Wirtschaft

Spiel mit geborgten Gewinnen Ölmultis finanzieren Dividenden auf Pump

Wegen der niedrigen Ölpreise zahlen BP, Shell & Co. ihre Dividenden aus der Substanz. Wie lange geht das gut?

Wegen der niedrigen Ölpreise zahlen BP, Shell & Co. ihre Dividenden aus der Substanz. Wie lange geht das gut?

(Foto: REUTERS)

Die Aktien von BP, Shell und Total sind bei Investoren vor allem wegen der hohen Dividenden gefragt. Doch die bezahlen die Ölgiganten zunehmend mit geliehenem Geld - ein Hindernis für steigende Kurse?

Ob die Erholung beim Ölpreis weitergeht fragen sich nicht nur viele Investoren, sondern auch die großen Öl-Firmen. Zuletzt hatte das schwarze Gold vor allem vom sinkenden Dollar profitiert. Auch die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten waren überraschend stark. Etliche andere Konjunkturdaten schwächeln aber weiterhin, weshalb Börsianer davon ausgehen, dass die US-Notenbank auf absehbare Sicht die Zinsen niedrig lassen wird. Das belastet den Dollar und stützt den Ölpreis.

In den vergangenen zwei Monaten war er vor allem wegen der sehr hohen Benzinlagervorräte in den USA im Rückwärtsgang. „Nachdem die Ölmultis seit Mitte 2014 unter dem zwischenzeitlichen Verfall der Ölpreise gelitten hatten, ist zuletzt ein weiteres Problem hinzugekommen, nämlich der Einbruch der Margen im Raffineriegeschäft, die lange Zeit die Ergebnisse der Konzern gestützt hatten“, mahnt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Broker CMC Markets. Deswegen hatten BP, Royal Dutch Shell und auch der US-Ölmulti Exxon die Anleger im zweiten Quartal herb enttäuscht. So war der bereinigte Gewinn von Shell mit 1,05 Milliarden Dollar auf ein Elf-Jahres-Tief eingebrochen und lag damit unter der Hälfte der von Analysten erwarteten 2,16 Milliarden Dollar.

Schuldenspirale dreht sich weiter

Trotz der mauen Gewinne wollen die Ölmultis ihre Investoren mit hohen Dividenden bei der Stange halten. Die Konzerne können die Ausschüttungen aber schon längst nicht mehr aus dem operativen Geschäft bezahlen. Vielmehr müssen sie dafür weiterhin kräftig Schulden machen: Die Nettoschulden von BP sind im zweiten Quartal um 900 Millionen Dollar auf 30,9 Milliarden Dollar geklettert. Ein Jahr zuvor waren es nur 24,8 Milliarden Dollar.

Entsprechend sind die Nettoschulden im Verhältnis zum Eigenkapital auf 24,7 Prozent gestiegen. Ein Jahr zuvor lag dieses sogenannte Gearing erst bei 18,8 Prozent. Vorstandschef Bob Dudley tritt daher noch stärker auf die Ausgabenbremse und hat im ersten Halbjahr lediglich 8,1 Milliarden Dollar für Investitionen aufgewendet. Im Gesamtjahr sollen es nun weniger als 17 Milliarden Dollar sein, gegenüber der bisherigen Prognose von „rund“ 17 Milliarden Dollar. Dudley will die Kosten weiter drücken, damit ein Ölpreis von 50 bis 55 Dollar die Dividendenzahlungen und die Investitionen finanziert.

Ölpreis muss steigen

Beim Konkurrenten Shell waren die Nettoschulden wegen der 54 Milliarden Dollar schweren Übernahme der britischen BG Group und den hohen Dividendenzahlen zuletzt auf ein Rekordniveau von 75 Milliarden Dollar gestiegen. Das Gearing erhöhte sich dadurch auf 28,1 Prozent. Das ist der höchste Wert seit mindestens 16 Jahren. Damit hat der Konzern das von Vorstandschef Ben Van Beurden gesetzte Ziel von 30 Prozent nahezu erreicht. Wegen der sehr niedrigen Zinsen will Shell dennoch weiter Schulden machen. Allerdings senkt Van Beurden die Investitionen und die Ausgaben weiter und verkauft Vermögenswerte, um frisches Geld in die Kasse zu bekommen.

Trotz der jüngsten Kursrally liegt die Dividendenrendite von BP immer noch bei attraktiven 7,3 Prozent für 2016 und bei 5,5 Prozent für Total. Damit sind die Papiere angesichts der immer weiter sinkenden Zinsen für Staatsanleihen aus Industriestaaten ein interessantes Investment. Total strebt an, 2017 die Dividendenzahlungen an seine Aktionäre ohne neue Schulden zu stemmen. Dazu würde ein Ölpreis von 60 Dollar je Barrel ausreichen. Damit die Rechnung aufgeht, muss die Erholung in den nächsten Monaten also unbedingt weitergehen. Sonst bezahlen die Multis ihre Ausschüttungen künftig weiter aus der Substanz.

Quelle: ntv.de

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