Wirtschaft

Dem Dax auf den Fersen Österreichs Börse hofft auf Putin

Russlands Präsident Wladimir Putin.

Russlands Präsident Wladimir Putin.

(Foto: REUTERS)

Die Finanzkrise und der Ukraine-Konflikt setzen dem österreichischen Aktienmarkt arg zu. Neidisch blickt man dort auf den Dax, der fast wöchentlich neue Höchststände erreicht. Doch ausgerechnet Wladimir Putin sorgt nun für Kursfantasie.

Wie sich die Zeiten ändern. Als Liebling der Anleger stieg der österreichische ATX Index von 2004 bis 2007 um sagenhafte 345 Prozent auf 5000 Punkte. Treiber dieser Entwicklung war die EU-Osterweiterung in diesem Zeitraum um zwölf Staaten - unter anderem Nachbarn wie Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien. Österreich war historisch sowie geografisch prädestiniert, von dieser Entwicklung zu profitieren und engagierte sich vornehmlich in den Ländern der ehemaligen Donaumonarchie. Die größten österreichischen Unternehmensübernahmen im Ausland fanden fast alle während dieser Zeit und in Osteuropa statt. Insbesondere die Banken investierten kräftig.

ATX
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Aber die überzogenen Wachstumserwartungen konnten nicht erfüllt werden. Nach dem Boom folgte die Ernüchterung und der ATX fiel von 2007 bis 2009 auf 1376 Zähler. Osteuropa ist eben nicht das neue China. Dennoch entwickelt sich die Region positiv und ist nach Deutschland der wichtigste Absatzmarkt für Österreich, das mittlerweile als Ost-West-Drehscheibe fungiert. Damit wird der ATX für ausländische Investoren immer stärker als eine Spekulation auf Osteuropa wahrgenommen.

Von Russland abhängig

Dementsprechend wirkt sich der Ukrainekonflikt negativ auf die Aktienmarktentwicklung aus. Einerseits erhöht sich die Unsicherheit in der gesamten Region, andererseits treffen die EU-Sanktionen gegen Russland Österreich besonders hart. Nach einer Studie von Ernst & Young geben etwa 22 Prozent der mittelständischen Unternehmen an, negative Auswirkungen der Sanktionen zu spüren. Etwa 1200 Unternehmen sind direkt betroffen, und rund 50.000 Arbeitsplätze hängen von den Handelsbeziehungen mit Russland ab. Für den ATX hängt viel vom Ausgang des Ukrainekonflikts ab.

Dabei könnte das Einlenken Wladimir Putins neue Impulse geben. Mit der Einigung über einen Waffenstillstand Mitte Februar und der bisher gelungenen Umsetzung dürfte Spielraum für eine Lockerung der Sanktionen bestehen. Diese laufen im Juli aus. Eine vollständige Beendigung ist zu diesem Zeitpunkt zwar äußerst fraglich, aber auf westlicher Seite ist ebenfalls Bewegung zu beobachten. Die europäische Phalanx ist brüchig geworden. Rund die Hälfte der EU-Mitglieder spricht sich gegen eine Fortführung der Sanktionen aus, da die wirtschaftlichen Einbußen erheblich sind. Sollte der begonnene Friedensprozess fortgeführt werden, könnte Osteuropa und damit dem ATX ein Comeback bevorstehen.

Erste Anzeichen einer Neubewertung liegen bereits vor. Der ATX hat dieses Jahr bereits um über 21 Prozent zugelegt und ist dem Dax - der bereits 26 Prozent ansteigen konnte - dicht auf den Fersen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15,35 ist der ATX außerdem noch moderat bewertet. Interessant erscheint die finanzlastige Zusammensetzung. Rund 30 Prozent der Marktkapitalisierung machen Banken und Versicherungen aus. Allein die Erste Bank Group steht für 13 Prozent der Indexgewichtung. Gleichzeitig liegt die gesamte Marktkapitalisierung des ATX bei rund 77 Milliarden Euro. Damit ist der gesamte Index ist etwas weniger Wert als die Allianz AG.

Daraus ergeben sich interessante Möglichkeiten. Zum einen dürfte mit einer Entspannung im Ukrainekonflikt die Risikoprämie für ein Osteuropa-Engagement deutlich sinken, wovon gerade die stark investierten Banken und Versicherungen profitieren könnten. Zusätzlichen Rückenwind erhält der Finanzsektor durch das Anleihekaufprogramm der EZB. Zum anderen könnte bei einer Wiederentdeckung des ATX durch ausländische Investoren die geringe Marktkapitalisierung dazu führen, dass bereits eine moderate Nachfrage auf ein verknapptes Angebot stößt und den Aktienkursen deutlich Auftrieb verleihen könnte.

Konstruktive Charttechnik

Auch von Seiten der Charttechnik bleibt es spannend. Aktuell handelt der Index an der oberen Begrenzung einer großen Dreiecksformation, die sich seit sechs Jahren aufbaut. Eine Überwindung wäre ein deutlich positives Signal. Sollte es dem Index im Anschluss gelingen, das Jahreshoch 2014 bei 2730 Punkten herauszunehmen wäre eine wichtige Hürde für eine mittelfristige Bodenbildung erklommen.

Der ATX ist eng mit der Entwicklung in Osteuropa verbunden. Eine signifikante Entspannung im Ukraine-Konflikt könnte daher zu einer Neubewertung des Aktienmarktes führen, der aufgrund seiner Zusammensetzung und Marktkapitalisierung deutliches Aufwärtspotenzial entwickeln könnte. Anleger sollten auch die Marke von 2.730 Punkten im Blick behalten. Charttechnisch steht die Überwindung dieser Hürde für eine gelungene Bodenbildung.

Quelle: ntv.de

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