Wirtschaft

Überraschende Einigung in Algier Opec-Staaten lösen Kursfeuerwerk aus

Die Opec beweist Handlungsfähigkeit: Pipelines in der Sandwüste im Süden Algeriens.

Die Opec beweist Handlungsfähigkeit: Pipelines in der Sandwüste im Süden Algeriens.

(Foto: dpa)

Damit hat am Markt kaum jemand gerechnet: Die Organisation der Erdöl produzierender Länder (Opec) kann der Welt in Algier überraschend eine Vereinbarung präsentieren. Die Aussicht auf steigende Ölpreise bringt die Kurse zum Tanzen.

Die überraschende Einigung der Opec-Staaten auf eine Obergrenze bei der Förderung von Rohöl verleiht den Aktien von europäischen Öl-Konzernen kräftigen Rückenwind. Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Oil and Gas klettert am Tag nach der Einigung in einer ersten Reaktion um knapp 5 Prozent auf 284,43 Punkte.

Größter Gewinner sind zunächst die Aktien des britischen Öl- und Gasförderers Tullow Oil mit einem Plus von 8,5 Prozent. Die italienischen Öl-Gesellschaften Saipem und Eni sowie Statoil aus Norwegen, Royal Dutch Shell aus den Niederlanden sowie Total aus Frankreich gewinnen bis zu 6,5 Prozent. Die österreichische OMV legt rund 4 Prozent zu.

Papiere von Zulieferern für die Ölindustrie legen noch etwas stärker zu als die Kurse der Produzenten. So steigt der Kurs des Röhren- und Ölbohrerherstellers Vallourec um 10 Prozent. Die Kurse der italienischen Saipem und der österreichischen Schoeller Bleckmann steigen um bis zu 7 Prozent.

Zum ersten Mal seit acht Jahren einigten sich in Algerien versammelten Opec-Mitglieder auf eine Förderkürzung beim Rohöl. Die geplante Kürzung von rund 700.000 Barrel sei nicht unbedingt groß, aber der Deal habe eine psychologische Wirkung, sagte Aktienhändler Markus Huber vom Handelshaus City of London.

Opec-Staaten unter Zugzwang

"Manche hoffen nun darauf, dass es weitere Kürzungen geben könnte." Allerdings sei fraglich, ob sich die einzelnen Länder an die Obergrenzen hielten. Weitere Details der Vereinbarung sollten erst im November veröffentlicht werden. Schon jetzt gibt es allerdings auch Zweifel: Die Erholung des Ölpreises werde auch von den Lagerbeständen angeheizt, meinte ein Beobachter. Diese sind in den USA die vierte Woche in Folge zurückgegangen. Die Spitze haben sie laut Beobachtern schon länger hinter sich. "Das spricht für ein Ende der Baisse", sagte Chris Zwermann von Zwermann Financial.

Die Ölpreise waren nach dem Bekanntwerden des Opec-Deals innerhalb weniger Minuten nach oben gesprungen, gaben im Laufe des Tages aber einen Teil der Gewinne wieder ab. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um ein halbes Prozent auf 48,43 Dollar je Fass. Es sei noch völlig unklar, welcher Staat seine Förderung kürzen werde, kritisierten Experten.

Die Opec-Staaten hatte bei ihrem Treffen in Algier am Mittwochabend nach sechsstündigen Verhandlungen beschlossen, die tägliche Förderung auf 32,5 bis 33 Millionen Barrel zu drosseln. Im August hatten die Länder laut Internationaler Energie-Agentur im Schnitt 33,47 Millionen Barrel täglich produziert. Beim Treffen in Algerien war auch das Ölförderland Russland dabei. Erst im Frühjahr war die Opec mit einem ähnlichen Versuch, das Ölangebot am Weltmarkt in einer konzertierten Aktion zu reduzieren, kläglich gescheitert.

Extrawurst für Teheran

Die Einigung wurde möglich, weil Saudi-Arabien zustimmte, dass der Iran seine Fördermenge nicht einschränken muss. Der Iran leidet unter den Folgen der jahrelangen Sanktionen des Westens wegen seines Atomprogramms. Im April war eine Einigung auf eine Drosselung am Widerstand des Iran gescheitert. Um wieviel Barrel jedes einzelne Mitgliedsland seine Ölförderung drosseln soll, soll auf dem Opec-Gipfel am 30. November in Wien festgelegt werden.

Die Ölförderung der Opec-Länder macht etwa 40 Prozent des weltweiten Angebots an Rohöl aus. Seit zwei Jahren haben sie mit sehr niedrigen Ölpreisen zu kämpfen. Von mehr als 100 Dollar pro Barrel im Juni 2014 war der Preis bis Anfang dieses Jahres auf unter 30 Dollar gesunken - mit teils verheerenden Folgen für Entwickung von so unterschiedlichen Volkswirtschaften wie Saudi-Arabien, Russland, Iran, Nigeria oder auch Venezuela.

Analyst Greg McKenna von AxiTrader erklärte, viele Opec-Staaten litten stark unter dem niedrigen Ölpreis. Ihre Wirtschaft stagniere oder schrumpfe, das wirke sich auf den Staatshaushalt aus. Dies habe zur überraschenden Einigung geführt. "Ich glaube, sie werden die versprochene Drosselung auch durchhalten."

Comeback des US-Fracking?

Andere Analysten zeigen sich dagegen sehr skeptisch. Den in der algerischen Hauptstadt versammelten Ölministern der Opec sei bewusst, dass sich eine Kürzung der eigenen Förderung durchaus auch nachteilig für die eigene Marktposition entwickeln könnte, weil damit nur Raum für die US-Schieferölproduzenten geschaffen würde. "Wir als Händler sehen auf die langfristige Entwicklung und die Preise werden nicht für längere Zeit auf diesem niedrigen Niveau bleiben", erklärte ein in Singapur stationierter chinesischer Ölhändler.

Noch seien die Einzelheiten nicht vereinbart, gab dagegen ein anderer Marktbeobachter zu bedenken. Fraglich sei, wie andere Ölförderländer wie Russland, die USA und Kanada reagierten, sagte Alex Furber von DMC Markets. Russland pumpe so viel Öl in den Markt wie zu Sowjet-Zeiten. "Es gibt immer noch eine Menge Öl da draußen."

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts

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