Wirtschaft

Behutsamer als viele Wettbewerber Siemens will Marge dem Stellenabbau opfern

Unverkäuflich in Deutschland - Ladenhüter in Europa: Gasturbinen bekommt Siemens nicht an die Kunden.

Unverkäuflich in Deutschland - Ladenhüter in Europa: Gasturbinen bekommt Siemens nicht an die Kunden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Vor wenigen Wochen hat der Technolgiekonzern Siemens die Zahl der Stellenstreichungen nochmals erhöht. Vor allem die Energiewende kostet Jobs. Chef Kaeser kündigt ein behutsames Vorgehen an. Investoren vertrauen dem Konzern.

Siemens will beim Umbau der schwächelnden Division Power and Gas "behutsamer und sozial verträglicher als die meisten Wettbewerber" vorgehen. Dies sagte der Chef des Dax-Konzerns Joe Kaeser der Mitarbeiter-Zeitung "Siemens Welt". Wettbewerber "würden vermutlich einige der Standorte schließen und deren Aktivitäten auf die verbleibenden Standorte verteilen - und so klare Verhältnisse schaffen", mutmaßt der Kaeser.

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Derweil setze Siemens auf "eine Art Solidargemeinschaft aller Beteiligten", indem der Konzern "Strukturmaßnahme auf alle Standorte verteilt". Kaeser nimmt bewusst in Kauf, "auf ein paar Prozente der Marge zu verzichten, die man sonst erzielen könnte".

"Keine Gasturbine ein Europa verkauft"

Zugleich verteidigte er die Stellenstreichungen. Diese seien an Standorten wie Berlin, Erfurt oder Mülheim bittersten aller erforderlichen Maßnahmen, sagte er der Mitarbeiterzeitung. Ein Drittel der jüngst angekündigten Streichung von weltweit weiteren 4500 Stellen entfallen auf den Bereich Power and Gas. In Deutschland stehen 2200 Stellen auf dem Prüfstand, davon zwei Drittel in der betroffenen Division.

Grund für diese Ungleichheit sei nicht zuletzt die Energiewende, hatte Kaeser bei Vorlage des Halbjahresberichts Anfang des Monats gesagt. Sie gefährde bei Siemens eine fünfstellige Zahl von Arbeitsplätzen in Deutschland. "In Deutschland haben wir keine einzige Gasturbine verkauft und in Europa nur ein paar", sagte er jüngst. Arbeitsplätze entstehen derweil in Ländern, in denen sich der Industriekonzern entsprechende Aufträge sichern kann.

Die IG Metall hatte Widerstand gegen die Pläne angekündigt und ruft zu einem Aktionstag am 9. Juni auf. "Ich habe davon gehört und auch, dass sich der Standort Mülheim hier besonders hervortut, wo ein einzelner Gewerkschaftsfunktionär uns sogar als weltfremd bezeichnet", sagte Kaeser. Er frage sich angesichts der Lage in Nordrhein-Westfalen, wo Energiekonzerne wie Eon existenzbedrohliche Krisen durchmachten, in welcher Welt solche Kollegen lebten.

Rekordsumme am Markt eingesammelt

Derweil hat sich der Technologie-Riese kurz vor der geplanten endgültigen Übernahme der US-Energietechnikfirma Dresser-Rand die Rekordsumme von 7,75 Milliarden Dollar am Kapitalmarkt besorgt. Bei seiner bislang größten Bond-Emission platzierte der Konzern mehrere Anleihen in den USA mit Laufzeiten von drei, fünf, sieben, zehn und 30 Jahren. Die Nachfrage der Investoren habe das ursprünglich geplante Emissionsvolumen von sieben Milliarden US-Dollar um das Zweieinhalbfache überstiegen, teilte Siemens mit.

Die Verzinsung lag laut Konzernangaben bei der Preisfestsetzung 0,5 bis 1,4 Prozentpunkte über der Rendite vergleichbarer US-Staatsanleihen. Die Investorenbasis habe sich vor allem in den USA, wo das Unternehmen rund 18 Prozent seiner Umsätze erzielt, deutlich verbreitert.

Mit dem Geld will Siemens vor allem die rund 7,6 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Dresser-Rand finanzieren. Der Zukauf wäre der größte in der Geschichte des Münchner Unternehmens. Siemens will den Deal zügig über die Bühne bringen, um noch vom Schiefergasboom in den Vereinigten Staaten zu profitieren. Der Abschluss wird für Sommer erwartet. Die EU-Kommission wird den Kauf Insidern zufolge ohne Auflagen durchwinken.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ

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