Wirtschaft

Brandgefährliche Triebwerke Pentagon zweifelt an der "Lightning II"

Ein Flugzeug für alle Teilstreitkräfte? Ein sogenannter Joint Strike Fighter (JSF) vom Typ F-35 "Lightning II" (Archivbild).

Ein Flugzeug für alle Teilstreitkräfte? Ein sogenannter Joint Strike Fighter (JSF) vom Typ F-35 "Lightning II" (Archivbild).

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Rückschlag für eines der teuersten Rüstungsprojekte der Welt: Auf Anordnung aus Washington muss das US-Militär die komplette Flugzeugflotte mit ihren 97 nagelneuen Hightech-Kampfjets vom Typ F-35 stilllegen. Bei den Maschinen besteht akute Feuergefahr.

Schon wieder die Triebwerke: Wenn sich die Probleme nicht schnell beheben lassen, drohen neue Verzögerungen im Ausrüstungs- und Exportgeschäft.

Schon wieder die Triebwerke: Wenn sich die Probleme nicht schnell beheben lassen, drohen neue Verzögerungen im Ausrüstungs- und Exportgeschäft.

(Foto: picture alliance / dpa)

Flugverbot für die F-35: Die US-Luftwaffe hat nach einem bislang ungeklärten Brand an Bord eines Tarnkappen-Kampfflugzeugs vom Typ "Lightning II" der kompletten F-35-Kampfjetflotte vorerst die Starterlaubnis entzogen. Nach Angaben des Pentagons sind zusätzliche Untersuchungen des Triebwerks erforderlich.

Ende Juni hatte einer der 97 Jets auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Eglin in Florida Feuer gefangen. Die Ursache ist noch unklar, Verletzte gab es nicht. Der F-35 wird vom Rüstungskonzern Lockheed Martin hergestellt. Die Triebwerkskomponenten stammen aber von Pratt & Whitney, einer Tochter des Großkonzerns United Technologies.

Der Triebwerksbauer teilte mit, eng mit der Air Force zusammenzuarbeiten und den Fall zu untersuchen. "Sicherheit ist unsere oberste Priorität", sagte Unternehmenssprecher Matthew Bates, wollte sich sonst aber nicht weiter zu dem Vorfall äußern. Das Pentagon teilte mit, es seien zusätzliche Inspektionen angeordnet worden. Die Rückkehr zum Flugbetrieb werde entsprechend ihrer Ergebnisse und der Analyse der Flugdaten entschieden.

Beobachter werteten das vorläufige Startverbot als weiteren Rückschlag für ein hochumstrittenes Rüstungsprojekt, das ohnehin bereits mit jahrelangen Verzögerungen und enormen Kostensteigerungen zu kämpfen hat. Die F-35 ist ein Mehrzweckkampfflugzeug der neuesten Generation. Die Maschine soll mit einer ungewöhnlichen Kombination aus Stealth-Eigenschaften, Überschallgeschwindigkeit und Kurzstartfähigkeiten eine ganze Reihe älterer Kampfflugzeuge aus den verschiedensten Einsatzbereichen ersetzen.

Kritiker beschreiben das Projekt als überaus ehrgeizig. Fachleute halten den Anforderungskatalog für überfrachtet. Teilweise führt die Wunschliste der Militärs aus den verschiedenen Teilstreitkräften zu widersprüchlichen Anforderungen. Während zum Beispiel die US Air Force auf Tarnkappeneigenschaften für Distanzschläge tief im feindlichen Hinterland pocht, benötigt die US Army einen möglichst leistungsfähigen Waffenträger für die Luftnahunterstützung der Bodentruppen. Die dafür erforderlichen externen Waffenstationen am Rumpf und unter den Flügeln sind jedoch mit den konstruktiven Vorgaben der Stealth-Technologie eigentlich komplett unvereinbar.

"Joint Strike Fighter" in drei Versionen

Entsprechend groß ist der Widerstand gegen die Einführung des Prestigeprojekts eines futuristisch anmutenden Hightechfliegers. Hersteller und Beschaffungsplaner im Pentagon versuchten, die technischen Widersprüche des Mehrzweckfliegers im Laufe der Projektentwicklung mit drei unterschiedlichen Modellvarianten aufzulösen. So ist der Typ F-35A speziell auf die Anforderungen der Luftstreitkräfte ausgelegt. Um Gewicht zu sparen, fehlt hier das abwärts gerichtete Zusatztriebwerk für die senkrechte Punktlandung.

Typ F-35B wiederum orientiert sich stärker an den Vorgaben von Heer und US-Marineinfanterie. Die Maschinen dieses Typs können dank schwenkbarer Triebwerke auf Behelfspisten starten und zusätzliche Bombenzuladung aufnehmen. Die dritte Modellvariante läuft in den Pentagonplanungen unter dem Kürzel F-35C und zielt auf den Einsatz an Bord von Flugzeugträgern ab. Diese Jets verfügen über ein robusteres Fahrwerk, klappbaren Flügelspitzen und vor allem über einen Fanghaken zur Landung auf dem Flugdeck.

Die ursprüngliche Idee, ein einzelnes Flugmodell für alle Teilstreitkräfte vorzuhalten, ist damit weitgehend dahin. Das Joint-Strike-Fighter-Programm besteht mittlerweile längst aus parallel entwickelten Modellen, die nur noch einzelne Komponenten und die Grundkonstruktion miteinander teilen.

Dreistellige Milliardenbeträge, Tendenz steigend

Die lange Entwicklungsdauer, die Konkurrenz der Militärs und der ambitionierte Anforderungskatalog haben ihren Preis: Schon jetzt gilt die "Lighning II" als kostspieligster Kampfjet aller Zeiten - wenn nicht sogar als das teuerste, einzelne Rüstungsvorhaben überhaupt.

US-Medienberichten zufolge sehen die Planungen im Pentagon die Anschaffung von insgesamt etwa 2440 Kampfjets vom Typ "Lightning II" vor. Als Kostenrahmen sind derzeit bereits rund 400 Milliarden Dollar (etwa 294 Miliarden Euro) im Gespräch - nur für die Anschaffung. Der Stückpreis liegt demnach bei etwa 160 Millionen Dollar. Einen mittleren dreistelligen Milliardenbetrag müssen die Haushaltsplaner in Washington zusätzlich für den Flugbetrieb und den Unterhalt der Maschinen in den nächsten Jahrzehnten veranschlagen.

Dass der Maschine reichlich Gegenwind entgegen weht, erscheint angesichts der enormen Kosten verständlich. Um die Einführung zu finanzieren, so lautet die Vermutung in US-Militärkreisen, habe das Pentagon auch den Betrieb bewährter und sehr viel billigerer Maschinen aus dem Verteidigungshaushalt gestrichen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die F-35 mit Problemen auf sich aufmerksam macht. Schon mindestens zweimal musste die US Air Force ihren neuesten Maschinen vorübergehend die Starterlaubnis entziehen, um technischen Schwierigkeiten auf den Grund zu gehen. Zuletzt waren es Risse im Triebwerk, die 2013 zu einem mehrwöchigen Flugverbot führten.

Bereits im vergangenen Monat hatte ein Ölleck die Streitkräfte veranlasst, die gesamte F-35-Flotte durchchecken zu lassen. Wegen der neuen technischen Probleme steht die geplante Teilnahme des High-Tech-Fliegers an verschiedenen Luftfahrtschauen in Frage, etwa im britischen Farnborough Mitte Juli. Über die Teilnahme soll laut dem US-Verteidigungsministerium kommende Woche entschieden werden.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/rts

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