Wirtschaft

Läuft Pilotenstreik ins Leere? Lufthansa-Fernflüge starten in Frankfurt

Es wird zu streikbedingten Verspätungen kommen.

Es wird zu streikbedingten Verspätungen kommen.

(Foto: REUTERS)

Mögliche Wende im Pilotenstreik bei der Lufthansa: Obwohl die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) in Frankfurt streiken will, sollen alle Maschinen starten. Am Steuer sitzen freiwillige Piloten und solche aus dem Management.

Den Passagieren der Lufthansa bleibt ein weiterer harter Streiktag möglicherweise erspart: Trotz der erneuten Streikdrohung ihrer Piloten will Lufthansa am Dienstag sämtliche Langstreckenflüge ab Frankfurt in die Luft bringen. Die Flüge sollen entweder aus der Streikzeit verschoben oder mit Freiwilligen und Management-Piloten an den Start gehen, kündigte das Dax-Unternehmen an. Der Arbeitskampf der Vereinigung Cockpit (VC) um die Übergangsrenten der rund 5400 Piloten würde so erstmals ins Leere laufen.

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Die VC hatte zuvor die fünfte Streikwelle zwischen 9 und 17 Uhr am Dienstag angekündigt. Lufthansa teilte später mit, es sei geplant, dass alle 40 Interkontinentalflieger aus dem Streikzeitraum starten. Der Streik werde lediglich zu Verspätungen bei 24 Interkontinental-Verbindungen führen, sie aber nicht ausfallen lassen. Lufthansa hatte bereits bei den vorangegangenen Streikwellen Management-Piloten und Freiwillige in ungenannter Zahl eingesetzt.

Beim Streik vom vergangenen Mittwoch in München fanden auch sämtliche Interkontinental-Flüge statt. Absagen im Überseeverkehr sind wegen der nachlaufenden Flugausfälle besonders schmerzhaft für eine Airline. Lufthansa rief betroffene Fluggäste dazu auf, sich über die veränderten Zeiten zu informieren, und kündigte an, registrierte Kunden per SMS und E-Mail zu informieren.

"Streik kreiert schon genug Chaos"

Der Streik treffe Lufthansa auch ohne Flugausfälle hart genug, meinte hingegen VC-Sprecher Markus Wahl. Es sei im Prinzip abzusehen gewesen, dass die Fluggesellschaft die vom Ausfall bedrohten Langstreckenflügen mit einem erheblichen Dispositionsaufwand darstellen könne. Die nun im Einsatz befindlichen Managementpiloten würden ja eigentlich in anderen Funktionen gebraucht. "Unser Streik kreiert bei Lufthansa schon genug Chaos." Für künftige Runden stünden der VC noch weitere Mittel zur Verschärfung des Arbeitskampfes zur Verfügung wie der Verzicht auf Ankündigung, Befristung oder Beschränkungen auf eine Teilflotte. Der Rückhalt sei weiterhin stark.

Hintergrund des festgefahrenen Tarifkonflikts ist der Streit um die Übergangsversorgung der Piloten bei der Lufthansa. Die Fluggesellschaft hatte zuvor scharf auf die neuerliche Streikdrohung der VC reagiert. Es sei ungeheuerlich, dass die Gewerkschaft die für Montag angekündigten Konkretisierungen des Unternehmens zu seinem Verhandlungsangebot nicht abgewartet habe, erklärte ein Sprecher in Frankfurt. "Die VC hat jegliches Maß verloren. Ihr Ziel ist eindeutig der Fluggast."

VC-Sprecher Jörg Handwerg wies den Vorwurf zurück. Zum Mittag veröffentlichte Lufthansa komplexe Berechnungsgrundsätze, nach denen die einzelnen Piloten in den überarbeiteten Vorruhestand treten könnten. Von ihren grundsätzlichen Forderungen nach einem späteren individuellen Eintritt (60 statt 55) sowie einer Anhebung des durchschnittlichen Eintrittsalters (von 58 auf 61) wich die Lufthansa laut ihrer Mitteilung aber nicht ab. Das Unternehmen begründete das ungewöhnliche Vorgehen damit, die Piloten direkt über die Pläne informieren zu wollen.

"Das läuft aus dem Ruder"

Die Pilotengewerkschaft will die Übergangsversorgung auf dem heutigen Stand beibehalten. Derzeit gehen die rund 5400 Piloten und Co-Piloten im Schnitt mit knapp 59 Jahren in den vom Unternehmen bezahlten Vorruhestand - also sechs Jahre vor dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Einzelne können schon ab 55 in den Vorruhestand wechseln.

"Das läuft aus dem Ruder", beurteilte der Luftverkehrs-Analyst Jürgen Pieper von der Privatbank Metzler die Situation. Die Forderungen der "sehr privilegierten" Piloten seien angesichts des harten Wettbewerbs zwar unverständlich, aber letztlich habe auch die Lufthansa selbst zu dem Konflikt beigetragen. "Es sind zu viele Themen gleichzeitig aufgemacht worden."

Hintergrund des Arbeitskampfes ist auch die ablehnende Haltung der VC gegen weitere konzerninterne Billigfluggesellschaften in der sogenannten "Wings-Familie". In einem ähnlichen Konflikt legten am Montag die Piloten der Air France die Arbeit nieder, was auch zu Flugausfällen in Richtung Deutschland führte. Die französischen Gewerkschaften kündigten verschärfte Streiks zur Wochenmitte an.

Erst am vergangenen Mittwoch hatte die Vereinigung Cockpit das nach Frankfurt zweitgrößte Drehkreuz der Lufthansa in München bestreikt und 140 Europa-Flüge ausfallen lassen. Seit April hat die VC in vier Streikwellen bei Lufthansa und ihrer Tochter Germanwings rund 4300 Flüge ausfallen lassen, die Reisepläne von über 480.000 Menschen durcheinandergebracht und dem Unternehmen Millionenverluste zugefügt.

Quelle: ntv.de, Christian Ebner, dpa

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