Wirtschaft

Kritische Aktionäre machen Druck Showdown bei Stada

Der kritische Investor Active Ownership (AOC) nimmt den Stada-Vorstand in die Zange.

Der kritische Investor Active Ownership (AOC) nimmt den Stada-Vorstand in die Zange.

(Foto: picture alliance / dpa)

Aktionären des hessischen Pharmakonzerns Stada steht eine nervenaufreibende Hauptversammlung bevor. Der Investor Active Ownership fordert einen radikalen Kurswechsel und die Neubesetzung des Aufsichtsrats.

So viel Aufregung wie beim hessischen Arzneimittelhersteller Stada hat es selten vor einer Hauptversammlung in Deutschland gegeben. Meistens ist die spannendste Frage, ob der Vorstand mit mehr oder weniger als 90 Prozent entlastet wird. Letzteres gilt schon als Schlappe, das Votum an sich ist kaum mehr als eine Formalie.

Auf dem Stada-Aktionärstreffen am Freitag (26. August) in Frankfurt aber steht nun ein Krimi bevor, der die sechs Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat komplett wegfegen und am Firmensitz in Bad Vilbel eine neue Zeitrechnung einläuten könnte. Der Vorsitzende des Gremiums, der Dresdner Rechtsanwalt Martin Abend, kämpft verbissen um seinen Sitz im Aufsichtsrat. Er hat ihn seit 13 Jahren inne.

Angezettelt hat den Aufstand der aktivistische Investor Active Ownership (AOC). Dahinter stehen mit Florian Schuhbauer und dem Österreicher Klaus Röhrig zwei frühere Investmentbanker. Sie wollten nicht glauben, dass die vinkulierten Namensaktien Stada und Vorstandschef Hartmut Retzlaff unantastbar machten. Auf der überkommenen Vinkulierung - bei der der Vorstand einem Kauf von Aktien zustimmen muss - habe sich die Firma zu lange ausgeruht.

"Die Neubesetzung der Kapitalseite des Aufsichtsrats ist ein wichtiger Schritt, um das Potenzial von Stada zu realisieren", formulieren die Investoren ihre Absicht. "Hier ist ein Unternehmen wachgeküsst worden - wenn auch auf die harte Tour", sagt Rechtsanwalt Peter Barth, der den größten deutschen Aktionärsverein DSW auf der Hauptversammlung vertritt.

Doch was will AOC wirklich? Bloß ein wenig mehr Zug in den Laden bringen, damit der Aktienkurs steigt, wie es sich auch der neue Vorstandschef Matthias Wiedenfels auf die Fahne geschrieben hat? Oder Stada in eine Fusion mit einem Rivalen drängen? "Ich weiß nicht, welche Ziele AOC verfolgt und wer wirklich dahinter steckt", ist Barth skeptisch.

Seit sich AOC im Frühjahr als Stada-Aktionär offenbart und seine Forderungen vorgetragen hat, ist viel passiert. Retzlaff wurde nach 23 Jahren und einer krankheitsbedingten Auszeit vor einer Woche endgültig gestürzt und hat sich darüber mit seinem Aufsichtsratschef überworfen. "Er ist im Herzen immer noch mit der Firma verheiratet, die er selbst groß gemacht hat", sagt ein Vertrauter. Retzlaff bezweifle, dass es Stada auf Dauer ohne ihn schaffen werde.

Wenigstens zwei Jahre noch

Bei den vinkulierten Aktien hat Stada schon eingelenkt. Aus ihnen sollen normale Namenspapiere werden. Das Vergütungssystem, das als Selbstbedienungsladen für den Vorstand verschrien ist, soll geändert werden - auch wenn die Pläne vielen Aktionären nicht weit genug gehen. Gemessen an den Ergebnissen von Stada sei der Vorstand zu gut bezahlt, findet der einflussreiche US-Aktionärsberater ISS.

Einig sind sich alle darüber, dass im Aufsichtsrat vier der sechs Anteilseigner-Vertreter - ein Arzt und drei Apotheker, alle im Rentenalter - gegen qualifizierte Manager ausgetauscht werden sollen. Doch Abend und sein Stellvertreter Carl Ferdinand Oetker, ein Bankier aus der Unternehmerfamilie aus Bielefeld, wollen bleiben, wenigstens bis 2018. Die DSW will ihnen das zugestehen, um die richtigen Weichen zu stellen, wie Barth sagt. "Dann sollen sie aber auch raus."

Die Chancen dazu stehen nicht gut, nachdem AOC beantragt hat, Abend und Oetker auf der Hauptversammlung abzuwählen. "Wir sind auf einem guten Weg", erklärte AOC am Wochenende. "Zum ersten Mal seit Jahrzehnten haben die Stada-Aktionäre eine echte Wahl, was die Besetzung des Aufsichtsrats angeht." Auch der Aktionärsberater ISS, dem viele Fonds aus den USA folgen, hat sich gegen Abend ausgesprochen und will nur Oetker um der Kontinuität willen im Amt lassen. AOC stützt zwei der vier Stada-Kandidaten - und hat vier weitere Neulinge nominiert, darunter den ehemaligen Novartis-Manager Eric Cornut, der den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen könnte.

Abend hofft auf treue Pharmazeuten

Aufsichtsratschef Abend hofft darauf, dass diesmal statt der üblichen 30 bis 35 Prozent mehr als die Hälfte der Anteilseigner kommen werden, auch die treuen Kleinaktionäre, Ärzte und Apotheker. "In der aktuellen Auseinandersetzung ist das Interesse ungewöhnlich groß", sagte Abend in einem Interview.

Doch selbst das könnte nicht reichen: Rund 22 Prozent der Aktionäre, so kalkuliert Stada insgeheim, stünden hinter den AOC-Forderungen. Darunter sind renommierte Fondsgesellschaften wie die DWS, Allianz Global Investors und Lupus Alpha, aber auch rebellische Aktionäre wie der Vietnam-Veteran Guy Wyser-Pratte, nach dessen Geschmack AOC noch viel zu sanft ist. Sie tun alles, um nicht als ein Block zu erscheinen. Denn das würde Abend die Chance geben, ihnen das Stimmrecht auf der Hauptversammlung zu entziehen, weil sie gemeinsame Sache machten ("Acting in concert"), ohne das offenzulegen. "Was bisher dazu bekannt ist, reicht aber bei weitem nicht, um diesen Vorwurf zu rechtfertigen", sagt ein renommierter Aktienrechtler.

Quelle: ntv.de, ddi/rts

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