Wirtschaft

Bayern heimgeflogen Piloten stutzen Kranich-Airline die Flügel

Am Tag eins des Piloten-Streiks kommt der Flugverkehr der Airline erwartungsgemäß größtenteils zum Erliegen. An den Flughafen bleibt die Lage aber entspannt. Beide Seiten bekräftigen ihren Willen zu einer Lösung.

Der Arbeitskampf der Piloten hält die Lufthansa und ihre Passagiere am ersten von drei geplanten Streiktagen weiter in Atem. Fast nichts geht mehr. Insgesamt rund 3.800 Verbindungen von Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings wurden für die Zeit des Streiks gestrichen, da nahezu alle Piloten die Arbeit niedergelegt haben. Ein Chaos an die Flughäfen blieb indes weitgehend aus. Auch das Team des Champions-League-Teilnehmers Bayern München wurde aus Manchester nach Hause geflogen.

Lufthansa
Lufthansa 6,72

Chefpilot Werner Knorr entschuldigte sich am Flughafen Frankfurt für die Unannehmlichkeiten. Gleichwohl gab sich der Manager, der zugleich den Titel "Leiter Operations Frankfurt" trägt, optimistisch für eine baldige Lösung des Konflikts. "Ich bin von der Zuversicht geprägt, dass der Streik dazu führen muss, dass man sich einigt. Die Kunst ist es, den Einstieg zu finden."

Gut 110 Maschinen samt Crew im Ausland geparkt

Diese Rechte haben Fluggäste bei Streiks

Fluggesellschaften sind dazu verpflichtet, im Falle eines Streiks so schnell wie möglich eine Ersatzbeförderung zu organisieren, entweder mit einem anderen Unternehmen oder per Bahn. Wer sich lieber selbst um eine Alternative zum gestrichenen Flug kümmert, kann die Buchung stornieren und bekommt dann sein Geld zurück.

Die Fluggastrechteverordnung sieht bei großen Verspätungen oder annullierten Flügen pauschale Schadensersatzzahlungen vor. Bei Streiks gilt das aber nicht, hat der Bundesgerichtshof entschieden (Az.: X ZR 138/11). Streiks seien "nicht zu beherrschende Gegebenheiten", auf die Fluggesellschaften keinen Einfluss hätten, fanden die Richter. Anders als bei technischen Defekten oder Überbuchungen gibt es deshalb für die Reisenden kein Geld.

Immerhin haben die Betroffenen grundsätzlich Anspruch auf Betreuungsleistungen, wenn sie stundenlang auf ihr Flugzeug warten müssen. Die Fluggesellschaften müssen dann die Kosten für Telefonate, Getränke, Mahlzeiten und gegebenenfalls eine Übernachtung im Hotel übernehmen.

Darüber hinaus wirkt sich der Streik auch auf etliche andere Berufsgruppen im Konzern aus. Allein in den Einsatzplänen des Kabinenpersonals mussten rund 10.000 Änderungen vorgenommen werden, wie Wolfgang Kolhagen, Leiter Cabin Crews Frankfurt, sagte. Nach seinen Berechnungen hängen derzeit etwa 1.500 bis 1.800 Crewmitglieder im Ausland fest.

Insgesamt hat die Airline derzeit 59 Kontinental- und 53 Interkontinentalflugzeuge im Ausland geparkt. "Damit können Sie schon eine mittelgroße Airline betreiben", sagte Andreas Döpper, Leiter Station und Infrastruktur Frankfurt, zur Einordnung. In Frankfurt selbst stehen derzeit 31 Kontinental- und 12 Interkontinentalmaschinen. Die Maschinen verharren für die Zeit des Ausstands auf den ausländischen Flughäfen, damit sie nach dem Streik wieder ins Streckennetzwerk eingespeist werden können.

Dass die Gesellschaft noch fliegen kann, verdankt sie Flugzeugführern, die sich freiwillig gemeldet haben, und Piloten aus dem Management, die einspringen. Allerdings, sagte Chefpilot Knorr auf Nachfrage, würden weder er selbst noch der designierte Konzernchef Carsten Spohr - selbst ausgebildeter Pilot - sich in den Pilotensessel schwingen. Insgesamt seien zwischen 80 und 100 freiwillige Piloten im Einsatz.

Der Arbeitskampf beschäftigt auch die Politik. Derzeit ist ein "Tarifpaket" im Arbeitsministerium in Arbeit, das noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden soll. Teil davon soll auch die Tarifeinheit sein. Das bedeutet, dass die Macht kleiner Spartengewerkschaften zurückgedrängt werden soll. Der Pilotenstreik bringt eine neue Dynamik in die Diskussion. Auch der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) fordert die Tarifeinheit.

Ruhe an Flughäfen

An den beiden größten deutschen Flughäfen in Frankfurt und München blieb die Lage ruhig. "Aktuell läuft alles im geregelten Maße, die Leute wurden gut informiert, alles ruhig derzeit im Terminal", sagte ein Sprecher des Frankfurter Flughafens. Es seien genügend Feldbetten aufgestellt und Verpflegungsstationen sowie Familienbereiche für Reisende mit kleinen Kindern eingerichtet worden. "Es sind wenige Leute, die ohne Vorkenntnisse hierher kamen."

Auch ein Sprecher des Münchener Flughafens sagte, es sei sehr ruhig am Flughafen, die Reisenden seien gut informiert. "Die Passagiere, die wegfliegen wollten, sind nicht gekommen."

Unter den Folgen des Streiks litten die Geschäfte an den Flughäfen, Taxifahrer und die Flughäfen selbst. München konnte den Schaden am Mittwoch noch nicht genau beziffern. "Wir gehen aber bei drei Streiktagen von Einbußen in Millionenhöhe aus", sagte ein Sprecher. Auch der Frankfurter Betreiber Fraport beklagt pro Streiktag einen Umsatzverlust im einstelligen Millionenbereich.

Die Deutsche Bahn musste nach eigenen Angaben zunächst noch keine Zusatzzüge einsetzen. Sie rechnete während der Streiktage mit täglich bis zu 20.000 Fahrgästen mehr. Rund 15 IC- und ICE-Züge stünden an acht Orten in Deutschland bereit, um bei Bedarf losfahren zu können.

(Lufthansa-Service: +49 800 850 60 70; Liste der gestrichenen LH-FlügeGermanwingsDeutsche Bahn)

Lufthansa gibt sich gesprächsbereit

Europas größte Airline hat für den Streik-Zeitraum bis Freitag neun von zehn Verbindungen. Die Piloten der Tochter Germanwings legen ebenfalls die Arbeit nieder. Vom größten Streik in der Lufthansa-Unternehmensgeschichte sind 425.000 Fluggäste betroffen. Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit erhöht mit dem Ausstand den Druck auf das Lufthansa-Management. Cockpit fordert für die 5400 Piloten zehn Prozent mehr Geld und die Beibehaltung der betriebsinternen Frührente mit 55 Jahren.

Ein Sprecher der Vereinigung Cockpit sagte, er hoffe, dass die Lufthansa noch vor Ablauf des Streiks auf die Gewerkschaft mit einem neuen Angebot zugehen werde. "Wir sind zu Verhandlungen bereit", sagte er. Er habe aber den Eindruck, dass die Fluglinie die drei Streiktage erst einmal abwarten wolle.

Derweil sucht die Lufthansa das Gespräch mit der Gewerkschaft. "Unser Wunsch an die Vereinigung Cockpit ist, dass wir möglichst schnell wieder ins Gespräch kommen, auch gerne während des Streiks, weil ich glaube, dass wir mit einem aufeinander Zugehen eine gute Lösung finden können", sagte eine Sprecherin. Mit einer zügigen Einigung rechne die Lufthansa allerdings nicht.

VC: Keine Streiks bis Ende der Ferien

Cockpit zeigte sich offen. "Wir sind bereit für weitere Gespräche, aber dafür muss ein neues Angebot auf den Tisch", sagte Vorstand Markus Wahl. Die Lufthansa setze zu einem "sozialen Kahlschlag" an, den Cockpit mit dem Streik verhindern wolle. Wahl schloss nicht aus, den Streik auch früher zu beenden: "Tendenziell ist es möglich, den Streik zu unterbrechen."

Zugleich bezeichnete Wahl das bisher vorgelegte Angebot als "Mogelpackung". "Nach außen hin gibt sich Lufthansa gesprächsbereit", sagte der Cockpit-Vorstand. Die Angebote seien aber immer die gleichen. "Für uns ist Lufthansa klar der Wolf im Schafspelz."

Wahl bestätigte, dass die Piloten nach dem Ende des Streiks am Freitag bis nach den Osterferien nicht noch einmal die Arbeit niederlegen werden. "Sollte uns natürlich Lufthansa danach zwingen, erneut in den Ausstand zu gehen, müssen wir das tun", fügte er hinzu.

Quelle: ntv.de, jga/jwu/rts/dpa/DJ

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