Politik

U-2 und A-10 auf der Streichliste Pentagon spart am "Warzenschwein"

Eine fliegende Hochleistungskanone: A-10 "Thunderbolt II".

Eine fliegende Hochleistungskanone: A-10 "Thunderbolt II".

(Foto: REUTERS)

Die horrende Staatsverschuldung zwingt die USA zu tiefen Schnitten: In Washington beginnen Militärplaner nun sogar damit, scharfe rote Linien durch das Pentagon-Budget zu ziehen. Einzelne Maßnahmen dürften sich direkt auf die militärische Schlagkraft auswirken.

Elf Schiffe aus der Klasse der "Super Carrier": Keine andere Marine der Welt betreibt so viele Flugzeugträger wie die US Navy.

Elf Schiffe aus der Klasse der "Super Carrier": Keine andere Marine der Welt betreibt so viele Flugzeugträger wie die US Navy.

(Foto: REUTERS)

Die Details der neuen Rotstiftliste offenbaren das ganze Ausmaß der neuen Sparpläne: Im Rahmen der zu Wochenbeginn vorgestellten Sparbemühungen will die US-Regierung nicht nur Kopfstärke ihrer Landstreitkräfte deutlich verkleinern. Um Geld einzusparen, soll das Heer von derzeit 520.000 auf nur noch 440.000 bis 450.000 Soldaten schrumpfen, kündigte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel an. Mit dem absehbaren Ende der aufwändigen Engagments im Irak und Afghanistan würde die US Army damit die geringste Truppenstärke seit der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg erreichen.

Das ist allerdings noch längst nicht alles. Wie aus Hagels Unterlagen hervorgeht, betreffen die Einsparungen auch weitere Bereiche des bislang energisch verteidigten Verteidigungsetats. So sollen zum Beispiel die in der Truppe beliebten Erdkampfflugzeuge vom Typ A-10 "Warzenschwein" (Warthog) - offizieller Name: "Thunderbolt II" - außer Dienst gestellt werden. Diese Maßnahme soll die Finanzierung des neuen Stealth-Jets F-35 "Joint Strike Fighter" von Lockheed Martin sowie eines Tankflugzeuges sicherstellen, für das der Rüstungs- und Luftfahrtkonzern Boeing bereits den Zuschlag erhalten hat.

Damit droht ein bewährtes Flugzeugmodell Opfer der desolaten Haushaltslage und arbeitsmarktpolitischer Entscheidungen zu werden. Bereits in der Vergangenheit hatten Rüstungskonzerne wie Boeing, Lockheed Martin oder General Dynamics vor dem Verlust Tausender Arbeitsplätze gewarnt, sollte der Sparzwang zu Änderungen bei prestigeträchtigen Neuentwicklungen führen. Die sogenannten Luftnahunterstützung durch die beim Feind besonders gefürchtete A-10 "Thunderbolt II" kam mit ihren panzerbrechenden Geschossen in Einzelfällen auch dem Afghanistan-Kontingent der Bundeswehr zu Hilfe.

Feuerwehreinsatz mit Riesenkanone

Die A-10 ist zwar bereits seit den 1970er Jahren im Einsatz, hatte sich aber in den vergangenen Jahren einen legendären Ruf als Retter in höchster Not erarbeitet. Gerade in unübersichtlichen Gefechtslagen in abgelegenen Bergregionen Afghanistans konnten Bodentruppen auf die Hilfe der gepanzerten Schlachtfliegers vertrauen. Die kurz "Hog" genannte Unterschallmaschine mit ihrer riesigen Revolverkanone ist ungewöhnlich wendig, kostengünstig und vergleichsweise leicht zu warten.

Darüber hinaus ist die A-10 eine kampferprobte, bewährte Maschine. Der Joint Strike Fighter dagegen kämpft noch immer gegen technische Kinderkrankheiten und jahrelangen Verzögerung. Schon jetzt gilt das futuristische Waffensystem, das zahlreiche unterschiedliche Anforderungen zugleich bedienen soll, als das teuerste Kampfflugzeug aller Zeiten. Ersetzen kann die F-35 die praktischen Fähigkeiten der A-10 nur zum Teil. Der neue Stealth-Jet ist zwar auf den Radarschirmen technologisch schwacher Gegner kaum zu erkennen, dürfte aber in asymmetrischen Konflikten wie in Afghanistan schlicht überdimensioniert und damit wenig hilfreich sein.

Drohnen verdrängen die U2

Ebenfalls beschlossen ist das Aus für die 50 Jahre alten Höhenaufklärungsflugzeuge des Typs Lockheed U2. Die mit langen, dünnen Flügeln ausgestatteten, meist nachtschwarz gestrichenen Spionage-Spezialflugzeuge sollen künftig Drohnen vom Typ "Global Hawk" ersetzt werden, die billiger zu betreiben seien und ohne Piloten im Cockpit auskommen. Bekannt wurde die U2 in der Öffentlichkeit insbesondere durch die Rolle in der Kuba-Krise und durch den Abschuss des U2-Piloten Gary Powers durch sowjetische Luftabwehrraketen im Jahr 1960.

32 Einheiten sind noch teuer genug: Das Typschiff "USS Independece" dient der Küstenverteidigung und basiert auf einer Trimaran-Bauweise.

32 Einheiten sind noch teuer genug: Das Typschiff "USS Independece" dient der Küstenverteidigung und basiert auf einer Trimaran-Bauweise.

(Foto: REUTERS)

Auch die US Navy muss nach Hagels Plänen Kürzungen hinnehmen. Für die Erweiterung der US-Flotte sollten nur noch 32 Küstenkampfschiffe gebaut werden, hieß es. Damit bekämen die Seestreitkräfte 20 weniger dieser schnellen Spezialschiffe als geplant, kündigte der Minister an. Die frei werdenden Gelder sollten stattdessen in die Entwicklung eines neuen, schnellen Schiffstyps mit größerer Kampfkraft fließen, das eher einer Fregatte ähneln werde.

Historischer Pathos umweht die Zeitenwende in Washington: Der kommende Wehretat werde der erste sein, der sich nach 13 Jahren der Kriege in Afghanistan und Irak auf die Zeit nach diesen großangelegten Bodeneinsätzen richte, sagte Hagel. Die USA müssten sich jedoch des Risikos des Truppenabbaus bewusst sein. Das Verteidigungsministerium stehe nun vor der Herausforderung, ein kleineres Heer aufzustellen, das es immer noch mit jedem Gegner aufnehmen könne.

Absehbarer Widerstand

Die Truppe werde in Zukunft allerdings möglicherweise nicht mehr in der Lage sein, in mehreren Konflikten gleichzeitig zu kämpfen. Während andere Nationen ihre Waffensysteme weiter modernisierten, werde die US-Armee künftig weniger Spielraum für Fehler haben, wenn sie sich auf die Risiken der Zukunft einstelle, betonte Hagel mit Blick auf sein Budget im Verteidigungsressort.

Seine warnenden Worte zeigten Wirkung: Umgehend meldeten prominente Mitglieder sowohl des Repräsentantenhauses als auch des Senats Widerstand gegen die Kürzungspläne der US-Regierung an. Es werde dem Department of Defense - also dem US-Verteidigungsministerium - schwerfallen, die Abgeordneten von der Abschaffung der A-10-Flotte zu überzeugen, sagte der demokratische Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im Senat, Senator Carl Levin.

Museumsreife Spionageflieger

Die übrigen Änderungen dürften dagegen sehr viel leichter durchgehen. Die U2-Spionageflugzeuge gelten ohnehin als veraltet. In den militärischen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre konnten sie zudem keine neuen Belege für ihren praktischen Nutzen erbringen. Längst übernehmen Satelliten und Drohnen ihre Aufgaben - und ohne das ohne eine Gefährdung von Leib und Leben der U2-Piloten.

Ein Heer mit 450.000 Soldaten wäre allerdings tatsächlich das kleinste seit 1940 kurz vor dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg. Damals lag die Truppenstärke bei 268.000 Soldaten. Die geringste Truppenstärke nach dem Zweiten Weltkrieg erreichte das Heer 1999 mit 480.000 Soldaten. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde die Truppe vergrößert und mit deutlich ausgeweiteten Mitteln ausgestattet.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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