Wirtschaft

Von Frankfurt nach Palma Hat Ryanair Applaus verdient?

Ryanair-Chef Michael O'Leary

Ryanair-Chef Michael O'Leary

(Foto: dpa)

Ryanair steht für knallharte Kostenkalkulation. Der Billigflieger holt aus Mitarbeitern, Kunden und Flugzeugen so viel wie möglich heraus. Für den Aktienkurs ist das erfreulich.

Überpünktlich um 8.56 Uhr landete die erste Ryanair-Maschine vom Flughafen Frankfurt/Main am Ziel Palma de Mallorca. Für die Urlauber an Bord mag das ein Grund zum Jubeln sein, für andere allerdings nicht. Denn der Erfolg von Ryanair ist ein Mix aus umstrittenen Arbeitsbedingungen seiner Co-Piloten, üppigem finanziellen Support aus der Provinz und von Provinzpolitikern europaweit und - immerhin dies originär geschaffen - eines überaus effizienten Flottenmanagements.

Ryanair
Ryanair 20,38

Beim Aktienkurs fliegen die Iren der Lufthansa deshalb seit Jahren davon. Was eben auch daran liegt, dass die Iren Steuerschlupflöcher nutzen, so dass man bei Ikea oder Starbucks fast eifersüchtig werden könnte. Ryanair ist damit nicht allein, die norwegische Gesellschaft Norwegian ist ein Bruder im Geiste. Die Skandinavier sind in Irland ansässig, beschäftigen über Leiharbeitsfirmen in Asien Teile der Crews. Vorbild dafür ist die Schifffahrtsbranche mit dem System des "Ausflaggens". Auf den meisten Container- und Kreuzfahrtschiffen europäischer Reedereien arbeiten abgesehen von den Führungspositionen primär asiatische Billiglöhner.

Dazu glaubten Provinzpolitiker - unter anderen in Deutschland von Rheinland-Pfalz bis Thüringen -, dass man die Truppe um Ryanair-Chef Michael O'Leary mit Steuergeldern großzügig einladen solle. In Altenburg war Ryanair solange zu Gast, wie es üppige Zuschüsse gab. Danach sagte man goodbye und wechselte nach Leipzig-Halle. Im Hunsrück wurde primär für Ryanair gar ein alter Militärflughafen zum Flaggschiff ausgebaut, nicht merkend, dass der Airport sich nicht trägt und die Iren nur die Rosinen herauspicken - auch das ist Teil des Börsenerfolgs von Ryanair.

Und nun Frankfurt/Main. Die Präsenz am Drehkreuz der Lufthansa ist nicht nur durch Rabatte möglich, sondern auch dadurch, dass Ryanair über Jahre an Plätzen wie Frankfurt/Hahn gepampert wurde.

Die Aktie von Ryanair stieg seit dem Jahr 2008 von 3 auf 15 Euro - zu verdanken ist dies eben auch den so genannten Contractor-Modell. Das heißt: Die Mehrheit der Ko-Piloten hat keinen festen Arbeitsvertrag mit Ryanair. Sie hat eine Art Ich-AG gegründet, um dann als Selbstständige über Personaldienstleister an Ryanair vermittelt zu werden. Sie arbeiten damit auf eigenes Risiko als Selbstständige für die Airline, die so Kosten wie Krankheits- und Urlaubsgeld oder Sozialversicherungsbeiträge spart.

Verdacht auf Lohnsteuerhinterziehung

Gegen zwei Personaldienstleister ermittelt die Staatsanwaltschaft in Koblenz wegen des Verdachts auf Lohnsteuerhinterziehung. Auch gegen Ko-Piloten wird wegen des Verdachts auf Beihilfe ermittelt – nicht jedoch gegen Ryanair.

Zudem wird in Medien Ryanair immer wieder vorgeworfen, dass für Rendite und Kursgewinn die Sicherheit leiden könne – beispielsweise dadurch, dass Ko-Piloten krank zur Arbeit erscheinen oder dadurch, dass Keronsinvorräte knapp kalkuliert würden. Ryanair weist das zurück.

Passagieren und Aktionären ist all das herzlich egal. Für sie zählen billige Tickets beziehungsweise ein steigender Aktienkurs.

Und wie geht es an der Börse weiter?

In Sachen Flottenmanagement dürfte Ryanair keine Probleme bekommen. Die Iren fliegen ausschließlich einen Flugzeugtypen des Herstellers Boeing, das spart Wartungskosten. Außerdem kann Ryanair bei Bestellungen neuer Maschinen wegen der großen Stückzahl deutliche Rabatte aushandeln. Mittlerweile sind sie mit mehr als 300 Flugzeugen der weltweit größte Nutzer der 737-800 und haben weitere 200 Maschinen der neuen 737 Max in der Pipeline. Das Flottenalter bei Ryanair ist mit im Schnitt fünfeinhalb Jahren ordentlich, zudem verkauft das Unternehmen die Flugzeuge weiter, ehe die ersten größeren Wartungen anstehen. Das Flottenmanagement spart Kosten und bringt Rendite – das ist im Grunde der einzige Renditebringer, den die Iren selbst erfunden haben.

Eine Blackbox ist dagegen der Ölpreis, doch hier dürfte Ryanair durch Absicherungsgeschäfte vorgebeugt haben. 

Sollte sich die öffentliche Meinung zu Steuerpraktiken in der EU allerdings drehen und Kunden sowie Politiker aus den Gebaren von Ikea bis Starbucks, von Amazon bis Ryanair Konsequenzen ziehen, könnte auch der Profit der irischen Überflieger sinken - und Applaus nach einer Landung in Palma trügerisch sein.

Quelle: ntv.de

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