Wirtschaft

Russland sei Dank Rüstungsfirmen hoffen auf Trendwende

(Foto: U.S. Air Force)

Rüstungsaktien gehören zu den schwarzen Schafen an der Börse. Sie haben moralisch einen schweren Stand und viele Anleger investieren gar nicht erst in dieses Segment. Ein Fehler?

Eigentlich kann sich eine Outperformance von 20 Prozent in knapp zwei Jahren gegenüber dem S&P-500 sehen lassen. Allerdings nicht, wenn es sich um Rüstungsaktien handelt. Der Nasdaq Arca Defense Index, der die US-Firmen aus dem Sektor enthält, schaffte seit Mitte 2012 ein Kursplus von rund 60 Prozent, während der S&P-500 nur einen Gewinn von etwa 40 Prozent erzielen konnte.

Dennoch meiden viele Anleger diesen Sektor des Aktienmarktes, auch wenn sich die Aussichten nach einem heftigen Kursrücksetzer wieder bessern. Reine börsennotierte Rüstungsaktien sind vor allem in den USA zu finden, die im Nasdaq Arca Defense Index zusammengefasst sind.

Zuversicht nach Kursrutsch

Dem jüngsten Kursrückgang beim S&P-500 konnten sich auch die Aktien der Rüstungsfirmen nicht entziehen: Der Nasdaq Arca Defense Index ist seit dem Allzeithoch von Anfang März um acht Prozent abgetaucht. Verantwortlich dafür könnten allerdings hauptsächlich Gewinnmitnahmen sein. Denn die Geschäftsperspektiven der Unternehmen hellen sich angesichts der Verschärfung der Russland-Krise auf. Weil die USA und Russland sich auf die größte Machtprobe seit dem Kalten Krieg zubewegen, fordern etliche Experten die Regierung von Präsident Barack Obama auf, die Militärausgaben aufzustocken.

"Jedermann aus dem Pentagon und der Rüstungsindustrie nimmt die Ukraine-Krise als Begründung, weshalb das Verteidigungsministerium mehr Geld für Militärtechnik aufwänden sollte", sagt Loren Thompson, Vorstand und Rüstungsexperte bei der Beratungsfirma Lexington Institute.

F-35A Lightning II: Neue Flieger braucht die US Air Force.

F-35A Lightning II: Neue Flieger braucht die US Air Force.

(Foto: REUTERS)

Laut Thompson könnte die Krise die Nachfrage nach Raketenabwehrsystemen, die Firmen wie Raytheon oder Lockheed Martin bauen, ebenso steigern wie nach gepanzerten Fahrzeugen. Diese werden von General Dynamics und dem britischen Konzern BAE Systems hergestellt. Ganz oben auf der Agenda des US-Verteidigungsministeriums steht der Austausch alter Flugzeuge gegen neue Kampfflugzeuge vom Typ F-35 von Lockheed Martin sowie zusätzliche Käufe von Überwachsungsdrohnen von Northrop Grumman.

Rüstungsausgaben bleiben auf hohem Niveau

2013 hatten die USA nicht zuletzt wegen der hohen Staatsverschuldung die Militärausgaben reduziert. Laut dem Jahresbericht des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) haben die USA ihre Rüstungsausgaben um sechs Prozent auf 640 Milliarden Dollar gesenkt. Als Gründe führten die Experten das Ende des Irak-Einsatzes, den beginnenden Afghanistan-Rückzug und den Sparkurs des Pentagon an. Dennoch hätten die USA 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militärausgaben verwendet. Weltweit seien es lediglich 2,4 Prozent.

Obwohl die Amerikaner kräftig auf die Bremse getreten haben, lagen die weltweiten Militärausgaben stabil bei 1,75 Billionen Dollar. Das lag daran, dass laut den Schätzungen von Sipri unter anderem Länder wie China und Saudi-Arabien ihre Rüstungsausgaben stark erhöht haben. So hätten die Chinesen die Ausgaben um 13 Prozent auf geschätzt 188 Milliarden Dollar aufgestockt und damit den zweiten Platz belegt vor Russland mit geschätzten 87,8 Milliarden Dollar. Der Viertplatzierte Saudi-Arabien hat fast 20 Prozent mehr aufgewendet.

Sorgen nehmen zu

Der steigende Wehretat Pekings erweckt zusehends Misstrauen, zumal Experten befürchten, dass sich die Spannungen mit Japan und anderen Ländern der Region wegen der territorialen Ansprüche Chinas weiter verschärfen könnten. Wegen der Russland-Krise stand der Streit zwischen China und Japan bislang nicht so sehr im Fokus vieler Experten. Das könnte sich aber schnell ändern.

Ein Ex-General der chinesischen Armee hatte zuletzt gewarnt, "ein Krieg mit Japan wegen Gebietsstreitigkeiten wird zunehmend wahrscheinlich". Etliche Experten befürchten, dass in dem Fall auch die USA in den Konflikt hineingezogen werden könnten. Das US-Militär hatte Anfang April dem Kongress eine Wunschliste über zusätzliche Ausgaben von 36 Milliarden Dollar zukommen lassen, die noch in das Budget für das Haushaltsjahr 2014/15 aufgenommen werden sollen.

Während der laufenden Berichtssaison wird die Frage interessant sein, wie die Russland-Krise und der Streit zwischen China und Japan das Geschäft der jeweiligen Rüstungsfirma beeinflussen könnten. Unter rein analytischen Gesichtspunkten prognostizieren Analysten deutliche Gewinnsteigerungen. Rüstungsaktien bleiben also somit ein zweischneidiges Schwert - und jeder Einzelne muss für sich entscheiden, ob Rüstungsaktien in sein Portfolio passen.

Quelle: ntv.de

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