Wirtschaft

Tumulte bei Hauptversammlung RWE bittet Politik um Hilfe

Der Ausbau erneuerbarer Energien setzt die Betreiber konventioneller Kraftwerke unter Druck. RWE-Vorstandschef Terium sieht die Branche in einem gefährlichen Ausnahmezustand. Umweltschützer protestieren lautstark.

Der kriselnde Stromriese RWE hofft angesichts kräftiger Einbrüche wegen der Energiewende auf Unterstützung der Politik. "Weitere, massive Verluste unseres Kraftwerksgeschäftes können wir uns auf Dauer nicht leisten", sagte Vorstandschef Peter Terium bei der Hauptversammlung des zweitgrößten deutschen Energiekonzerns in Essen. "Wir haben nicht viel Zeit. Unsere finanzielle Situation ist angespannt", sagte er. Börsenstrompreise von nur noch rund 20 Euro bedeuteten den Ausnahmezustand. Damit sei die Versorgungssicherheit in Deutschland in "höchster Gefahr". Die Bundesregierung müsse handeln.

RWE
RWE 31,42

Der Ökostrom-Boom hat die im Großhandel erzielbaren Strompreise auch dramatisch gedrückt. Die großen Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke verdienen kaum noch Geld. Die Energiekonzerne verlangen von der Politik eine Entschädigung dafür, dass sie die großen konventionellen Kraftwerke als Puffer gegen die Schwankungen von Wind- und Sonnenstrom bereithalten. Das wird unter dem Stichwort "Kapazitätsmarkt" diskutiert. Bislang lehnt die Bundesregierung solche Hilfen ab.

Der Umbau des Konzerns, den die RWE-Führung im vergangenen Jahr angestoßen hatte, gehe "teils besser als erwartet" voran, sagte Terium weiter. Das Wachstumsgeschäft mit den erneuerbaren Energien will der Konzern in eine neue Aktiengesellschaft überführen, die Anfang April unter dem Übergangsnamen RWE International gestartet ist. Voraussichtlich Ende des Jahres will RWE 10 Prozent der Anteile der Gesellschaft über eine Kapitalerhöhung an die Börse bringen. Das Geschäft mit den konventionellen Kraftwerken sowie der Energiehandel bleiben bei RWE.

Umweltschützer störten die Hauptversammlung. Während der Rede von Terium stürmten mehrere Demonstranten auf die Bühne der Essener Grugahalle. "Eure Zeit ist abgelaufen", skandierten sie. Ein Demonstrant klammerte sich an ein Geländer vor der Bühne. Er wurde von der Polizei abgeführt. Es dauerte mehrere Minuten, bis die Sicherheitskräfte die Lage im Griff hatten. Einige Demonstranten wurden zu Boden gerissen und weggetragen. Terium gab sich gelassen: "Ich habe überhaupt kein Problem mit solchen Kundgebungen. Ich habe ja auch Kinder im protestfähigen Alter."

Veränderungen im Aufsichtsrat

Die Hauptversammlung fand unter starken Sicherheitsauflagen statt. Aktionäre mussten auf dem Weg zur Essener Grugahalle an einer Polizeikette vorbei. Klimaschützer forderten mit Plakaten und Flugblättern einen Ausstieg aus der Kohle. Vertreter der kommunalen RWE-Aktionäre hatten vorab diskutiert, den RWE-Vorstand nicht zu entlasten. Das wäre ein heftiger öffentlicher Denkzettel für Terium gewesen.

Die Kommunalaktionäre sind mit rund 24 Prozent Anteil am Unternehmen die größte Aktionärsgruppe. Unmittelbar vor der Versammlung erklärte der Geschäftsführer des Verbandes der Kommunalaktionäre, Ernst Gerlach, aber im WDR, die Mehrheit der Kommunen stehe hinter Terium.

Der RWE-Chef will die Zukunftsbereiche des Unternehmens in eine neue Firma ausgliedern, diese an die Börse bringen und so an frisches Geld für Investitionen kommen.

Die Hauptversammlung wird auch über Veränderungen im Aufsichtsrat abstimmen. Neu in das Gremium gewählt werden sollen unter anderem der frühere Eon-Finanzvorstand Erhard Schipporeit, die IBM-Deutschland-Chefin Martina Koederitz und die frühere Chefin der Internationalen Energieagentur, Maria van der Hoeven. Daimler-Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche und der frühere Thyssenkrupp-Chef Ekkehard Schulz werden ebenso ausscheiden wie der bisherige Aufsichtsratschef Manfred Schneider. Sein Nachfolger soll der ehemalige SAP-Finanzvorstand Werner Brandt werden, der bereits Mitglied des Aufsichtsrats ist.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen