Wirtschaft

Samwer spielt auf Zeit Rocket stürzt ab und reißt Zalando mit

Statt eines Höhenflugs wie einst zu besten Neue-Markt-Zeiten, entpuppt sich der Börsenneuling Rocket Internet als Rohrkrepierer. Die Erstnotiz wartet mit einem Kursminus auf. Für Rocket-Internet-Gründer Oliver Samwer ist der erste Preis aber kein Maßstab.

Die Aktien von Rocket Internet sind bei ihrem Debüt an der Frankfurter Börse eingebrochen. Die Papiere des Berliner Unternehmens starteten am Donnerstag auf dem Ausgabepreis von 42,50 Euro in den Handel, rutschten aber schon in den ersten Minuten bis auf ein Tief bei 36,66 Euro ab. Zum Handelsschluss des ersten Börsentages stand ein Kurs von 37,00 Euro. Zalando rauschten gar 15 Prozent auf 18,30 Euro runter.

Die Internet-Holding der Berliner Startup-Unternehmer Oliver, Marc und Alexander Samwer hatte die Preisspanne voll ausgereizt. Auch die Papiere des Online-Modehändlers Zalando, die am Mittwoch ihr Börsendebüt gaben, verloren massiv an Wert und notierten zehn Prozent im Minus.

Den misslungenen Börsenstart und Kurseinbruch von Rocket Internet führen Händler nicht auf externe Impulse zurück. "Es gab keine plötzlich auftauchende Analyse, die das bewirkt hat", sagt ein Händler: "Es war ein reiner Verkaufsüberhang". Die Kursbewegung von Zalando am Vortag scheine dafür gesorgt zu haben, dass die Alarmglocken bei Anlegern läuten. "Die Verkaufswelle hat bereits vor dem ersten Kurs angefangen", sagt der Händler.

Schon in der letzten Auktion vor Beginn des kontinuierlichen Handels habe es rund 650.000 Stücke auf der Verkaufsseite gegeben, bei denen es die kurspflegenden Banken noch geschafft hätten, den Kurs auf dem Ausgabeniveau von 42,50 Euro zu halten. "Danach gab es aber noch weitere 800.000 Stücke Überhang", so der Händler weiter: "Da hat man dann wohl aufgegeben, den Kurs noch weiter zu stützen".

Kein "Neuer Markt 2.0"

Die Börsengänge von Zalando und Rocket Internet waren als Meilensteine für die deutsche Online-Wirtschaft gefeiert worden. Die Unternehmen nahmen hunderte Millionen Euro ein. Dass die Aktien bei den Anlegern so schlecht ankommen würden, war nicht erwartet worden.

Dass weder Zalando noch Rocket Internet am ersten Tag dicke Kursgewinne eingestrichen hätten, spreche auch dafür, dass sich die Anleger nicht von einem medialen Hype hätten anstecken lassen, wie im Vorfeld befürchtet, meinten Händler. Zalando selbst hatte sich gestern zufrieden mit dem Börsenstart gezeigt. Für die Altgesellschafter und die Mitarbeiter sei ein künftig steigender Kurs wichtiger als ein hoher Emissionspreis und ein Kurssprung direkt zum Börsendebüt, teilte das Unternehmen mit.

Samwer ist nicht enttäuscht

Obwohl Beobachter davon sprachen, dass die Samwer-Brüder, die Rocket innerhalb weniger Jahre aus dem Boden gestampft haben, auf dem Börsenparkett in eine abgeschottete Glasbox 'geflüchtet' seien, während der Sekt in den Gläsern schal wurde, verneinte Oliver Samwer gegenüber n-tv angesichts der ersten Kurse enttäuscht zu sein: "Man muss Aktien langfristig betrachten und nicht kurzfristig an einem Tag, einer Woche oder einem Monat", sagte Samwer. (Das komplette Interview finden Sie hier)

Die Zalando-Aktie war am Mittwoch ebenfalls glanzlos, aber immer noch etwas besser gestartet. Sie schloss nach einem ersten Kurssprung mit Hilfe der unterstützenden Banken exakt auf dem Ausgabepreis von 21,50 Euro. Zalando hatte mit dem Börsengang rund 600 Millionen Euro eingenommen.

Rocket Internet hat mit dem Ausgabepreis die Preisspanne von 35,50 Euro bis 42,50 Euro komplett ausgeschöpft. Die Firma erlöst bei dem Börsengang rund 1,6 Milliarden Euro und war zum Börsenstart bis zu 6,7 Milliarden Euro wert.

2007 gegründet, finanziert Rocket Internet Start-up-Unternehmen in aller Welt. Schwerpunkt sind Online-Handel, Marktplätze und Finanztechnologie, vornehmlich in Schwellenländern in Lateinamerika, Südostasien, Afrika sowie in Indien. In Europa ist das Unternehmen mit einzelnen Internetfirmen ebenfalls aktiv. Oft wird dabei ein schon erfolgreiches Geschäftsmodell übernommen. Die Erlöse aus dem Börsengang sollen helfen, neue Firmen zu gründen und weiter in bestehende Unternehmen zu investieren.

Zur Kritik, Rocket Internet kopiere nur andere Unternehmen, sagte Samwer n-tv: "Mercedes hat vielleicht das Auto erfunden, aber Toyota ist heute der größte Automobilfabrikant. Die Deutsche Bank war nicht die erste Bank und ist trotzdem heute eine der größten Banken." Das Schwierigste sei, ein Unternehmen aufzubauen. "Wer heute der Erste in der Welt ist, heißt nicht, dass er morgen auch noch der Erste ist."

Die Hauptinvestoren bei Rocket Internet sind die Brüder Oliver, Marc und Alexander Samwer. Nach dem Börsengang halten die noch knapp 40 Prozent, Oliver Samwer ist der Firmenchef. Die Samwers sind auch Großaktionäre bei Zalando mit knapp 15 Prozent. Rocket Internet hatte den Börsengang um eine Woche vorgezogen, nachdem die Platzierung der Aktien bei Investoren vorzeitig abgeschlossen worden war. Nach Ablauf aller Sperrfristen sollen rund 24 Prozent der Aktien von Rocket Internet an der Börse gehandelt werden.

Quelle: ntv.de, sla/rts/dpa

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