Wirtschaft

RWE-Chef umgarnt Aktionäre Kommunen schlucken Dividenden-Kröte

RWE-Chef Peter Terium
verteidigt auf der Hauptversammlung den umstrittenen Ausfall der
Dividende gegen die Kritik vor allem der kommunalen
Anteilseigner.

RWE-Chef Peter Terium verteidigt auf der Hauptversammlung den umstrittenen Ausfall der Dividende gegen die Kritik vor allem der kommunalen Anteilseigner.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die RWE-Aktionäre müssen sich auf der Hauptversammlung mit Bockwürstchen und Getränken zufrieden geben. Viel mehr als Naturaldividenden gibt es nicht. Das Geld für die RWE-Aktien ist größtenteils gestrichen.

Die Hauptversammlung von RWE markiert einen radikalen Wendepunkt - für den Konzern wie für die Aktionäre. Die Anteilseigner haben eine dicke Kröte zu schlucken. Zum ersten Mal seit fast 60 Jahren zahlt der kriselnde Stromriese fast keine Dividende mehr. Die Stammaktionäre gehen komplett leer aus, den Inhabern von Vorzugsaktien will RWE zumindest noch 13 Cent je Aktie zahlen. Im vergangenen Jahr hatte RWE noch einen Euro je Anteilsschein ausgeschüttet.

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Vor allem für die ohnehin von der Flüchtlingskrise gebeutelten Kommunen, die mit rund 24 Prozent Anteil am Unternehmen die größte Aktionärsgruppe sind, ist das Dividenden-Aus ein schwerer finanzieller Schock. In den 130 Städten und Kreisen, die an dem Konzern beteiligt sind, hinterlässt es eine spürbare Lücke in den klammen Haushaltskassen. Es dürfte nicht leicht für die Kämmerer werden, für finanziellen Ausgleich zu sorgen. Denn es geht um nennenswerte Summen.

Im vergangenen Jahr hat RWE immerhin 150 Millionen Euro an die kommunalen Einzelaktionäre ausgeschüttet, von denen die größten im Ruhrgebiet sitzen: Dortmund erhielt zuletzt 23 Millionen Euro, Essen 19 Millionen, Mühlheim an der Ruhr neun und Bochum vier Millionen Euro. Die Kämmerer hatten zwar aufgrund der Schwierigkeiten beim Energieriesen mit weniger Geld gerechnet, nicht aber mit einer Null-Runde. Insofern überrascht auch ihre gemäßigte Haltung.

Vertreter der kommunalen RWE-Aktionäre hatten zwar vorab diskutiert, den Vorstand nicht zu entlasten, was ein heftiger öffentlicher Denkzettel für RWE-Boss Peter Terium gewesen wäre. Unmittelbar vor der Versammlung erklärte der Geschäftsführer des Verbandes der Kommunalaktionäre, Ernst Gerlach, aber, die Mehrheit der Kommunen stehe hinter Terium. Der RWE-Chef gab alles, um für seinen Plan zu weben: "Ich weiß, dass Sie als unsere Aktionäre gerade eine schwere Zeit durchleiden. Umso wichtiger ist es mir, RWE wieder zu einem guten Investment zu machen."

Kommunen haben selber Schuld

Die Kommunen müssen sich letztlich selber vorwerfen, geschlafen zu haben. Auf Gedeih und Verderb auf den Erfolg eines einzelnen großen Unternehmens zu setzen, empfiehlt sich für keinen Anleger. Mit ihrer Treue zu RWE haben sie sich selbstverschuldet in eine schwierige finanzielle Lage manövriert.

Aktionärsschützer und Profianleger, wie der Portfoliomanager bei Union Investment, Ingo Speich, finden es deshalb auch richtig, dass es nur eine Naturaldividende in Form von Würstchen gibt. Der Dividenden-Ausfall sei gerechtfertigt. "Er ist hochnotwendig, weil RWE die finanziellen Mittel für die Umstrukturierung und die Neuausrichtung braucht."

Wie die Kommunen in so eine Abhängigkeit von RWE geraten konnten, lässt sich nur im Rückblick erklären: 60 Jahre lang war die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und RWE sehr bequem. Zuverlässig, einmal im Jahr kam ein dicker Scheck. Die Kämmerer konnten damit planen. Und mussten nicht viel dafür zu tun.

Inzwischen haben sich die Zeiten allerdings geändert: RWE-Chef Terium muss dramatisch sparen. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 200 Millionen Euro eingefahren. Deshalb soll RWE aufgespalten werden: in einen alten, problematischen Teil mit den Großkraftwerken und eine Zukunftssparte mit Ökoenergie. Das Ökostromgeschäft soll an die Börse gebracht werden und künftig die Gewinne einfahren. Terium wird künftig diesem Teil vorstehen. Es der radikalste Strategieschwenk in der Unternehmensgeschichte.

Mitgehangen, mitgefangen

Die RWE-Aktien sind zwar seit Jahren immer weniger wert, aber offenbar scheuten sich die Kommunen – so wie viele Privatanleger - davor, die Verluste zu realisieren. Hinzu kommt die enge Verbandelung von Unternehmen und Kommunen seit den 1920er Jahren. Sich voneinander zu lösen, fällt so nicht leichter. Vier kommunale Vertreter sitzen im Aufsichtsrat. Dazu gibt es vier Beiräte. Das entspricht noch einmal 100 Stadtkämmerern – dazu gehören Bürgermeister, Landräte, Stadtwerkechefs, die regelmäßig mit RWE beraten. Es gibt außerdem gemeinsame Stadtwerkebeteiligungen. Und viele Kommunen haben dazu noch RWE als Großkunden. Alles in allem war es schlicht Bequemlichkeit. Düsseldorf gehört zu den wenigen cleveren Städten, die rechtzeitig ihre Anteile verkauft haben. Die meisten anderen sind bei der Stange geblieben.

Den Fehler der Kommunen werden die Steuerzahler tragen müssen, zum Beispiel durch eine höhere Grundsteuer. Auch Personalabbau und Ämterschließungen stehen womöglich an. Aber die meisten werden wohl hoffen, dass das Dividenden-Aus eine einmalige Sache ist. Das ist eine riskante Annahme. Denn an der neuen Öko-Sparte sind die Kommunen nicht so stark beteiligt. Ausgerechnet von dort soll aber künftig der große Teil der Gewinne herkommen. Terium hat die Aktionäre auf der Hauptversammlung auf eine Verschärfung der Krise eingestimmt. "Wenn sich das niedrige Strompreisniveau nachhaltig etabliert, wird die konventionelle Stromerzeugung wirtschaftlich kollabieren."

Quelle: ntv.de

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