Wirtschaft

Zuversicht in Rüsselsheim Opel-Chef sieht "Chance" in Übernahme

Abschied: GM-Chefin Mary Barra will ihr Europa-Geschäft samt Karl-Thomas Neumann und Opel loswerden.

Abschied: GM-Chefin Mary Barra will ihr Europa-Geschäft samt Karl-Thomas Neumann und Opel loswerden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die deutsche Politik ist alarmiert. Auf allen Ebenen sorgt sie sich um Tausende Arbeitsplätze an den deutschen Opel-Standorten. Doch die Betroffenen selbst nehmen die Nachricht vom möglichen Verkauf an Peugeot gelassen auf. Der Chef sieht sogar Vorteile.

Opel-Chef Karl-Thomas Neumann schwört die Mitarbeiter auf eine gemeinsame Zukunft mit dem französischen Autobauer Peugeot ein. "Hier eröffnet sich die Chance, einen europäischen Champion zu schaffen, und nach 88 Jahren Zugehörigkeit zu GM ein neues erfolgreiches Kapitel unserer Geschichte aufzuschlagen", schrieb Neumann einem Sprecher zufolge in einem Mitarbeiter-Brief.

General Motors (GM)
General Motors (GM) 45,08

Neumann berichtete der Belegschaft zudem von dem Treffen am Mittwoch mit GM-Chefin Mary Barra und Opel-Aufsichtsratschef Dan Ammann in Rüsselsheim: "Der Dialog war sehr konstruktiv – so wie wir es in den vergangenen vier Jahren bei Opel gewohnt sind. Der Gesamtbetriebsrat und die IG Metall werden in die detaillierte Beurteilung der möglichen Transaktion eng eingebunden."

Zuvor hatte Neumann ein Zusammengehen mit dem französischen PSA-Konzern als "prinzipiell sinnvoll" bezeichnet. Damit schlug der 55-Jährige zurückhaltendere Töne an als noch vor nicht allzulanger Zeit. Neumann, der zuvor das China-Geschäft von Volkswagen geleitet hatte, war 2013 bei Opel angetreten, um die Marke in die Gewinnzone zu führen. Währungsturbulenzen nach dem Votum der Briten für einen Austritt aus der Europäischen Union machten ihm jedoch einen Strich durch die Rechnung.

Statt wie erhofft erstmals seit 1999 die Gewinnschwelle zu erreichen, schrieb Opel im vergangenen Jahr einen Verlust von 257 Millionen Dollar. Daraufhin leitete die amerikanische Konzernmutter GM die Trennung von der deutschen Tochter ein.

Merkel will alles politisch mögliche tun

Auch der europäische Betriebsrat hob die positiven Seiten eines Bundes mit PSA hervor. Die Arbeitnehmervertretungen sähen auch Chancen in der Schaffung des zweitgrößten Automobilherstellers in Europa nach Volkswagen. "Wir werden die Gespräche mit PSA im Falle eines Verkaufs offen und konstruktiv führen und schnellstmöglich zu einem Ergebnis bringen", sagte Opel-Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug.

Die Arbeitnehmervertreter pochen zugleich darauf, dass die von GM bei der letzten Opel-Sanierung bis weit über 2020 hinaus gemachten Beschäftigungs- und Investitionszusagen eingehalten werden. "Wir erwarten, dass alle Tarifverträge im Falle eines Kaufs ihre Gültigkeit behalten, dass alle Standorte und Arbeitsplätze gesichert bleiben", sagte der Chef des für Opel zuständigen IG-Metall-Bezirks Mitte, Jörg Köhlinger. IG Metall, Betriebsräte und Belegschaften müssten "in einen transparenten und fairen Prozess" in die Gespräche einbezogen werden. Die Arbeitnehmer waren am Dienstag von der Nachricht kalt erwischt worden, dass GM sich durch einen Verkauf von Opel aus dem verlustreichen Europageschäft zurückziehen will.

Rückendeckung erhielten die Opelaner von Kanzlerin Angela Merkel. Für sie hat die Sicherung der deutschen Opel-Standorte durch Peugeot Vorrang. "Wir werden alles, was wir politisch tun können, dafür tun, dass die Arbeitsplätze und die Standorte in Deutschland gesichert sind", sagte die Kanzlerin. Ansonsten müsse man die weiteren Gespräche zwischen den Beteiligten abwarten.

Was sind GM-Versprechen noch wert?

Zu der Gelassenheit bei Management und Belegschaft trug womöglich auch ein Medienbericht bei, demzufolge Opel darauf hoffen kann, nach einem Verkauf vorerst eigenständig zu bleiben. Das habe GM-Chefin Barra bei ihrem Besuch in Rüsselsheim am Mittwoch zugesagt, berichtete das "Manager-Magazin" unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Verhandlungskreise. Demzufolge soll Barra erklärt haben, Peugeot-Chef Carlos Tavares wolle zunächst auf Kontinuität setzen. Der amtierende Opel-Vorstand mit Neumann an der Spitze solle im Amt bleiben.

Es ist jedoch fraglich, welchen Stellenwert Zusagen von GM vor einem Verkauf von Opel an Peugeot haben, zumal der US-Konzern mit der Transaktion sein Europageschäft aufgeben will. Werksschließungen und Stellenabbau dürften danach Sache des neuen Eigners PSA Peugeot Citroen sein. Opel und Peugeot konkurrieren mit ihren Klein- und Mittelklassewagen um die gleiche Kundschaft. Deshalb wird erwartet, dass Peugeot nach einer Übergangszeit die Kapazitäten verringern wird, um die Kosten zu senken.

Laut dem Bericht ist ein Verkauf der deutschen Tochter ausgesprochenes Ziel von GM. Für die Franzosen sei dagegen auch eine Vertiefung der bestehenden Kooperation der Marken vorstellbar. GM-Chefin Barra soll PSA unter anderem angeboten haben, die Elektroplattform des amerikanischen Konzerns gegen eine Lizenzgebühr in Europa zu nutzen, um PSA einen Kauf schmackhaft zu machen. Opel-Chef Neumann will die Marke dem Magazin zufolge bis 2030 in einen reinen Anbieter von Elektroautos umwandeln. Dieses Szenario sei auch für die PSA-Führung denkbar. GM bringt gerade mit dem Chevrolet Bolt und dem Opel Ampera e zwei Elektroautos auf den Markt, die eine Reichweite von 500 Kilometern haben sollen.

Quelle: ntv.de, mbo/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen