Wirtschaft

Ryanair warnt Harter Brexit könnte Flugverkehr lahmlegen

Ryanair-Maschinen auf dem Frankfurter Flughafen. Bald Seltenheitswert?

Ryanair-Maschinen auf dem Frankfurter Flughafen. Bald Seltenheitswert?

(Foto: REUTERS)

Die britische Wirtschaft fürchtet für die Brexit-Verhandlungen das Schlimmste. Nach März 2019 könnten alle Flüge zwischen Großbritannien und Europa gestrichen werden, warnt Ryanair. Es ist ein Rennen gegen die Zeit.

Britische Unternehmer beobachten den Auftakt zu den Brexit-Verhandlungen mit Argusaugen. Der Verhandlungswille der Londoner Regierung für ein "kühnes und ehrgeiziges Freihandelsabkommen" wie es im offiziellen Antrag auf EU-Austritt heißt, sei zwar konstruktiv - der Brexit-Brief habe den richtigen Ton getroffen, sagt Paul Drechsel, Präsident des europafreundlichen und wichtigsten Unternehmerverbands der Confederation of British Industry (CBI). Gleichzeitig wollen sie die freundschaftlichen Zeilen aber auch nicht zu hoch bewerten. Sie warnen die Politik dringend davor, auf einen Deal mit der Europäischen Union zu verzichten.

Britisches Pfund / Euro
Britisches Pfund / Euro 1,17

Premierministerin Theresa May hatte im Januar einen "harten Brexit" angekündigt. Auch wenn ihr Ton inzwischen gemäßigter ist, schließen britische Regierungspolitiker dieses Szenario immer noch nicht aus. Die Regierung lehnt mit der Personenfreizügigkeit eine der vier Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes ab. Das macht die Verhandlungen zwischen EU und London schwierig. Scheitern die Verhandlungen, kommt es zum "harten Brexit", und das könnte die britische Wirtschaft teuer zu stehen kommen. Es drohen Zölle und andere Handelshemmnisse.

Schon heute muss die Wirtschaft einen hohen Preis für das Streben nach mehr Selbstbestimmtheit von Brüssel zahlen. Das britische Pfund notiert zum Dollar rund 18 Prozent niedriger als vor der Abstimmung. Verantwortlich für die Schwäche der Währung ist vor allem das große Leistungsbilanzdefizit des Vereinigten Königreichs. Die britische Wirtschaft importiert deutlich mehr, als sie exportiert. Der Brexit wird diese Situation noch schlimmer machen: Das Handelsdefizit muss finanziert werden, also ist Großbritannien auf Kapitalimporte aus dem Ausland angewiesen - diese dürften durch den EU-Austritt erschwert werden.

Ryanair Holdings
Ryanair Holdings 20,60

Eine Katastrophe aber wäre es für die Industrie, wenn die Austrittsgespräche ganz platzen und es zu gar keinem Handelsdeal mit der EU kommt. Die Vereinigung des verarbeitenden Gewerbes in Großbritannien, EEF, warnte am Tag des Brexit-Briefes, dass die Handelsbedingungen der WTO "keine Option" seien.

Ein Rennen gegen die Zeit

Auch wenn die versöhnlichen Töne im Brexit-Brief vielleicht die schlimmsten Befürchtungen zunächst einmal besänftigt haben, gibt es keine Entwarnung. Sowohl die britische Luftfahrt- als auch die Autoindustrie sehen den Verhandlungen mit großer Sorge entgegen. Die Luftfahrtbranche fürchtet, in ein regelrechtes Loch zu fliegen. Flugpläne werden bis zu einem Jahr im Voraus gemacht. Da Großbritannien die EU im März 2019 verlassen will, müssen die neuen Verträge für den Luftverkehr bis März 2018 ausgehandelt sein.

Ryanair-Marketingchef Kenny Jacobs hält es aus Zeitgründen durchaus für möglich, dass es im Flugverkehr kurzzeitig zum Stillstand kommt. "Es gibt definitiv die Möglichkeit, dass es nach März 2019 eine Zeitlang keine Flüge zwischen Großbritannien und Europa geben wird. Im besten Fall gibt es ein neues bilaterales Abkommen. Aber wir fürchten, dass Großbritannien nicht in der Lage ist, ein solches rechtzeitig für die Sommerflugpläne 2019 bis Mitte 2018 abzuschließen."

Lahmgelegt zu werden, befürchtet auch die Autobranche auf der Insel. Laut "Guardian" überqueren einzelne Autoteile den Ärmelkanal manchmal vier Mal, bevor ein Auto fertig produziert ist. 70 Prozent der neuen Wagen, die in Großbritannien gekauft werden, stammen aus europäischen Fabriken. Umgekehrt reisen die Hälfte der neuen Autos aus Großbritanniens Produktion auf den europäischen Kontinent.

Die Zölle der Welthandelsorganisation betragen für Autos zehn Prozent. Das wäre das "schlechtmöglichste Ergebnis" der Verhandlungen, sagte der Chef des Verbands der Autohersteller und -händler, Mike Hawes. Der EU-Austritt Großbritanniens könnte zur größten Bedrohung für den Wettbewerb seit 30 Jahren werden. Das Auslösen des Artikels 50 sei ein Rennen gegen die Zeit.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen