Wirtschaft

Verkauf an Konkurrenz Siemens kapituliert bei Krankenhaus-IT

Siemens-Chef Kaeser sorgt sich um den Medizin-Sektor - Computertomographen etwa könnten an Bedeutung verlieren.

Siemens-Chef Kaeser sorgt sich um den Medizin-Sektor - Computertomographen etwa könnten an Bedeutung verlieren.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es wollte einfach nicht sein: Die Umsätze von Siemens mit IT für Kliniken sind zwar gut. Nur bei den Gewinnen hapert es. Jetzt trennt sich der Technologiekonzern von dem Bereich - für weniger als den Einkaufspreis. Egal, das Geld kann Siemens derzeit gut gebrauchen.

Siemens treibt mit einem milliardenschweren Verkauf den Umbau seiner Medizintechnik-Sparte voran. Für 1,3 Milliarden Dollar geht das Geschäft mit Krankenhaus-Informationssystemen an den US-Spezialisten Cerner. Siemens-Sektorchef Hermann Requardt räumte ein, gegen den US-Konkurrenten chancenlos gewesen zu sein.

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Sein Haus musste feststellen, "dass der Geschäftserfolg unserer Krankenhausinformationssysteme nicht immer mit dem der Wettbewerber Schritt halten konnte", erklärte Requardt. Die zu verkaufende Sparte setzte zuletzt knapp eine Milliarde Euro um, tat sich aber mit nennenswerten Gewinnen schwer.

Weltweit arbeiten rund 6000 Menschen in dem Bereich, die meisten in den USA, etwa 600 in Deutschland. Das Geschäft solle im ersten Quartal 2015 abgeschlossen werden. Cerner-Manager John Peterzalek sicherte den Erhalt der Arbeitsplätze zu. "Es gibt keine Pläne für eine Reduktion. Einer der Gründe für den Kauf war, uns die Talente zu sichern", sagte der Amerikaner.

Er rechne mit Synergien vor allem beim Zugang zu den Kunden. Außerhalb der USA sei Siemens in Märkten stark, wo sein Haus kaum vertreten ist. Die Aufteilung ergänze sich gut. Peterzalek erwartet, dass sich die Akquisition für Cerner bereits in kurzer Zeit auszahle. "Wir rechnen mit profitablem Wachstum."

Fokussierung auf Labortechnik

Künftig werde sich Siemens in der Medizintechnik auf den Ausbau von Systemen konzentrieren, die das Labor-, Bildgebungs- und Therapiegeschäft stützten, erklärte Sektorchef Requardt. 

Erst jüngst verkauften der Münchener Technologieriese sein Mikrobiologie-Segment an die Danaher -Tochter Beckman Coulter. Die traditionsreiche Siemens-Medizintechnik verabschiedet sich immer mehr von der Vorstellung ihres langjährigen Spartenmanagers Erich Reinhardt, an der kompletten Wertschöpfungskette des klinischen Betriebs zu verdienen.

Der Ausflug in die Klinik-IT erwies sich für Siemens als schlechtes Geschäft. Im Jahr 2000 waren die Münchner mit dem Kauf der US-Firma Shared Medical Services (SMS) in den Bereich eingestiegen. Für SMS bezahlte seinerzeit Vorstandschef Heinrich von Pierer 2,1 Milliarden Dollar. Damals nahmen die Amerikaner mit 7600 Mitarbeitern jährlich 1,2 Milliarden Dollar ein.

Siemens-Chef Joe Kaeser hatte im Frühjahr einen großangelegten Konzernumbau angekündigt und dabei der Medizintechnik eine ungewisse Zukunft vorhergesagt. Der seit einem Jahr amtierende Siemens-Chef setzt verstärkt auf Energie- und Industrietechnik und will die Medizinsparte stärker verselbständigen.

Trend geht weg von großen Diagnoseapparaten

Auch den Verkauf eines Minderheitsanteils des vor 128 Jahren in Erlangen von den Medizintechnikpionieren Erwin Reiniger, Max Gebbert und Karl Schall gegründeten Traditionssegments über die Börse brachte Kaeser mittelfristig ins Gespräch. Der Manager fürchtet, dass sich die Branche von der traditionellen Gerätemedizin entferne, wo Siemens mit seinen Computertomographen und ähnlichen Diagnoseapparaten stark ist.

Der Trend gehe zur Molekulardiagnostik und anderen Biowissenschaften. Sollte die Sparte dafür eines Tages im Abwehrkampf gegen aufstrebende Rivalen wie die koreanische Samsung teure Zukäufe brauchen, soll sich nach Kaesers Willen der Kapitalmarkt an den Kosten beteiligen.

Unterdessen arbeitet Siemens weiter daran, seine Hörgerätesparte (SAT) an den Kapitalmarkt zu bringen. Demnächst würden die Investmentbanken ausgewählt, die SAT auf das Börsenparkett führen sollen. Nach dem gescheiterten Verkaufsversuch vor vier Jahren ist weiter offen, ob Siemens SAT-Aktien an Investoren verkaufen kann oder sie - wie im Fall der Leuchtmitteltochter Osram - an die eigenen Aktionäre verschenkt.

Abschied auch von Hausgeräte-Kooperation?

Parallel verhandelt Siemens über einen Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen Bosch Siemens Hausgeräte (BSH). Mit einer milliardenschweren Einigung mit Bosch wird allerdings nicht mehr bis zum Ende des laufenden Siemens-Geschäftsjahres am 30. September gerechnet.

Kaeser kann die Verkaufserlöse gut für den laufenden Konzernumbau gebrauchen, mit dem er Siemens zu höheren Renditen führen will. Vergangene Woche hatte er angekündigt, die Kosten aus der Restrukturierung, mit der auch ein Stellenabbau einhergeht, durch Sondererlöse aus Verkäufen im kommenden Geschäftsjahr zu decken.

Quelle: ntv.de, kst/rts

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