Wirtschaft

Neuauflage ohne "Zwang" Grünes Licht für Soffin II

Zur Durchsetzung der verschärften Eigenkapitalanforderungen der europäischen Bankenaufsicht EBA wird die deutsche Aufsichtsbehörde Bafin massiv gestärkt.

Zur Durchsetzung der verschärften Eigenkapitalanforderungen der europäischen Bankenaufsicht EBA wird die deutsche Aufsichtsbehörde Bafin massiv gestärkt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Deutsche Kreditinstitute in Geldnöten können sich bald wieder frisches Kapital beim Staat besorgen. Das Bundeskabinett bringt die Wiedereröffnung des Bankenrettungsfonds Soffin auf den Weg. Die Neubelebung ist eine Vorsichtsmaßnahme, falls die Banken wegen der Eigenkapitalvorschriften der EU-Bankenaufsichtsbehörde Probleme bekommen.

Die Koalition hat sich auf eine Neuauflage des Bankenrettungsfonds Soffin geeinigt, aber den zunächst verfolgten Plan einer zwangsweisen Rekapitalisierung von Banken fallen gelassen. Der entsprechend geänderte Entwurf wurde laut Regierungssprecher Steffen Seibert am Berichtstag vom Kabinett gebilligt. Er sieht vor, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zur Not auch einen Sonderbeauftragten auf Vorstandsebene einsetzen kann, wenn eine Bank erhöhten Kapitalanforderungen nicht nachkommt.

Mit der Reaktivierung des Soffin setzt die Bundesregierung ein Vorbild für ähnliche Planungen der europäischen Partner. Der Fonds soll dafür nach dem Plan Garantien bis zu 400 Mrd. Euro übernehmen können. Zudem soll eine Kreditermächtigung von 80 Mrd. Euro bestehen. Anders als früher sollen auch Staatsanleihen ausgelagert werden können. "Das heißt nicht, dass wir Staatsanleihen behandeln wollen wie toxische Papiere", betonte ein hochrangiger Regierungsbeamter aber. Vielmehr sei es dem gegenwärtigen Markverhalten geschuldet.

Mit dem Gesetz will die Bundesregierung verhindern, dass eine systemrelevante Bank in Deutschland an den neuen Eigenkapitalanforderungen scheitert. Die neuen Regelungen sollen für solche Banken gelten, die sich auf den Märkten nicht ausreichend Kapital besorgen können, um die Ende Oktober in Brüssel vereinbarten höheren Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen.

Banken in der Klemme

Besonders relevant dürfte die Reaktivierung des Soffin für die Commerzbank sein, die laut der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) einen Rekapitalisierungsbedarf von 5,3 Mrd. Euro hat, um verschärfte Anforderungen zu erfüllen. Die EBA verlangt von den europäischen Banken, bis Mitte 2012 ihre harte Kernkapitalquote auf 9 Prozent der risikogewichteten Aktiva aufzustocken.

Der jüngste Stresstest der EBA hatte für sechs deutsche Banken einen Rekapitalisierungsbedarf von insgesamt 13,1 Mrd. Euro ergeben, neben der Commerzbank haben die Deutsche Bank einen Kapitalbedarf (3,2 Mrd. Euro) sowie die Norddeutsche Landesbank, die Landesbank Hessen-Thüringen, die DZ Bank und die WestLB.

Keine Zwangsrekapitalisierung

Gestrichen wurde die besonders umstrittene Passage des Gesetzentwurfs, nach der künftig "Institute durch die Bankenaufsicht verpflichtet werden können, einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen zu stellen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist über eine aus Sicht der Bankenaufsicht erforderliche Ausstattung an Eigenmitteln verfügen". Das hätte bedeutet, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Institute notfalls zur Annahme von Staatsgeld zwingen könnte.

Nun soll die Bafin im Jahr 2012 bei einer besonderen Risikolage eine höhere Eigenmittelausstattung anordnen, und einen Plan verlangen können, wie ein Institut dies erreichen will. "Dabei hat das Institut auch die Möglichkeit einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen zu prüfen, wenn keine alternativen Maßnahmen zur Verfügung stehen", heißt es nun. Werde die erforderliche Eigenmittelausstattung nicht innerhalb der gesetzten Frist hergestellt, könne die Bafin "erforderlichenfalls auch das ihr ansonsten zur Verfügung stehende Instrumentarium nutzen".

Kontrolleure im Dienst der Bafin

Damit sei letztlich die Einsetzung eines Sonderbeauftragten bereits in einem früheren Stadium als einer konkreten Bestandsgefährdung eines Institutes möglich, erklärte der Regierungsbeamte. Dies erhöhe faktisch den Druck, weil sich dies "kein Vorstand erlauben" könne. "Dieser Sonderbeauftragte hätte die Aufgabe, einen Antrag beim Soffin zu stellen", stellte er klar.

Wenn die sechs beim EBA-Stresstest durchgefallenen deutschen Banken Anfang nächsten Jahres ihre Pläne vorlegten, wie sie den Kapitalbedarf nachweisen wollten, müssten sie somit "auch damit rechnen, dass Nachfragen der deutschen Finanzaufsicht kommen, ob diese Pläne auch tragen", hob der Beamte hervor. "Die Bafin hat dann auch die Möglichkeit, Nachbesserungen an diesen Plänen zu fordern."

Der im Zuge der Bankenkrise von 2008 eingerichtete Bankenrettungsfonds hatte erst Ende 2010 die Vergabe von Hilfen eingestellt. Damals war eigentlich anstelle solcher Bankenhilfen ein Verfahren zur Sanierung und Reorganisation von Kreditinstituten eingeführt worden. Damit der Bund die Finanzmarktstabilität auch im Falle einer systemischen Krise sichern kann, will er aber nun mit dem Gesetz die befristete Möglichkeit schaffen, dass erneut Hilfen nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz gewährt werden können.

Schieflagen vorbeugen

Der reaktivierte Fonds soll nach dem Plan Garantien bis zu 400 Mrd. Euro für Schuldtitel und begründete Verbindlichkeiten von Unternehmen des Finanzsektors übernehmen können, die von Inkrafttreten des Gesetzes bis zum 31. Dezember 2012 begeben werden. Zweck der Maßnahme ist es, kurzfristig "Liquiditätsengpässe zu beheben und die Refinanzierung am Kapitalmarkt zu unterstützen". Die Laufzeit der Garantien und der abzusichernden Verbindlichkeiten darf nach dem Entwurf 84 Monate für gedeckte Schuldverschreibungen und 60 Monate für andere Verbindlichkeiten nicht übersteigen.

Ob das Vorhaben tatsächlich am Mittwoch im Kabinett sein würde, war lange Zeit unsicher, nachdem sich das unionsgeführte Bundesfinanzministerium und das FDP-geführte Wirtschaftsministerium zunächst nicht über die Einzelheiten geeinigt hatten.

Quelle: ntv.de, DJ

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