Wirtschaft

Entsorgung der Kernkraftwerke Kommt der 17-Milliarden-AKW-Fonds?

Um die Entsorgung deutscher Atomkraftwerke sicherzustellen, will die Bundesregierung einen Milliarden-Fonds einrichten.

Um die Entsorgung deutscher Atomkraftwerke sicherzustellen, will die Bundesregierung einen Milliarden-Fonds einrichten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Ausstieg aus der Atomkraft ist beschlossene Sache. Nun will die Regierung offenbar, dass die AKW-Betreiber 17 Milliarden Euro in einen Fonds für die Entsorgung der Kraftwerke einzahlen. Doch konkret scheint noch nichts - die Ministerien drucksen herum.

Rückstellungen der AKW-Betreiber

Gesetzeslage: Für den Abriss der Kernkraftwerke und die Müllbeseitigung sind die Betreiber verantwortlich. Nach dem Atomgesetz müssen sie eine ausreichende Vorsorge dafür nachweisen.

Höhe der Rückstellungen: Die Versorger haben Rückstellungen in Höhe von rund 36 Milliarden gebildet. Dabei entfallen auf Eon 14,6 Milliarden Euro, auf RWE 10,2 Milliarden, auf EnBW 7,7 Milliarden und auf Vattenfall 3,5 Milliarden Euro.

Wo steckt das Geld?: Die Rückstellungen sind teilweise in Sachwerten wie etwa Kraftwerken und Netzgeschäften gebunden. Auch wenn sich der Wert dieser Anlagen in den vergangenen Jahren zum Teil deutlich verringert hat, liegen die deutschen Rückstellungen im europäischen Vergleich am höchsten, so die Versorger.

Reichen die Rückstellungen aus?: Die Versorger verweisen auf jährliche Untersuchungen durch unabhängige Wirtschaftsprüfer sowie einen Bilanzeid der Vorstände. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass eine genaue Kostenschätzung aufgrund der Jahrtausende langen Strahlung kaum möglich sei.

Die Bundesregierung will einem Zeitungsbericht zufolge die Betreiber von Atomkraftwerken zwingen, für den Abriss und die Entsorgung ihrer Meiler ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen. Die Konzerne sollen in einen Fonds einzahlen, um den Rückbau sicherzustellen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf ein internes Papier von Wirtschafts- und Umweltministerium. Demnach sollen die Betreiber stufenweise etwa 17 Milliarden Euro in den Fonds zahlen, um die langfristigen Verpflichtungen der Entsorgung abzudecken.

Das Wirtschaftsministerium äußerte sich zurückhaltend. Grundlage für die Berichterstattung sei offenbar ein Papier aus dem Oktober, erklärte eine Sprecherin. Zu internen Arbeitspapieren nehme man keine Stellung. In Regierungskreisen hieß es aber, die Überlegungen seien noch nicht konkreter geworden. Es hätten auch keine Gespräche mit den Energiekonzernen über das Thema stattgefunden.

Betreiber "voll in der Pflicht"

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte, sein Haus äußere sich grundsätzlich nicht "zu irgendwelchen vermeintlichen oder tatsächlichen Papieren". Grundsätzlich sehe das Ministerium die Betreiber der Atomkraftwerke "voll und uneingeschränkt in der Pflicht". Die Betreiber trügen die uneingeschränkte Verantwortung für den Betrieb der AKW während der Restlaufzeiten, für die Stilllegung "und für alle Entsorgungsschritte in der Zukunft". Dazu zähle auch die uneingeschränkte Kostenverantwortung.

Die vier Atomkonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW haben etwa 36 Milliarden Euro für die Bewältigung ihres nuklearen Erbes zurückgestellt. Zuletzt allerdings waren die Sorgen gewachsen, ob die Mittel auch noch in ferner Zukunft zur Verfügung stehen. Insbesondere das Kraftwerksgeschäft läuft schlecht, Eon und Vattenfall wollen sich vom Großteil ihres Kraftwerkparks trennen. Die Konzerne planen eine Umstrukturierung, nach der die Unternehmen dann noch aus der Erzeugung von Ökostrom sowie dem Betrieb der Strom- und Gasnetze und dem Vertriebsgeschäft bestehen.

Regierung bemängelt Rückstellungen

Auch die Bundesregierung treibt das offenbar um. "Wir können nicht sicher sein, dass alle Kernkraftwerksbetreiber die Veränderungen am Energiemarkt erfolgreich überstehen und ihren langfristigen Entsorgungsverpflichtungen nachkommen können", heißt es in dem Papier, das die Staatssekretäre Rainer Baake (Wirtschaft) und Jochen Flasbarth (Umwelt) verfasst haben. Die Rückstellungen seien "weder zweckgebunden noch insolvenzsicher".

Bislang dient ein Teil des Vermögens der Konzerne als Deckung für die Entsorgungskosten. Die 34 Milliarden Euro stecken in Beteiligungen und Wertpapieren, aber auch in Kraftwerksanteilen. Sobald die Kosten für Rückbau und Entsorgung anfallen, müssten diese Beteiligungen verkauft werden. Wo genau die Unternehmen das Geld angelegt haben, lässt sich allerdings nicht überprüfen. Wirtschaftsprüfer testieren Jahr für Jahr, dass entsprechendes Vermögen vorhanden ist. Schon 2011 hatte auch der Bundesrechnungshof diese Praxis moniert. Höhe und Wert der Rückstellungen ließen sich für die Finanzbehörden kaum kontrollieren.

Konzerne sollen Haftung übernehmen

Das soll sich dem Reformvorschlag zufolge ändern. Ähnlich wie Versicherungsfirmen sollen sich auch Stromkonzerne für die verbleibenden Rückstellungen Anlagevorschriften unterwerfen, um Risiken stärker zu streuen. In Insolvenzverfahren sollten zuerst Forderungen für die nukleare Altlast beglichen werden. Zudem sollen die Konzerne gezwungen werden, die Haftung dafür verbindlich zu übernehmen. Dazu sollen auch "lückenlose Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge" beitragen - alles unter staatlicher Aufsicht.

Erst im Frühjahr hatten die Konzerne erfolglos angeregt, alle Kosten der Entsorgung zusammen mit den AKW in eine Stiftung beim Bund abzuschieben. Die neue Lösung würde sie zwingen, einen Teil ihres Vermögens in den Fonds einzulegen. "Alleiniger Zweck des Fonds ist die Sicherung der Mittel", heißt es in dem Papier. "Eine Befreiung der Betreiber von ihren Verpflichtungen ist damit nicht verbunden."

Quelle: ntv.de, cri/bdk/rts/DJ

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