Wirtschaft

Rüstungsgeschäfte laufen weiter Rheinmetall will Putins Truppen stählen

Ein Soldat der russischen Spezialeinheit OMON, bei einem Drill in der südrussischen Stadt Stavropol.

Ein Soldat der russischen Spezialeinheit OMON, bei einem Drill in der südrussischen Stadt Stavropol.

(Foto: REUTERS)

Das deutsche Rüstungsunternehmen Rheinmetall wird bald das modernste Gefechtsübungszentrum der Welt an Russland übergeben. Angesichts des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine fordern Friedensforscher ein Rüstungsembargo.

Russland demonstriert militärische Stärke, allen Protesten und Strafmaßnahmen des Westens zum Trotz verleibt sich das Land die Krim im Eiltempo ein. Im Westen mehren sich derweil die Zweifel, ob die paar Sanktionen, die gegen Russland beschlossen wurden, wirklich ein Zeichen setzen, und ob nicht härtere Strafen angesagt wären. Noch laufen die Milliardengeschäfte zwischen den EU-Staaten und Russland weiter. Ob hier das letzte Wort gesprochen ist, wird sich zeigen.

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Ein Dorn im Auge der Kritiker sind die Waffen-Deals der Länder. Russlands Präsident Wladimir Putin hat das russische Militärs über Jahre hinweg mit Milliardensummen aufgerüstet - er nutzt jede Gelegenheit, die neu gewonnene Stärke der russischen Streitkräfte vor den Augen der Welt auch zu demonstrieren.

Europäische Rüstungsunternehmen verdienen an der Aufrüstung des Landes nicht zu knapp - auch die deutsche Rüstungsfirma Rheinmetall. Ein Großauftrag steht kurz vor dem Abschluss. Anlass, daran zu rütteln, sieht das Unternehmen nicht. "Rheinmetall kommt seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem russischen Vertragspartner für das Trainingszentrum nach", sagte ein Unternehmenssprecher der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Das modernste Trainingszentrum der Welt

Der Düsseldorfer Konzern will noch in diesem Jahr ein hochmodernes Gefechtsübungszentrum im Mulino in der Wolga-Region an das russische Militär übergeben. Mulino, östlich von Moskau, ist ein wichtiger Standort der russischen Streitkräfte. In der Umgebung der 13.000-Einwohner-Siedlung gibt es schon heute weitläufige Übungsplätze. Das Militär ist der Hauptwirtschaftsfaktor in der Gegend.

Der Auftrag stammt laut Zeitungsbericht bereits aus dem Jahr 2011, das Volumen beträgt 100 Millionen Euro. Pro Jahr können in der Anlage angeblich 30.000 Soldaten ausgebildet werden.

Das Zentrum zur Schulung von Panzereinheiten und Infanterie wird dem Plan nach dieses Jahr in Betrieb gehen. Nach Zeitungsinformationen ist die Anlage dann mit modernen Simulations- und  Auswertungssystemen ausgerüstet. Laut Pressemittelung von Rheinmetall wird Russland dann über das "fortschrittlichste simulationsunterstützte militärische Trainingsgelände der Welt" verfügen. Deutschland steuert dafür die entsprechenden Simulations-, Kommunikations-, Video- und Datenverarbeitungssysteme bei.

Oktober 2012: Demonstranten protestieren gegen deutsche Waffenexporte nach Saudi-Arabien.

Oktober 2012: Demonstranten protestieren gegen deutsche Waffenexporte nach Saudi-Arabien.

(Foto: picture alliance / dpa)

Risiken für eine termingerechte Lieferung sieht das Unternehmen im Moment nicht, und über die Folgen einer etwaigen weiteren Verschlechterung der Beziehungen zu Russland will man in Düsseldorf auch nicht spekulieren.

"Klares Zeichen an Russland senden"

"Dieses Übungszentrum wird niemanden töten können", sagt der Experte für Waffenhandel beim Stockholmer internationalen Friedensforschungsinstitut (SIPRI), Piet Wezeman, aber es helfe dem russischen Militär, seine "Fähigkeiten zu verbessern und zu professionalisieren". Trotzdem rührt sich Widerstand gegen das Rheinmetall-Projekt. Der Vorsitzende der Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen, Tilman Zülch, fordert, dass der "Bau des Heeres-Ausbildungszentrums unverzüglich gestoppt werden" müsse. Der für Rüstungsexportgenehmigungen zuständige Bundessicherheitsrat müsse "ein klares Zeichen an Russland senden".

Insgesamt ist nach Angaben von SIPRI zu beobachten, dass das Interesse westlicher Rüstungskonzerne am russischen Markt in den vergangenen zehn Jahren deutlich angestiegen ist. Die Wahrscheinlichkeit allerdings, dass solche Kooperationen fortgesetzt oder noch ausgebaut werden, hält Wezemann für gering. Früher oder später rechnet er mit einem europäischen Rüstungsembargo gegen Russland, wie er n-tv.de auf Anfrage sagte. Nicht nur Libyen habe gezeigt, dass Staaten auf der Strecke umdenken. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius habe diese Option - unter bestimmten Voraussetzungen - zumindest schon in Erwägung gezogen.

Europa rüstet Russland auf

Hilfe bei der militärischen Aufrüstung bekommt Russland nicht nur aus Deutschland und von Rheinmetall. Auch Frankreich gehört zu den aktuell gefragten Geschäftspartnern. Das Land liefert demnächst ausgerechnet ein Kriegsschiff an Russland.

Zurzeit liegt das zur Mistral-Klasse gehörende Schiff in St. Nazaire an der französischen Atlantikküste. Nach Recherchen des Fernsehsenders ZDF trainieren noch in diesen Tagen russische Matrosen an Bord, bevor das Kriegsschiff in Richtung St. Petersburg in See sticht. Frankreich hatte 2011 den Vertrag zur Lieferung von zwei Mistral-Schiffen an Moskau für über eine Milliarde Dollar unterzeichnet und wehrt sich vor diesem Hintergrund gegen ein Embargo von Waffenlieferungen an Russland.

Fabius erklärte, dass eine Annullierung dieser Verträge nur Teil einer dritten Stufe von Sanktionen sein könne. Andere Länder müssten dann allerdings ähnliche Sanktionen ergreifen. Experten geben immer wieder zu bedenken, dass Sanktionen, die Russland Schaden zufügen, auch den westlichen Handelspartnern weh tun.

Auch andere EU-Staaten liefern Waffen an Russland. Die beiden größten Rüstungslieferanten für Moskau waren zwischen 2009 und 2013 nach SIPRI-Informationen die kleine Tschechische Republik und Italien. Frankreich war die Nummer drei.

Rheinmetall krankt an der Rüstungssparte

Rheinmetall hat derzeit keine weiteren Aufträge aus Russland oder der Ukraine. Von sich aus wird das Unternehmen aber die Arbeiten in Mulino nicht einstellen wollen. Die jüngste Bilanz zeigt, dass der Mischkonzern auf den Auftrag schwerlich verzichten kann. 2013 verbuchte Rheinmetall mit 4,6 Milliarden Euro einen geringfügig niedrigeren Umsatz als im Vorjahr. Nach Steuern verdiente der Konzern, der auch stark im Automobilzulieferer-Bereich aktiv ist, damit 22 Millionen Euro nach 173 Millionen Euro 2012. Der Auftragseingang kletterte auf 5,8 Milliarden von 5,3 Milliarden Euro, der Auftragsbestand legte auf 6,4 Milliarden von 5,4 Milliarden Euro zu.

Konzernchef Armin Papperger begründete die Entwicklung mit schwachen Rüstungsgeschäften und den Sanierungskosten im Berichtszeitraum. Aufgrund des Gewinneinbruchs soll die Dividende auf 40 Cent von 1,80 Euro je Aktie gekürzt werden.

Der seit einem Jahr amtierende Konzernlenker gelobte vor diesem Hintergrund Besserung. Für 2014 erwartet er einen höheren Umsatz sowie eine deutliche Ergebnisverbesserung. Sowohl in der Rüstungsschmiede wie auch in der Automobilzulieferung stünden die Zeichen auf Wachstum, so Papperger. "Seine volle Wirkung wird das Strategieprogramm aber erst 2015 entfalten", sagte er. Vertragsbruch oder Embargos sind da wohl nicht einkalkuliert.

Quelle: ntv.de

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