Wirtschaft

Jeder siebte Stuhl wackelt Microsoft streicht 18.000 Stellen

Top-Manager im kurzärmligen Poloshirt: Microsoft-Chef Satya Nadella räumt in der Personalkartei auf.

Top-Manager im kurzärmligen Poloshirt: Microsoft-Chef Satya Nadella räumt in der Personalkartei auf.

(Foto: REUTERS)

Der US-Softwarekonzern Microsoft bestätigt Gerüchte über einen umfangreichen Jobabbau: Die Einschnitte gehen dabei sehr viel tiefer als befürchtet. Am härtesten dürfte der Plan die früheren Nokianer treffen.

Ein kalter Wind weht durch die Büroetagen des Softwareeiesen: In einer Art Befreiungsschlag streicht Microsoft binnen eines Jahres weltweit 18.000 Stellen. Der Schritt sei Teil eines "Restrukturierungsplans", durch den die kürzlich von Nokia übernommene Handy- und Tabletsparte in den Konzern eingegliedert werden solle, teilte Microsoft mit.

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Konzernchef Satya Nadella bestätigte die Gerüchte über bevorstehende Einschnitte in einer E-Mail an die Angestellten. Fünf Monate nach seinem Amtsantritt an der Spitze des Softwarekonzerns gibt Nadella damit den umfangreichsten Stellenkahlschlag der Unternehmensgeschichte bekannt. Bisher zählt das Unternehmen 127.000 Angestellte weltweit. Von der Entlassungswelle ist also etwa jeder siebte Beschäftigte betroffen - oder gut 14 Prozent der Belegschaft, wie US-Medien betonen.

In Deutschland sind offenbar nur wenige Mitarbeiter von den Kürzungsplänen betroffen. Es handle sich um eine "zweistellige Anzahl von Beschäftigten", sagte ein Sprecher von Microsoft Deutschland. Welche Standorte betroffen sind, konnte er nicht sagen. "Wir erarbeiten erst die konkreten Schritte für die Restrukturierung des Unternehmens." Die Deutschland-Zentrale von Microsoft befindet sich in Unterschleißheim bei München.

Arbeitgeber hilft bei der Jobsuche

Die Stellenstreichungen seien "schwierig, aber notwendig", um den Konzern strategisch neu auszurichten, schrieb Microsoft-Chef Nadella in seiner Mail an die Mitarbeiter. US-Medienberichten zufolge wird der Stellenabbau größtenteils die erst kürzlich von Nokia übernommene Handy-Sparte betreffen. Allein hier sollen 12.500 Arbeitsplätze wegfallen, heißt es.

Die meisten der betroffenen Mitarbeiter sollen binnen sechs Monaten informiert werden. Nadella versprach Abfindungen und Hilfe bei der Suche nach neuen Jobs. Die Gesamtkosten für den Abbau bezifferte Microsoft auf 1,1 bis 1,6 Milliarden Dollar vor Steuern, verteilt über die nächsten vier Quartale. Der komplette Jobabbau soll bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen werden.

Microsoft hatte die Übernahme der Nokia-Sparte im vergangenen Herbst angekündigt und im April vollzogen. Der US-Konzern versucht so, auf dem immer wichtiger werdenden Markt für Smartphones und Tabletrechner Anschluss an die Konkurrenz zu finden. Der finnische Nokia-Konzern trennte sich dabei von seinem bisherigen Kerngeschäft. Beim Kauf des Nokia-Handygeschäfts hatte der Windows-Konzern nicht nur Knowhow und Patente, sondern auch rund 30.000 Mitarbeiter von Nokia übernommen. Fast die Hälfte davon kann sich nun auf eine baldige Entlassung einstellen.

Auch die betroffenen Mitarbeiter in Deutschland sollen innerhalb eines halben Jahres benachrichtigt werden, sagte ein Microsoft-Sprecher. Tatsächlich würde der hierzulande geplante Stellenabbau aufgrund der vergleichsweise geringen Zahl aber schneller vonstattengehen.

Deutlich mehr als befürchtet

An der Börse hatten Analysten bereits mit strukturellen Veränderungen bei Microsoft gerechnet. Dort kam die Bekanntgabe der Streichpläne sehr gut an: Die Microsoft-Aktie legt im frühen US-Geschäft um 1,9 Prozent auf 44,93 Dollar zu - gegen den Gesamttrend an der Wall Street, wo es leicht abwärts geht.

Zum Tiefpunkt am 27. Dezember 2009 hatte die Aktie gerade noch 15,15 Dollar gekostet, seitdem hat sie also satte 200 Prozent gutgemacht. Und der massive Rückschlag vom Allzeithoch Ende 1999 bis 2009 ist nun bereits zu 68 Prozent wieder aufgeholt worden. So hoch wie zuletzt stand das Papier im April 2000. Und auch in diesem Jahr hat die Aktie beeindruckt. Seit Jahresbeginn schlägt ein Plus von 23 Prozent zu Buche, während der Dow-Jones-Index gerade mal um 3,4 Prozent zugelegt hat.

Nadella hatte die Mitarbeiter bereits auf einen Strategiewechsel hin zu Online-Diensten vorbereitet. Am 22. Juli legt Microsoft aktuelle Quartalszahlen vor. Neben den Einschnitten bei den früheren Nokianern entfallen die übrigen 5500 zur Streichung vorgesehenen Arbeitsplätze auf Konzernbereiche, die im Zuge des Strategiewechsels hin zu Mobil- und Online- genutzten Softwareanwendungen an Bedeutung verlieren.

Konkrete Spekulationen über anstehende Einschnitte waren Anfang der Woche aufgekommen. In US-Medienberichten hatte es geheißen, Microsoft plane einen Stellenbau im Zusammenhang mit der Übernahme des Handy-Geschäfts von Nokia. Zunächst war vom größten Jobabbau bei Microsoft seit fünf Jahren die Rede. Die aktuellen Stellenstreichungen übertreffen die ursprünglich am Markt erwartete Zahl von 5800 Arbeitsplätzen um mehr als das Dreifache.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/DJ/dpa

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