Wirtschaft

Kaum Erlös, aber 10 Milliarden wert Snapchat findet Kapitalgeber

eine App, die mit einer Milliardensumme bewertet wird.

eine App, die mit einer Milliardensumme bewertet wird.

(Foto: picture alliance / dpa)

2013 lehnt der Fotodienst Snapchat ein Kaufangebot von Facebook ab. Es ist drei Milliarden Dollar schwer. Mittlerweile müsste der Konzern deutlich tiefer in die Tasche greifen. Snapchat ist das egal, das Geld kommt aus anderen Quellen.

Die Marktkapitalisierung von Facebook liegt bei rund 180 Milliarden Dollar, die von Twitter beträgt fast 30 Milliarden Dollar. Wirklich für Aufsehen sorgt aber die Bewertung des Fotodienstes Snapchat, bei der Bilder automatisch verschwinden. Der Grund: Insidern zufolge hat das Unternehmen einen neuen Risikokapitalgeber gefunden, dessen Finanzspritze den Snapchat-Marktwert auf 10 Milliarden US-Dollar steigert. Damit würde Snapchat zu einem der wertvollsten, nicht börsennotierten Technologie-Start-up der Welt - obwohl es bislang praktisch keinen Umsatz macht.

Snapchat versucht gerade, frisches Kapital anzuwerben, und hat in den vergangenen paar Monaten bereits mit mehreren potenziellen Investoren gesprochen. Nach Auskunft einer gut informierten Personen hat sich die Investorengruppe Kleiner Perkins Caufield & Byers - eine bekannte Größe im Silicon Valley - im Mai verpflichtet, bis zu 20 Millionen Dollar in Snapchat zu investieren. Das würde einem Anteil von deutlich unter 1 Prozent an Snapchat entsprechen.

Mindestens ein strategischer Investor habe sich ebenfalls zu einer Investition bereiterklärt, sagen zwei Sachkenner. Die Suche nach Geldgebern läuft noch.

Eine Sprecherin von Kleiner Perkins war nicht unmittelbar für eine Stellungnahme zu erreichen. Eine Snapchat-Sprecherin sagte: "Die Bewertung unseres Geschäfts und unsere Kapitalerfordernisse sind die unspannendsten Aspekte für die Snapchat-Nutzergemeinde."

Evan Spiegel, der 24-jährige Chef und Mitbegründer von Snapchat, hat nach Angaben einer gut informieren Person einige Investoren damit gelockt, dass er ihnen mehr über die Umsatzpläne des Start-ups erzählt hat.

Spiegel ist aber unter Investoren als Geheimniskrämer bekannt. Er verrate nur ausgewählten Unterstützern etwas über die Kennzahlen seines Geschäftsmodells, wenn sich diese persönlich in die Snapchat-Zentrale am Venice Beach von Los Angeles begeben, sagt der Insider. Außerdem halte Spiegel die Liste mit den Namen sämtlicher Anteilseigner an Snapchat heftig unter Verschluss.

Wette auf die Zukunft

Snapchats Marktwert lag im vergangenen Jahr noch bei rund 2 Milliarden Dollar, ist aber jüngst in die Höhe geschnellt, obwohl das Start-up kein klares Geschäftsmodell besitzt. Investoren sehen Potenzial, mit den Millionen von Teenagern und Uni-Studenten unter den Nutzern der Smartphone-App Geld zu verdienen. Sie zählen zu einer Zielgruppe, an die Anzeigenkunden herankommen wollen und die über traditionelle Medien wie Fernsehen oder Zeitschriften immer schwerer zu erreichen sind.

Frisches Kapital könnte Snapchat auf seinem geplanten Vorstoß in den Werbemarkt stärken. Ende des Jahres dürfte Snapchat erstmals Werbung verkaufen. Das Unternehmen habe in den vergangenen Wochen bereits mit Medienkonzernen und Anzeigenkunden über seinen neuen Dienst namens "Snapchat Discovery" gesprochen, sagte eine mit der Sache vertraute Person dem "Wall Street Journal" Anfang August. Über den neuen Dienst sollen Nutzer tägliche Publikationen, Videoclips und Anzeigen lesen können, die sich anschließend selbst löschen. Für diese Löschfunktion ist Snapchat bekannt: Auch Fotos und Kurznachrichten auf Snapchat zerstören sich selbst.

Mehr als 100 Millionen Menschen im Monat nutzten Snapchat inzwischen, sagt eine Person, die sich mit den Geschäftszahlen des Unternehmens auskennt. Etwa zwei Drittel dieser Nutzer schalteten sich täglich in den Dienst ein.

Zum Vergleich: Whatsapp, der Kurznachrichtendienst, den Facebook Anfang des Jahres für 19 Milliarden Dollar kaufte, meldete diese Woche eine aktive monatliche Nutzerzahl von 600 Millionen. Und Twitter zählt 271 Millionen monatliche Nutzer.

Alibaba schlägt Investment aus

Snapchat hat insgesamt 160 Millionen Dollar Kapital zusammengekratzt von Geldgebern wie Benchmark, Institutional Venture Partners, Lightspeed Venture Partners, Coatue Management und dem chinesischen Online-Händler Tencent Holdings. Vergangenes Jahr schlug Snapchat eine Übernahmeofferte von Facebook im Wert von rund 3 Milliarden Dollar aus.

Die chinesische Alibaba Group hat laut Insidern indes jüngst ebenfalls eine Investition in Snapchat erwogen, am Ende aber angesichts der Snapchat-Bewertung von 10 Milliarden Dollar darauf verzichtet.

Der Risikokapitalgeber Kleiner Perkins wurde 1972 gegründet und zählt zu den bekanntesten Investoren der amerikanischen Tech-Branche. Die Gruppe hat schon große Namen wie Google und Amazon.com finanziell unterstützt. Auch an der jüngsten Finanzierungsrunde der Taxi-App Uber Technologies beteiligte sich Kleiner Perkins mit 100 Millionen Dollar.

In den vergangenen Jahren aber wurde die Gruppe dafür kritisiert, dass sie nicht frühzeitig auf die Welle sozialer Medien und Kurznachrichten-Apps aufgesprungen sei und vielmehr zu viel Geld in grüne Technologieprojekte investiert habe, die letztlich fehlschlugen.

Kleiner Perkins hat zwar Anteile an Facebook und Twitter erworben, aber erst, als beide Unternehmen bereits einen Marktwert in Milliardenhöhe hatten. Die Investition in ein heiß gehandeltes Start-up wie Snapchat könnte sich jedoch für Kleiner Perkins auszahlen, weil es der Investorengruppe in der stark umkämpften Branche der Risikokapitalgeber neue Relevanz gibt.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/dpa

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