Wirtschaft

Aktie ist größter Dax-Verlierer Merck patzt bei den Überraschungen

Anleger nehmen Gewinne bei Merck mit.

Anleger nehmen Gewinne bei Merck mit.

(Foto: picture alliance / dpa)

Umsatz gestiegen, Vorsteuerergebnis ebenso - dennoch steht beim Aktienkurs von Merck ein deutliches Minus. Die Anleger lesen zwischen den Zeilen und finden ein Manko.

In einem äußerst positiven Marktumfeld fallen die Merck-Aktien aus dem Rahmen. Die Titel des Dax-Wertes gaben zeitweise mehr als zwei Prozent nach, schlossen am Ende 1,7 Prozent leichter und waren damit größter Dax-Verlierer. Der Grund dafür lag im Geschäftsbericht für das abgelaufene Quartal. Händler und Marktexperten sahen in dem Kursabschlag aber kein Problem.

Merck KGaA
Merck KGaA 144,65

Vor allem der Zukauf von AZ Electronic Materials und günstigere Wechselkurse bescherten dem Merck-Konzern ein solides Quartal. Umsatz und operatives Ergebnis (EBITDA vor Sondereinflüssen) legten deutlich zu. Die Jahresprognosen präzisierte das Unternehmen zudem. Alle drei Unternehmensbereiche seien in einem herausfordernden Umfeld gewachsen, sagte Konzernlenker Karl-Ludwig Kley.

In den Monaten Januar bis März setzte Merck mit 3,04 Milliarden Euro knapp 16 Prozent mehr um als im Vorjahr. Organisch ist Merck allerdings nur um 1,3 Prozent gewachsen. Das um Sondereinflüsse bereinigte operative Ergebnis (EBITDA) kletterte begünstigt von positiven Währungskursen um knapp 6 Prozent auf 853 Millionen Euro. Es wurde auf der anderen Seite belastet von höheren Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sowie rückläufigen Lizenzerlösen. Zudem dämpften höhere Aufwendungen für Marketing und Vertrieb.

Unter dem Strich verdiente Merck mit 282 Millionen Euro knapp 13 Prozent weniger als im Vorjahr. Das Nettoergebnis wurde belastet durch Finanzierungskosten im Vorfeld der geplanten Sigma-Aldrich-Akquisition.

Prognosen präzisiert

Im Gesamtjahr rechnet Merck weiter mit einem leichten organischen Umsatzanstieg und einem leichten Portfolioeffekt aufgrund der Berücksichtigung von AZ über ein volles Geschäftsjahr. Auch starke positive Währungseffekte werden den Umsatz antreiben. Erstmals nannte Merck nun konkrete Zahlen und kündigte einen Anstieg der Umsatzerlöse auf 12,3 bis 12,5 Milliarden Euro im Jahr 2015 an. Dabei weist Merck seit dem ersten Quartal 2015 zugunsten einer besseren Steuerung seiner Unternehmensbereiche Provisionserträge als Teil der Umsatzerlöse aus. Die getroffenen Prognosen ändern sich hierdurch jedoch nicht.

Für das EBITDA vor Sondereinflüssen plant Merck, im Jahr 2015 einen Wert zwischen 3,45 und 3,55 Milliarden Euro zu erreichen. Dabei sind erhöhte Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen im Unternehmensbereich Healthcare, eine rückläufige Entwicklung des Multiple-Sklerose-Medikaments Rebif in den USA und Europa sowie der Wegfall von Lizenzeinnahmen eingerechnet. Der Business Free Cash Flow wird voraussichtlich zwischen 2,4 und 2,5 Milliarden Euro liegen.

Die Prognose berücksichtigt noch nicht die Übernahme des US-Laborausrüsters Sigma-Aldrich, die zur Jahresmitte vollzogen werden soll. Mit Sigma-Aldrich erwartet Merck früheren Angaben zufolge beim Umsatz zweistellige Wachstumsraten. Auch das EBITDA vor Sondereinflüssen und der Business-Free-Cash-Flow würden dann gegenüber 2014 sehr stark steigen. Die größte Akquisition in der Firmengeschichte für 13 Milliarden Euro, ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Die letzten kartellrechtlichen Freigaben stehen noch aus.

Healthcare unerwartet schwach

In der Sparte Healthcare, in der Merck seit diesem Jahr das Pharmageschäft Merck Serono sowie das Geschäft mit frei verkäuflichen Mitteln (Consumer Health) bündelt, stiegen die Umsatzerlöse im ersten Quartal um 7,4 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Die Zunahme war hauptsächlich positiven Währungseffekten geschuldet, organisch wuchsen die Erlöse nur um 0,3 Prozent.

Hier machte sich der starke Wettbewerbsdruck für das umsatzstärkste Mittel von Merck, Rebif, zur Behandlung von Multiple Sklerose, bemerkbar. Das Mittel, das gespritzt werden muss, wird von Konkurrenzprodukten in Nordamerika und Europa bedroht, die oral eingenommen werden können. Rebif verzeichnete einen organischen Umsatzrückgang von knapp 16 Prozent. Dank günstiger Währungskurse erlöste Merck noch 430 Millionen Euro mit Rebif, nach 459 Milionen Euro im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

Das Krebsmedikament Erbitux musste einen organischen Umsatzrückgang um knapp 6 Prozent auf 205 Millionen Euro hinnehmen. Leicht zulegen konnte dagegen das Medikament zur Behandlung von Unfruchtbarkeit Gonal-f, das den Umsatz organisch um 1,7 Prozent verbesserte und Erlöse von 164 Millionen Euro erzielte. Das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen (EBITDA) der Sparte Healthcare fiel um knapp 4 Prozent auf 461 Millionen Euro zurück. Positive Währungskurseinflüsse konnten hier die höheren Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, ausgelaufene Lizenzerlöse und die Rückgänge bei Rebif nicht ausgleichen.

Das Pharmageschäft hat Merck in den zurückliegenden Jahren umgebaut und auf mehr Profitabilität getrimmt. Die Pharmaforschung will Merck auf die Bereiche Immunonkologie, Immunologie und Onkologie konzentrieren. Mitte November hatte Merck eine weltweite strategische Kooperation in der Immunonkologie mit dem US-Konkurrenten Pfizer bekannt gegeben. In die Immunonkologie will Merck in diesem Jahr stark investieren. Bis zu sechs zulassungsrelevante Studien sollen dieses Jahr starten, unter anderem für Magenkrebs und Blasenkrebs.

 "Solide" reicht nicht

Als "solide" stufte Analyst Peter Spengler von der DZ Bank die Geschäftszahlen von Merck ein. Die Abweichungen von den Vara-Konsensschätzungen seien nur minimal. Zudem sei dieser Konsens durch zu optimistische Prognosen für das Medikament Rebif etwas verzerrt worden.  Die neue Jahresprognose für 2015 decke sich mit dem Konsens und den hauseigenen Schätzungen, betonte der Analyst. Es gebe keine spektakulären Ausreißer gegenüber den Erwartungen, sagte ein Händler.

Als "völlig in Ordnung" bezeichnete ein anderer Marktteilnehmer das Kursminus. Operativ sei es bei den Medikamenten nicht so gut gelaufen wie erhofft. "Und der Healthcare-Bereich macht die Musik bei der Bewertung von Merck", sagte er. Daher nütze es nichts, wenn dies durch Gewinne aus anderen Sparten oder Währungsgewinne überdeckt werde.

n-tv-Börsenexpertin Sabrina Marggraf verwies auf das bisherige Kursplus in diesem Jahr, das rund 30 Prozent betrage und den Markt geschlagen habe. Das Papier sei "sehr gut gelaufen". Der Abschlag daher kein Drama.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts

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