Wirtschaft

Wie Anleger auf den Brexit reagieren Referendum abwarten und Tee trinken

Zum Beispiel der Regen: Selbst bei einer Entscheidung für den Brexit, wird nicht plötzlich alles anders sein in Großbritannien, sagen Anlageexperten.

Zum Beispiel der Regen: Selbst bei einer Entscheidung für den Brexit, wird nicht plötzlich alles anders sein in Großbritannien, sagen Anlageexperten.

(Foto: REUTERS)

Der mögliche EU-Austritt Großbritanniens hat an den Aktienmärkten heftige Kursausschläge ausgelöst. Anleger sollten sich von der Nervosität aber nicht anstecken lassen. Experten geben Tipps, wie man sich gegen die Folgen des möglichen Brexits absichert.

"Vernichtet der Brexit unser Geld?" Mit solchen Schlagzeilen oder mit Warnungen vor dem "nächsten Crash" heizen Medien auch in Deutschland die Angst vor einem möglichen EU-Austritt Großbritanniens an. Abgesehen davon, dass das Geld an der Börse nicht vernichtet wird - es wechselt "lediglich" den Besitzer - stellt sich aus Anlegersicht die Frage, welche Folgen ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union hätte. Dass dies die Börsianer schon seit längerem beschäftigt, zeigt sich erheblichen Kursschwankungen an den Märkten in den vergangenen Wochen.

Euro / Britisches Pfund
Euro / Britisches Pfund ,85

Wie sollen sich Anleger nun verhalten? Ist all das, was in der Vergangenheit richtig war, nun falsch? "Wir haben ja zuletzt gesehen, was passiert, wenn die Anleger panisch werden und Aktien verkaufen und in den vermeintlich sichern Hafen Cash oder Anleihen gehen", sagt Oswald Salcher, Marktanalyst beim Broker flatex gegenüber n-tv.de. Wenn die Märkte fallen, kaufen Profis häufig günstig ein. "Vor panikartigen Depotumschichtungen raten wir ab", so der Experte. Egal, wie die Abstimmung ausgehe, am nächsten Tag sei nicht gleich alles anders. Salcher verweist darauf, dass es selbst im Falle eines britischen Ausstiegs eine zweijährige Übergangsfrist gebe. Anlegern, die ihr Depot vor Verlusten schützen wollen, rät er zum Kauf von Put-Optionsscheinen oder Gold - unabhängig vom Brexit.

Der Brexit-Blues wurde schon gespielt

Liegt also in der Ruhe die Kraft? Ähnlich sieht es Jochen Stanzl, Marktexperte beim Broker CMC Markets auf Nachfrage von n-tv.de. "Wenn Anleger nicht gerade ein Übergewicht in britischen Aktien in ihrem Depot haben, gibt es keinen Grund, sein Depot jetzt umzuschichten." Ein Brexit würde seiner Meinung nach nur bedeuten, dass man die politische Idee eines vereinten Europas nicht mehr verfolge. "Es bedeutet aber nicht das Ende des gemeinsamen Handels." Anlegern, die sich gegen fallende Aktienkurse absichern wollen, rät er davon ab, jetzt in Gold zu investieren. Dafür sei es schon zu spät, das gelbe Metall habe bereits von der Unsicherheit der Börsianer profitiert.

Stanzl unterstreicht, dass die Brexit-Gegner laut den jüngsten Umfragen in der Mehrzahl sind. Das Thema könnte deshalb an den Märkten schon durch sein. Seiner Ansicht nach wäre es falsch, "jetzt in Aktionismus zu verfallen und sich von der Panik einiger Kommentatoren anstecken zu lassen". Bliebe das Vereinigte Königreich am Donnerstag tatsächlich in der EU, könnte eine kräftige Aktienrally starten.

Auch Robert Halver, Kapitalmarkt-Analyst bei der Baader Bank, würde sein Depot nicht umschichten. "Die Märkte haben den Brexit-Blues bereits gespielt", sagt er gegenüber n-tv.de. Außerdem würden die Zentralbanken beim Brexit zur Not Gegenmaßnahmen ergreifen, sodass sich die Märkte wieder erholen könnten. Und sollte sich der Euro im Zuge eines EU-Ausstiegs auf Talfahrt begeben, hätte dies laut Halver sogar einen positiven Effekt: "Dies könnte für Exportfantasie sorgen."

Absichern, nicht verkaufen!

Dennoch möchte der Marktexperte die Brexit-Debatte keineswegs verharmlosen. Seit der Gründung der EU habe man bislang nur die Familienaufnahme, nicht aber die Familienaufgabe gekannt. "Wenn jetzt ein großes Familienmitglied Good Bye sagen sollte, würde die europäische Wertegemeinschaft deutlich an Wert verlieren. Ist der Bann des ersten Austritts gebrochen, könnte sich die Austreteritis ausbreiten", warnt Halver. Ein Brexit könne Investoren und Konsumenten veranlassen, zunächst einmal abzuwarten. "Und Abwarten ist das Schlimmste, was man einer Konjunktur antun kann", fügt er hinzu. Halver würde vor der Abstimmung der Briten keinen Bestand an Aktien verkaufen, höchstens absichern.

Unabhängig vom Urteil der Experten und vom Ausgang der Brexit-Frage: Wer sein Geld langfristig in Aktien investiert und davon überzeugt ist, dass die Wirtschaft der entsprechenden Anlageregionen gute Wachstumschancen hat, sollte eher die Füße still halten als die Papiere zu verkaufen. So haben Dax-Aktien in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt eine jährliche Rendite von acht Prozent erzielt - obwohl an den Finanzmärkten nicht gerade immer eitel Sonnenschein herrschte.

Quelle: ntv.de, Von Gian Hessami

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