Wirtschaft

Etihad-Strategie ist gescheitert Radikalkur löst Air Berlins Problem nicht

Gemeinsamer Flug ins Ungewisse: Zubringerflüge für Etihad sind künftig das Kerngeschäft von Air Berlin. Doch wer trägt die Verluste?

Gemeinsamer Flug ins Ungewisse: Zubringerflüge für Etihad sind künftig das Kerngeschäft von Air Berlin. Doch wer trägt die Verluste?

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit dem Verleasen von rund 70 seiner 144 Flugzeuge könnte Air Berlin einen großen Verlustbringer loswerden. Doch was ist mit dem Rest? Mehrheitseigner Etihad Airways muss eine grundlegende Entscheidung treffen.

Air Berlin steht vor einem radikalen Umbau und findet doch keine Lösung für sein Kernproblem. Die Airline, die seit ihrem Börsengang vor zehn Jahren praktisch ständig Verluste einfliegt und mehr als 90 Prozent ihres Börsenwertes verloren hat, will Berichten zufolge künftig nur noch die Hälfte ihrer Flotte unter eigenem Namen und auf eigenes Risiko betreiben. Damit löst Air Berlin ein großes Problem, aber nicht das größte.

Bereits vergangene Woche hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass die Lufthansa-Billigtocher Eurowings etwa 40 Maschinen der derzeit 144 Air Berlin Flieger leasen könnte, inklusive Crew und der dazugehörigen Strecken. Nun meldet das Blatt, dass der Air-Berlin-Großaktionär Etihad Airways mit Tui darüber verhandelt, rund 30 weitere Maschinen Tuifly zu überlassen. Einher geht dies mit einem Sparkurs, dem rund 1000 Jobs im Konzern zum Opfer fallen sollen.

Die Leasingdeals, über die Air Berlin mit Lufthansa und Tui verhandelt, sind laut dem Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt "ein Schritt in die richtige Richtung". "Damit würde Air Berlin sich von seiner Gemischtwarenladen-Strategie abwenden und auf eine Aufgabe - Zubringerflüge für den größten Aktionär Etihad Airways anzubieten – konzentrieren", sagte er n-tv.de. Analysten kritisieren seit langem, dass Air Berlin von Langstrecken über Ferienflüge bis hin zu Zubringern zwischen europäischen Metropolen für Geschäftsreisende viele völlig unterschiedliche Dienste anbietet, zwischen denen es nur wenige Synergien gibt. "Vor allem aber stopft Air Berlin mit dem Verleasen eines Großteils seiner Flotte ein riesiges Verlustloch", lobt Bongardt die neuen Air Berlin Pläne.

Auch wenn Details zu den Verhandlungen mit Lufthansa und Tui nicht bekannt sind, geht der Luftfahrtexperte davon aus, dass das Geschäft Air Berlin als Vermieter der Flugzeuge samt Crew einen gewissen Gewinn garantiert - während die Mieter, unter deren Markennamen und Flugnummern die Maschinen fliegen, das wirtschaftliche Risiko übernehmen.

Kommt die große Ferienflieger-Fusion

Möglich wäre es sogar, dass Air Berlin aus dem Betreiben von Flugzeugen für fremde Streckennetze ein Geschäftsmodell macht. "Es gibt vor allem in den USA regionale Airlines, die - mit Erfolg - nichts anderes machen", sagte Großbongardt. Im Fall von Air Berlin haben vor allem die touristisch interessanten Urlaubsstrecken der Fluglinie Potenzial - wenn sie kostengünstig etwa von Eurowings oder Tuifly durch deren Marketing, Vertrieb und Check-in-Schalter betrieben würden. Air Berlin hatte hier bislang durch seine Gemischtwaren-Struktur einen hohen Kostenaufwand für ein relativ kleines Touristiknetz. Vor allem die Lufthansatochter Eurowings könnte die Kosten durch Synergieeffekte erheblich senken.

Eine langfristige Rettung für die chronisch pleitebedrohte Airline ist damit allerdings noch nicht in Sicht. Zunächst sind Leasingdeals von Natur aus zeitlich befristet. Vor allem aber bleibt das bisherige Kernproblem von Air Berlin ungelöst: Die Flüge von den Hubs Berlin und Düsseldorf, die die Airline vor allem als Zubringer für den Partner Etihad in eigener Regie weiterbetreiben will, bringen kein Geld ein - und ein Plan, wie sich das ändern will, ist nicht in Sicht.

"Etihad muss sich eingestehen, dass seine Europastrategie mit Air Berlin gescheitert ist", sagte Luftfahrtberater Gerald Wissel im Gespräch mit n-tv.de. Der Plan sei einmal gewesen, dass Air Berlin mit den Gewinnen aus anderen Bereichen, das verlustbringende Zubringergeschäft subventionieren würde. Dies werde aber auch in Zukunft nicht gelingen. Etihad müsse sich entscheiden, ob es selbst auf Dauer Air Berlin für die Zubringerdienste bezuschussen wolle, oder aussteige. Dann könnte Air Berlin zum reinen Auftragsflieger werden oder mit anderen Touristikairlines fusionieren.

In der Branche wird derzeit etwa über Gespräche zwischen Tui und der Thomas-Cook-Tochter Condor berichtet. Gemeinsam mit dem Tourismusbereich von Air Berlin könnte ein großer Ferienflieger entstehen, der schlagkräftig genug wäre, um dem Konkurrenzdruck der Billigflieger EasyJet und Ryanair zu widerstehen. Die derzeitigen Verhandlungen von Air Berlin und Tuifly könnten der erste Schritt zu einer solchen Fusion sein.

Quelle: ntv.de

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