht versuchte zu beschwichtigen. Die deutschen Banken stünden unter enger Beobachtung der Aufseher, vor allem was ihre Liquidität und die Refinanzierung betreffe. "Wir mussten noch nicht reagieren, jedenfalls nicht mit harten Aufsichtsmaßnahmen", betonte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Felix Hufeld. "Die Deutsche Bank ist sicher", fügte er hinzu. Daran habe sich durch den Brexit nichts geändert.

Quelle: ntv.de

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