Technik

"Falsche Entscheidungen getroffen" Microsoft kämpft um die Xbox - und mehr

Phil Spencer führt seit Anfang des Jahres die Xbox-Sparte.

Phil Spencer führt seit Anfang des Jahres die Xbox-Sparte.

(Foto: picture alliance / dpa)

Wenn Köpfe rollen, folgen neue Ideen. Was Nutzer wollen, sollen sie bekommen. Zwei Prinzipien, gegen die sich Microsoft lange gesträubt hat. Doch genau so soll die wankende Xbox-Sparte stabilisiert werden. Ist es zu spät?

Der Sturm tobt mit voller Kraft. Viele hat er bereits aus ihren Positionen gefegt. Windows-Chef Steven Sinofsky. Die Xbox-Köpfe Don Mattrick und Marc Whitten. Und nun Steve Ballmer, dieses Urgestein bei Microsoft, nach 34 Dienstjahren. Seit Millenniumsbeginn war er Chef des Konzerns, der mit Apple und IBM die Anfänge des digitalen Zeitalters prägte. Er hat viele Mittelmäßigkeiten und Flops zu verantworten. Dazu zählen auch Windows 8 und der Rohrkrepierer-Start der Xbox One.

Microsoft befindet sich wohl im größten Wandel der Firmengeschichte. Konzernchef Satya Nadella übernahm bereits Anfang Februar die Geschäfte von Ballmer und kündigte an, vor allem die Bereiche Mobil und Cloud stärken zu wollen. Das Konzept, für unterschiedliche Geräte verschiedene Windows-Betriebssysteme anzubieten, soll bald der Vergangenheit angehören. Auch die Xbox-Sparte muss sich beweisen.

Erster Schritt: Fehler eingestehen

Hat das Feld endgültig geräumt: Steve Ballmer.

Hat das Feld endgültig geräumt: Steve Ballmer.

(Foto: imago stock&people)

Während sich Windows auf seine Geschäftskunden stützen kann, muss der US-Konzern jeden Kunden für die Xbox neu werben. Im zweiten Quartal des Jahres verkaufte Microsoft 1,1 Millionen Spielkonsolen und damit nur 100.000 mehr als 2012 - und da gab es noch keine Xbox One. Der verantwortliche Don Mattrick musste bereits vergangenes Jahr seinen Posten räumen. Mattrick stand der der Gesamtabteilung Interaktive Unterhaltung, damit auch Xbox, vor und musste sich nur mit Ballmer abstimmen. Auch der Entwicklungschef der Konsole, Marc Whitten, ist nicht mehr da.

Microsoft
Microsoft 399,04

Nun befindet sich Phil Spencer seit einigen Monaten an der Spitze der Xbox-Sparte. Er führt zudem die Spieleentwicklung in den hauseigenen Microsoft Studios. Im April räumte Spencer Fehler in Sachen Xbox One ein: "Wir haben falsche Entscheidungen getroffen, die wir überdenken mussten."

Die Neujustierung der Sparte war zu diesem Zeitpunkt schon beschlossen, sagt Gregor Bieler von Microsoft Deutschland im Gespräch mit n-tv.de: "(Spencer) hat uns einen klaren Kurs verordnet." Bieler ist Chef des Consumer-Bereichs und agiert direkt unter Deutschland-Chef Christian Illek. Auch er ist erst seit Januar im Unternehmen. Der neue Kurs ist, wenig überraschend vor dem Hintergrund von Spencers Vorgeschichte, die Fokussierung auf Spiele. Das wurde auf der Electronic Entertainment Expo (E3) im Juni deutlich, und auch bei der Gamescom in Köln.

"Der Gamer steht im Zentrum", sagt der deutsche Manager, und nennt auch direkt den Grund: Es sei das, was den Konsolenverkauf treibt. Bei dem gibt es einige Luft nach oben. Sony hat mit Ausnahme von Dezember 2013 immer mehr Playstation 4 verkauft, als Microsoft Xbox One - im zweiten Quartal 2014 im Verhältnis drei zu eins. Trotzdem sind die Verkäufe nicht schlecht, so Bieler gegenüber n-tv.de: "Die Zahlen der Xbox-One-Markteinführung übertreffen die der 360 um 76 Prozent." Im hausinternen Vergleich sei man damit zufrieden.

Fragen stellen statt Fakten schaffen

Der Widerstand gegen die ursprünglich geplanten Neuerungen aus dem Spielerlager sowie die besseren Zahlen des japanischen Konkurrenten haben im Endeffekt dazu geführt, dass sich Microsoft wohl endgültig von seinem alten Geschäftsmuster verabschiedet hat. Den Nutzern wird weniger vorgesetzt, sondern sie werden gefragt, zuletzt 400.000 Xbox-Nutzer. Seit Juni gibt es die Xbox One auch ohne die Bewegungs- und Sprachsteuerung Kinect, dafür aber für den gleichen Preis wie die Playstation 4. Zudem liefert Microsoft nun monatliche Software-Updates.

Die "Unterhaltungszentrale im Wohnzimmer", wie der Konzern seine neue Hardware lange beworben hatte, brachte viele Spieler gegen die Xbox One auf. Vor diesem Hintergrund muten die Nutzungsdetails der Konsole paradox an. Nur die Hälfte der Zeit werde überhaupt gespielt, habe eine eigene Erhebung ergeben, heißt es von Microsoft Deutschland. Den Rest der Zeit werden demnach andere Angebote genutzt, etwa Filme geguckt. "Ich war total überrascht", gibt Bieler zu. "Jedes Mal, wenn wir diese Geschichte erzählen, heißt es wieder: Ihr vergesst die Gamer. Das stimmt aber nicht."

Entweder gibt es also einen großen Unterschied zwischen den von Spielern geäußerten Wünsche und ihrem eigentlichen Nutzungsverhalten - oder die Spieler verstehen es schlicht besser, ihre Forderungen in die Öffentlichkeit zu transportieren, während alle anderen stillhalten.

Ein Rückzug aus dem Geschäft mit Spiele-Hardware kommt für das Unternehmen laut Bieler nicht infrage: "Für uns hat sich nichts an der Bedeutung der Xbox verändert. Wir werden die Xbox stetig weiterentwickeln und weiter vermarkten." Dafür hat sich Microsoft einen klaren Kurs in Sachen Außendarstellung verordnet: Spiele, Spiele und nochmals Spiele. Manches deutet darauf hin, dass der Sturm der Veränderungen im Konzern bald schwächer wird. Kam er zur rechten Zeit, werden für die Xbox-Sparte bessere Zahlen bleiben.

Quelle: ntv.de

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