Wirtschaft

"Deutsche Airlines sind robust" Luftverkehr zieht positive Bilanz

Die Luftverkehrsbranche zieht Halbjahresbilanz.

Die Luftverkehrsbranche zieht Halbjahresbilanz.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Verkehr über den Wolken wächst. Die Flughäfen profitieren. Aber die Airlines kämpfen gegen die Belastungen durch die Luftverkehrssteuer. Experte Schellenberg lobt den Tatendrang. Es sei gut, dass sie nicht mehr "beleidigt" seien.

Die schlechte Nachricht zuerst: Die deutschen Fluggesellschaften fliegen der internationalen Konkurrenz immer noch hinterher. Die gute Nachricht ist: Auch der Luftverkehr in Deutschland wächst. Das geht aus der Halbjahresbilanz des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hervor.

Die Luftverkehrsbranche profitierte zuletzt vor allem vom billigen Kerosin und der wachsenden Konkurrenz am Himmel. Fliegen ist für Reisende so attraktiv wie lange nicht. Gut 100 Millionen Passagiere nutzten im ersten Halbjahr die deutschen Flughäfen. Laut Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) entspricht das einem Zuwachs von 4,4 Prozent. Vergleichsweise langsam stieg nach BDL-Angaben allerdings die Zahl der Passagiere, die bei deutschen Airlines buchten. Hier war das Wachstum um 0,8 Prozent auf insgesamt 71,8 Millionen Passagieren nur gering.

Die größte Herausforderung für die Airlines ist laut BDL das Nachtflugverbot und die Luftverkehrssteuer in Deutschland. Beides schmälert die Gewinne - vor allem die der deutschen Airlines. Die Steuer fällt bei jedem Flug an, der von Deutschland aus startet. Insgesamt zahlten die vier deutschen Airlines seit der Einführung der Luftverkehrssteuer bereits 2,4 Milliarden Euro an den Fiskus; allein im vergangenen Jahr gut eine Milliarde. Geld, das den Konzernen nach Aussage des Branchenverbands für nötige Investitionen fehlt. Wie stark eine solche Besteuerung das Wachstum hemmen kann, sieht man nach Angaben des BDL am Beispiel Irland, wo der Steuersatz seit dem 1. April vergangenen Jahres null Euro beträgt. Hier boomte der Luftverkehr zuletzt mit 13 Prozent.

Die Nase vorn in der Branche haben weiterhin die Billig-Airlines und die arabischen Fluggesellschaften. Während die Airlines weltweit im Schnitt eine operative Marge in Höhe von 4,6 Prozent erzielten, erwirtschafteten die deutschen Fluggesellschaften nur einen Gewinn in Höhe von 0,9 Prozent vom Umsatz. Die Kostenbelastung durch die deutsche Luftverkehrssteuer betrug im Jahr 2014 demnach im Schnitt 1,7 Prozent vom Umsatz - damit war sie fast doppelt so hoch wie die operative Marge. Selbst im europäischen Vergleich sei der Luftverkehrsstandort Deutschland Mittelmaß, kritisiert der BDL.

"Deutsche Airlines haben sich emanzipiert"

Luftfahrtexperte Cord Schellenberg stellt den deutschen Airlines dennoch ein gutes Zeugnis aus. Die Deutsche Lufthansa und Air Berlin präsentierten sich "robust", Lufthansa fliege Gewinne ein und Air Berlin arbeite immerhin daran. Die Airlines hätten sich emanzipiert. Endlich seien sie aus der "Phase des Beleidigtseins" heraus.

Gemeint ist, dass die Airlines auf den wachsenden Druck endlich reagiert haben. So hat die Deutsche Lufthansa die größte Umstrukturierung seit Jahrzehnten eingeleitet. Das alte Tarifsystem wird unter dem durch den Germanwings-Absturz von vor vier Monaten leidgeprüften neuen Konzernchef Carsten Spohr komplett umgekrempelt. Erst vor wenigen Wochen erklärte sich die Pilotengewerkschaft Cockpit (VC) nach Monaten des Tauziehens zu erstaunlichen Zugeständnissen bereit. Die Lufthansa verspricht sich davon deutlich höhere Margen. Außerdem hat sich der Konzern ein neues Preismodell nach dem Vorbild der Billig-Konkurrenz verordnet. Die deutsche Fluggesellschaft Air Berlin sucht ihr Heil derweil in gemeinsamen Codeshare-Flügen mit ihrem Partner Etihad Airways, der staatlichen Fluggesellschaft des Emirats Abu Dhabi. Diese sollen allerdings jetzt vom Bundesverkehrsminister beschränkt werden. Drei Länderchefs wehren sich dagegen und fordern, dass die Partnerflüge mit Etihad so wie bisher weitergeführt werden.

Kleine Flughäfen freuen sich über neue Kundschaft

Auch viele Flughäfen in Deutschland liegen trotz steigender Passagierzahlen in Deutschland im internationalen Vergleich zurück. Aber auch hier erkennt Schellenberg gesundes Wachstum - insbesondere im Bereich der Niedrigpreis-Flieger.

Die britische Fluggesellschaft Easyjet baut Berlin und Hamburg als Standorte weiter aus. Gleichzeitig sucht sie sich neue Regionalflughäfen. Ab Mitte Dezember können Kunden zwei Mal pro Woche von Friedrichshafen nach London fliegen. Zunächst nur während der Wintersaison. Aber immerhin. Für die nicht ausgelasteten kleineren deutschen Flughäfen ist die neue Kundschaft ein Segen.

Ryanair hat für den Standort Deutschland eine richtige Kampfansage gemacht. Die irische Billiglinie will ihren Marktanteil hierzulande um 20 Prozent steigern. Schon im September sollen innerdeutsche Flüge wieder ins Flugprogramm aufgenommen werden. Laut der britischen "Financial Times" (FT) plant der Konzern, der derzeit fünf deutsche Flughäfen anfliegt, fünf weitere Flugzeuge samt Crew am Berliner Flughafen Schönefeld zu stationieren.

Trotz allen erkennbaren Wachstums werde die Lage für die deutsche Flugbranche aber schwierig bleiben, so der Luftfahrtexperte weiter. Auf staatliche Hilfe können die deutschen Airlines nicht hoffen. "Berlin scheint mit den Einnahmen durch die Luftverkehrssteuer zufrieden zu sein", so der Luftfahrtexperte. "Grund genug, daran festzuhalten". Nach Expertenberechnungen könnte es dem Fiskus mehr einbringen, wenn er die Branche durch günstigere Rahmenbedingungen stimuliert. Aber die Rufe nach Abschaffung der Luftverkehrssteuer sind bisher verhallt. Die Konzernchefs der deutschen Fluggesellschaften werden sich also weiter ins Zeug legen müssen, wenn sie mehr vom Kuchen abhaben wollen.

Quelle: ntv.de

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