Wirtschaft

Wirtschaftswachstum mit Verzögerung Schäuble warnt vor überzogenen Erwartungen

Klare Aussage von Finanzminister Wolfgang Schäuble: Europa wird künftig kein starker Konjunkturmotor für die Weltwirtschaft sein. Es wäre völlig unrealistisch, von Europa die großen Wachstumsraten zu erwarten, sagt Schäuble in Washington nach der Frühjahrstagung des IWF. Europa wird aber Stabilität und nachhaltiges Wachstum liefern, so der Finanzminister.

Finanzminister Schäuble ist sich sicher: "Wir sind dabei, Stabilität zu liefern"

Finanzminister Schäuble ist sich sicher: "Wir sind dabei, Stabilität zu liefern"

(Foto: dpa)

Bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor überzogenen Wachstumserwartungen an Europa gewarnt. Die Europäische Union werde "nicht der große Wachstumstreiber" für die Weltwirtschaft sein, sagte Schäuble nach dem Ende des Treffens am Samstag in Washington. IWF-Chefin Christine Lagarde sieht dagegen gerade Europa in der Pflicht.

"Europa wird nachhaltig dauerhafte Wachstumsraten eher in der Größenordnung von 1 bis 1,5 Prozent liefern können als wesentlich höher", sagte Schäuble. Dafür gebe es strukturelle Gründe wie die alternde Gesellschaft. Der Prognose des IWF zufolge verharrt die Eurozone in diesem Jahr in der Rezession.

Schäuble zeigte sich aber zuversichtlich, dass in Europa "mit einiger Verzögerung" wieder Wirtschaftswachstum einsetzen werde. Der Finanzminister verwies außerdem auf Erfolge im Kampf gegen die Schuldenkrise in der Eurozone. "Wir haben ein Stück weit Vertrauen zurückgewonnen. Wir sind dabei, Stabilität zu liefern", sagte er.

Unterstützendes Wachstum und notwendigen Reformen

Bei der Frühjahrstagung ging es unter anderem um die Frage, wie eine alle Länder umfassende Erholung der Weltwirtschaft nach den Turbulenzen der Finanz- und Wirtschaftskrise erreicht werden kann. Lagarde zeigte sich zuletzt besorgt über eine "Erholung der drei Geschwindigkeiten": Während die Konjunktur in den Schwellenländern wieder brumme und die US-Wirtschaft sich stabilisiere, herrsche in Japan und Europa weiter Krisenstimmung.

Die Weltwirtschaft habe vergangenes Jahr zwar "das Schlimmste" abgewendet, spüre aber noch immer "Gegenwind", sagte Lagarde am Samstag und richtete vor allem an Europa mahnende Worte. "Die Eurozone hat den klarsten Bedarf, unterstützendes Wachstum mit notwendigen Reformen in Einklang zu bringen", sagte sie. Die Sparpolitik führe in Ländern wie Griechenland, Italien und Portugal zunehmend zu sozialen Spannungen.

Am Rande der Frühjahrstagung waren auch die Finanzminister der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) zusammengekommen. Die Gruppe rief nach ihrem Treffen am Freitag ebenfalls zu zusätzlichen Anstrengungen für eine Erholung der Weltwirtschaft auf. Zwar habe sich die Konjunktur und die Lage auf den Finanzmärkten verbessert, erklärten die G-20-Finanzminister. "In vielen Ländern ist das globale Wachstum allerdings weiterhin zu schwach und die Arbeitslosigkeit zu hoch."

In dem Kommuniqué wurden Länder mit großem Handelsbilanzüberschuss wie Deutschland aufgefordert, die Binnennachfrage zu stärken. An die Eurozone ging der Appell, das Fundament der Wirtschafts- und Währungsunion zu stärken und "dringend" Schritte hin zu einer Bankenunion zu unternehmen. Den USA und Japan wurde nahegelegt, einen Plan zur "mittelfristigen" Sanierung der Staatsfinanzen auszuarbeiten und umzusetzen.

Die G-20-Finanzminister kündigten auch an, sich für eine Lockerung des Bankgeheimnisses einzusetzen. Der automatische Austausch von Bankdaten zwischen Steuerbehörden verschiedener Länder soll demnach zum "Standard" werden. Im Kampf gegen Steueroasen müsse "mehr getan" werden, hieß es in der Erklärung. Gemeinsam mit Großbritannien und Frankreich hatte Deutschland im Kreis der G-20 eine entsprechende Initiative gestartet. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) soll bis zum Sommer einen Plan für die Eindämmung von Steueroasen ausarbeiten.

Quelle: ntv.de, AFP, dpa

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