Wirtschaft

Euphorische Anleger In diesen Aktien steckt viel heiße Luft

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(Foto: picture alliance / dpa)

Nach der Rekordfahrt erreichen viele Technologieunternehmen gigantische Börsenwerte. Steckt die Börse bereits wieder in einer Blase, die bei schlechten Nachrichten mit einem lauten Knall platzen könnte?

Amazon-Gründer Jeff Bezos war kurzfristig der reichste Mann der Welt. Doch der Aktienkurs verlor nach Bekanntgabe der Quartalsergebnisse deutlich, und Bezos fiel in der Forbes-Rangliste der reichsten Menschen wieder knapp hinter Microsoft-Gründer Bill Gates zurück. Investoren waren vor allem von der schwachen Profitabilität Amazons enttäuscht. Davon lässt sich Bezos allerdings nicht beeindrucken, er investiert weiterhin massiv in den Wachstumskurs. Dieser dürfte mit einem Börsenwert von rund 472 Milliarden Dollar aber längst in der Aktie eingepreist sein.

Das 2018er-Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei stattlichen 90. Und diese hohe Bewertung könnte weiter steigen, wenn die Analysten nach den enttäuschenden Ergebnissen die Gewinnschätzungen für 2017 und 2018 deutlich senken.

Noch mehr heiße Luft steckt in Tesla. Vorstandschef Elon Musk will den Absatz von Elektroautos von 2016 bis 2018 auf 500.000 Fahrzeuge verzehnfachen. Dazu muss allerdings die neue Limousine Model 3 ein gewaltiger Verkaufsschlager werden. Dafür hat sich Musk etwas Besonderes einfallen lassen: Die ersten 30 Kunden erhalten auf einer Übergabefeier ihre Fahrzeuge. Gleichzeitig soll das Geschäft mit Energiespeichern boomen.

Die Euphorie der Investoren hat den Börsenwert auf derzeit rund 53 Milliarden Dollar getrieben, womit Tesla mehr Gewicht auf die Waage bringt als der größte US-Autobauer General Motors (52,4 Milliarden Dollar). Und Tesla fährt noch kräftig Verluste ein, die bis zum Jahr 2018 zwar sinken sollen, aber dann noch rund 500 Millionen US-Dollar ausmachen dürften. Sollte Musk bei der Vorlage der Quartalszahlen am Mittwoch eine schwache Absatzprognose für das Gesamtjahr herausgeben, könnte es einen kräftigen Kursrückschlag bei der Aktie geben.

Netflix verbrennt Geld

Der Börsenwert von Netflix ist sogar auf 78,4 Milliarden Dollar nach oben geschossen, nachdem Investoren das Papier nach der Vorlage starker Quartalszahlen zwischenzeitlich auf neue Rekordwerte getrieben hatten. Der Konzern hatte viel mehr neue Kunden gewonnen als Analysten erwartet hatten. Da sahen Investoren darüber hinweg, dass Netflix wegen massiver Investitionen in Filme und Sendungen einen Free Cashflow von minus 608 Millionen Dollar verbucht hat, also massiv Geld verbrannt hat. Für das Gesamtjahr hat Netflix einen Free Cashflow von minus 2,0 bis minus 2,5 Milliarden Dollar angekündigt. Das ignorieren Investoren offenbar völlig.

Ebenso wie in den USA gibt es auch in Deutschland etliche extrem hoch bewertete Unternehmen. Dazu zählt auch die Aktie von Rocket Internet, die in den vergangenen Jahren kräftig verloren hat. Dennoch liegt der Börsenwert immer noch bei 2,8 Milliarden Euro. Dabei schreibt der Start-up-Entwickler weiterhin rote Zahlen und wird laut den Schätzungen der Analysten im nächsten Jahr einen Verlust von 140 Millionen Euro ansammeln.

Immerhin hat die Firma beim Börsengang des Essens-Lieferdienstes Delivery Hero Ende Juni Anteile im Wert von mehr als 250 Millionen Euro versilbert. Rocket-Internet-Chef Oliver Samwer strebt darüber hinaus an, dass drei Beteiligungen in diesem Jahr den Sprung in die schwarzen Zahlen schaffen. Um welche Beteiligungen es sich dabei handelt, ist nicht bekannt. Wie skeptisch der ehemalige Großinvestor Kinnevik die Perspektiven von Rocket Internet sieht, zeigt, dass die Schweden Anfang Juni ihr Paket an Rocket-Aktien verkauft haben und damit komplett ausgestiegen sind.

Lieferdienste boomen

Deutlich eingetrübt hat sich das Umfeld für die Rocket-Tochter Hello Fresh, einem Lieferanten von Kochboxen mit Lebensmitteln und Rezepten, nachdem die Aktie des US-Konkurrenten Blue Apron in die Nähe des Rekordtiefs gesunken ist. Investoren haben Sorge, dass die Aktie von Delivery Hero einen ähnlichen Kursverlauf wie jene von Rocket nehmen könnte. Der Börsenwert des Essens-Lieferdienstes liegt bei 4,7 Milliarden Euro. Zwar wächst der Markt rasant, wann und ob Delivery Hero jemals Gewinne schreiben wird, ist allerdings offen. Noch fallen Verluste an.

Dagegen erwirtschaftet der Onlinemodehändler Zalando operative Gewinne. Laut den vorläufigen Zahlen lag der bereinigte Wert im zweiten Quartal allerdings bei 80 bis 86 Millionen Euro, was klar unter den Erwartungen der Analysten lag. Daher ist die Aktie nach der Bekanntgabe der Zahlen deutlich abgerutscht. Die anhaltenden Investitionen in Ausbau und Kundenangebote drücken auf die Profitabilität. Umso höher ist Zalando bewertet. Der Börsenwert von 9,3 Milliarden Euro beläuft sich auf das 29-fache des von Analysten für 2018 vorhergesagten operativen Gewinns gemessen am Ergebnis vor Zinsen und Steuern. Da ist eine gewaltige Menge Euphorie eingepreist.

Die vorgestellten Unternehmen aus den USA und Deutschland sind alle ambitioniert bewertet. Zwar kann niemand vorhersagen, ob die Bewertung langfristig gerechtfertigt ist. Aktuell erscheint viel heiße Luft eingepreist, die jederzeit (weiter) entweichen könnte.

Disclaimer: Dieser Beitrag stellt keinerlei Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Aktien oder Anlageprodukten dar. Für die Richtigkeit der Daten wird keine Haftung übernommen.

Quelle: ntv.de

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