Wirtschaft

Ein "Haarschnitt" für Athen-Anleihen Politiker zücken die Schere

Das Flehen Griechenlands um Hilfe löst in Deutschland Diskussionen um eine riskante Maßnahme aus. Einzelne Politiker wollen den Wert griechische Staatsanleihen beschneiden, um das hoch verschuldete Land so von einem Teil seiner Verbindlichkeiten zu befreien. Experten sind entsetzt. Der Schnitt könnte eine Kettenreaktion auslösen.

Wer großen Tieren an die Mähne will, tut gut daran, sich vorher mit ihrem Wesen vertraut zu machen.

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(Foto: REUTERS)

Eine Beteiligung von Banken an einem Hilfspaket für Griechenland könnte nach Ansicht von Experten eine neue Finanzkrise auslösen. "Wenn man den Wert der griechischen Staatsanleihen herabsetzt, könnte es sein, dass Banken wieder in Schwierigkeiten kommen", sagte Finanzprofessor Wolfgang Gerke vom Bayerischen Finanzzentrum.

Gerke reagierte damit auf die Vorschläge führender Politiker, die in der Debatte um die Griechenlandhilfe eine Wertherabsetzung der Schulden Griechenlands - einen sogenannten "Hair Cut" - ins Spiel gebracht hatten. Bei den Staatspleiten von Russland und Argentinien vor rund zehn Jahren mussten Inhaber von Anleihen der beiden Länder auf etwa 70 bis 80 Prozent ihres investierten Geldes verzichten.

Analyst Konrad Becker von Merck Finck warnte vor einer neuen Abschreibungswelle bei Banken, sollte es zu einer Wertsenkung der griechischen Staatsanleihen kommen. "Es wird für die Regierung am Ende vermutlich billiger sein, Griechenland direkt zu helfen, als eine zweite Bankenkrise bewältigen zu müssen", sagte er.

Unbedachte Friseure

Besonders im Falle des Münchener Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) seien dann mit großer Wahrscheinlichkeit neue Milliardenhilfen notwendig. Das mit Milliardengeldern vom Staat gestützte Institut ist nach eigenen Angaben mit etwas weniger als zehn Milliarden Euro in Griechenanleihen investiert. Bei der ebenfalls staatlich gestützten Commerzbank sind es mehr als drei Milliarden Euro.

Beide Häuser wollten sich zu den Ansichten der Finanzexperten nicht äußern. Auch die Allianz, die Münchener Rück und einige Landesbanken halten griechische Anleihen im Portfolio. Laut Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sind deutsche Institute dort insgesamt mit 43 Mrd. Dollar investiert.

"Ein ehrliche Lösung"

Führende Regierungs- und Oppositionspolitiker dringen auf eine Einbeziehung der Gläubigerbanken in eine Rettungsaktion für den hochverschuldete Staat. Es müssten Wege gefunden werden, die Institute an der Problemlösung zu beteiligen, forderte etwa SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte, Überlegungen eines "Hair Cuts" müssten in die aktuelle Diskussionen einbezogen werden.

Trotz drohender neuer Belastungen für Banken befürwortet Wirtschaftsprofessor Gerke grundsätzlich eine Beteiligung des Finanzsektors. "Es kann nicht angehen, dass Banken riskante Anleihen kaufen in der Hoffnung, der Staat wird es am Ende schon richten", sagte er. "Man kann mit solchen Hair Cuts ein Signal setzen und zeigen, dass eine hohe Rendite und ein hohes Risiko im Zusammenhang stehen." Auch sein Kollege Hans-Peter Burghof steht hinter den Überlegungen. "Es wäre in jedem Fall die ehrlichere Lösung", sagte er.

Quelle: ntv.de, rts

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