Wirtschaft

"Die Warnlampen sind tiefrot" Risikorat schlägt Bankenalarm

Zwei gegen die Systemkrise: EBA-Bankenaufseher Andrea Enria (l) und ESRB-Vizepräsident Mervyn Allister King.

Zwei gegen die Systemkrise: EBA-Bankenaufseher Andrea Enria (l) und ESRB-Vizepräsident Mervyn Allister King.

(Foto: dpa)

Die Risikowächter der EZB warnen vor einer Verschärfung der Finanz- und Schuldenkrise. Um das zu verhindern, sollen Europas Banken zwar durch mehr Kapital widerstandsfähiger werden, nach dem Willen des Risikorats dabei aber ihre Kreditvergabe nicht einschränken.

Der bei der EZB angesiedelte Europäische Systemrisikorat ESRB hat vor einer Verschärfung der Finanz- und Schuldenkrise gewarnt. Die wirtschaftliche Situation habe sich insgesamt verschlechtert, teilte der Rat aus Notenbankern und Finanzaufsehern mit. Es gebe Anzeichen dafür, dass die steigende Nervosität nun auch die Realwirtschaft erreicht habe. "Die Abhängigkeit der Zentralbanken hat sich erhöht, und es gibt Hinweise, dass sich die schwierigen Finanzbedingungen auf die Realwirtschaft auswirken" hieß es. Vorsitzender des ESRB ist der neue Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi.

Um eine Ausweitung der Schuldenkrise zu verhindern, müsse die Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors erhöht werden. Dazu müssten die Banken ihre Bilanzen stärken, ohne jedoch die Kreditvergabe abzubremsen. "Die rigorose Umsetzung der EBA-Vorgaben (...) könnte die Kreditvergabe und die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen stützen", sagte ESBR-Vizechef Mervyn King. King ist auch Gouverneur der britischen Notenbank.

Die EU-Bankenaufsicht EBA befürchtet, dass die Geldhäuser in Europa die Wirtschaft nicht mehr in ausreichendem Maße mit Krediten versorgen. "Die Warnlampen sind tiefrot. Der ESRB ist beunruhigt." Viele Banken versuchen, die höheren Kapitalauflagen der EBA, die sie ab Mitte 2012 einhalten müssen, durch eine Drosselung der Kreditvergabe zu erfüllen. Zudem forderte der Rat, den neuen Euro-Rettungsschirm voll auszustatten und schnell einzusetzen.

Mindestens neun Prozent

Der Chef der europäischen Bankenaufsicht EBA, Andrea Enria, bekräftigte, Geschäftsbanken müssten in jedem Fall die von der EBA gesetzte Mindestmarke von neun Prozent hartem Kernkapital erreichen. Das werde strikt überwacht. King sagte: "Wir wollen einen stabileren Bankensektor."

Notenbanker und Aufseher seien jedoch zuversichtlich, dass die jüngsten Maßnahmen der Notenbanken, allen voran der Europäischen Zentralbank (EZB), die Liquiditätssituation der Institute entspannen werden, erklärte King.

Milliarden gegen Kreditklemme

Mit Zinsen auf Rekordniveau und nie dagewesenen langfristigen Kapitalhilfen in Höhe von fast 500 Mrd. Euro bemüht sich die EZB, die Konjunktur anzukurbeln und den von Staatsschulden- und Vertrauenskrise gebeutelten Banken wieder auf die Beine zu helfen. Die Währungshüter wollen vor allem verhindern, dass Banken den Kredithahn zudrehen und damit die Konjunktur abwürgen.

King mahnte die Politik, die Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels von Anfang Dezember rasch und überzeugend umzusetzen. Das sei entscheidend. Die 17 Euroländer und voraussichtlich 9 weitere EU-Staaten wollen einen zwischenstaatlichen Vertrag anstreben, der eine Schuldenbremse und automatische Sanktionen gegen Schuldenstaaten festschreibt.

Der "Risikorat" (ESRB/European Systemic Risk Board) ist Teil der neuen europäischen Finanzmarktaufsicht. Die EU-Staaten schufen 2010 gleich mehrere neue Aufsichtsbehörden, die seit Anfang dieses Jahres über die Märkte wachen. Gemeinsames Ziel: Schieflagen und Risiken im Finanzsystem rechtzeitig erkennen und möglichst frühzeitig gegensteuern.

Quelle: ntv.de, nne/dpa/rts

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