Wirtschaft

Samaras sucht Vier-Augen-Gespräch Eurogruppe blamiert sich

"Keine Illusionen mehr": Die Arbeit als Euro-Gruppen-Chef macht Jean-Claude Juncker bescheiden.

"Keine Illusionen mehr": Die Arbeit als Euro-Gruppen-Chef macht Jean-Claude Juncker bescheiden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Euroländer sind in der Griechenland-Frage immer noch keinen Schritt weiter. Auch beim zweiten Treffen innerhalb einer Woche können sie sich nicht einigen, wie Griechenland von seinem Schuldenberg runterkommen soll. Die Nerven in Athen liegen blank. Griechenlands Ministerpräsident Samaras will so schnell wie möglich mit Eurogruppen-Chef Juncker sprechen.

Nach einem elfeinhalb Stunden währenden Verhandlungsritt durch die Nacht sind die Euro-Finanzminister in der strittigen Griechenland-Frage so weit wie zuvor. Die Ansichten über notwendige weitere Finanzmittel und die dazugehörenden Zeitkorridore gehen nach wie vor weit auseinander. Einig waren sich die Euro-Krisenmanager offensichtlich nur in der Frage, dass von den Schwierigkeiten im Detail so wenig wie möglich nach außen getragen werden sollte. Eine Pressekonferenz gab es nicht. Und der offizielle Wortlaut nach dem, was man auch als Fiasko bezeichnen könnte, lautet ebenso lapidar wie einhellig: Es "gibt eine Reihe von Optionen", die Lage "ist kompliziert", jetzt "gilt es technische Arbeiten zu erledigen".

Juncker: "Keine Illusionen mehr über Europa"

Alles in allem nichts Neues. So viel war vor der Marathonsitzung auch schon bekannt. Wenig überraschend fällt die Reaktion der griechischen Regierung entnervt aus: In Athen will man sich nicht mehr länger hinhalten lassen. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker findet wie gewohnt eigene starke Worte für die Arbeit der Euroländer: "Ich bin nicht desillusioniert, weil ich mir über Europa keine Illusionen mehr mache."

Die Regierung in Paris bemüht sich um Schadensbegrenzung. Nach den Worten von Finanzminister Pierre Moscovici ist die Eurozone nur noch "eine Haaresbreite" von einer Einigung zu Griechenland entfernt. Er sei  "sehr zuversichtlich", dass es zu einer Einigung über die neue  Finanzhilfe für das Euro-Krisenland kommen werde, sagte Moscovici dem Sender Europe 1. Die Euro-Zone wäre "bedroht", wenn eine solche Einigung nicht gelänge. Er versicherte aber: "Wir sind ganz nahe an einer Übereinkunft."

Wolfgang Schäuble weiß, wie man gekonnt etwas herunterspielt.

Wolfgang Schäuble weiß, wie man gekonnt etwas herunterspielt.

(Foto: REUTERS)

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte die undankbare Rolle, die unbefriedigende Nachricht vom Scheitern der Gespräche in die Bundestagsfraktionen zu tragen. Als Gründe, warum keine Einigung unter den Euro-Finanzministern zustande kam, führte der CDU-Politiker informierten Kreisen der Unionsfraktion zufolge an, dass es weiter strittig sei, ob Griechenland zum Erreichen der Schuldentragfähigkeit zwei Jahre mehr Zeit erhalten sollte. Konkret geht es hierbei um die Frage, ob das Land zum Erreichen einer Schuldenquote von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nun bis 2022 Zeit gegeben werden soll oder ob am bisherigen Ziel festgehalten wird, nach dem dies 2020 geschafft werden soll.

Ein zweiter Streitpunkt soll gewesen sein, wie die Finanzierungslücke des Landes von 14 Mrd. Euro bis 2014 gedeckt werden soll. Dafür gibt es eine ganze Handvoll Möglichkeiten: Eine davon, die im Gespräch ist, ist die Bereitstellung weiterer kurzfristiger Finanzierungen für das Land über sogenannte Euro-Bills, mit denen die Europäische Zentralbank (EZB) mit im Boot wäre. Die EZB habe eine Finanzierung mit diesem Mittel von bis zu 9 Mrd. Euro für möglich gehalten, hieß es. Allerdings sei diese Frage noch nicht entschieden. Der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach berichtete, Schäuble habe gesagt, ein Schuldenrückkauf für Griechenland könnte durch die Erweiterung des Hilfeprogramms des Euro-Schutzschirms EFSF erreicht werden.

Opposition verlangt Vorsorge im Haushalt

Jürgen Trittin: "Die Stunde der Wahrheit rückt näher".

Jürgen Trittin: "Die Stunde der Wahrheit rückt näher".

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin mahnte Vorkehrungen für Griechenland-Hilfen im Bundeshaushalt 2013 an. "Auch wenn es keinen Schuldenschnitt gibt, müssen wir etwa durch Erstattung von Geldern an die Kreditanstalt für Wiederaufbau Geld aus dem Bundeshaushalt in die Hand nehmen", sagte Trittin der ARD. Trittin war mit den Chefs der anderen Fraktionen von Schäuble telefonisch über den erfolglosen Verlauf der Euro-Finanzministerkonferenz unterrichtet worden.

"Wir haben zwar 17 Mrd. Euro neue Schulden aufgenommen, aber für solche Maßnahmen ist bisher und in dem Umfang, der nötig ist, keine Vorkehrung getroffen", stellte Trittin fest. "Jetzt wird es zum ersten Mal so sein, dass die Staaten, die Griechenland helfen, richtig Geld geben müssen, und nicht nur Bürgschaften." Offen sei dabei noch, ob dies durch Erstattung von Zinszuschüssen oder andere Maßnahmen aus dem Euro-Schutzschirm EFSF geschehen solle. In beiden Fällen würde es den Steuerzahler treffen.

Euro / Dollar
Euro / Dollar 1,07

Auch der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider sieht auf Deutschland weitere Belastungen wegen der Hilfen für Griechenland zukommen. Dem RBB sagte er: "Merkels Entscheidung ist ja, dass Griechenland im Euro bleibt. Und wenn Griechenland im Euro bleiben soll, dann muss Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ein neues Paket vorlegen und das wird im Endeffekt dann nochmal teurer werden."

"Bislang hat Griechenland nichts gekostet"

Der Unions-Haushaltspolitiker Norbert Barthle bekräftigte noch einmal die Ablehnung eines Schuldenschnitts für Griechenland. Dieser löse die Kernprobleme nicht. "Griechenland muss Strukturreformen mit größerem Tempo vorantreiben um zur Lösung der Ursache der Probleme vorzudringen." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel soll ihr "Nein" zu einem Schuldenschnitt in einer Sondersitzung der Unionsfraktion erneuert haben. Sie favorisiere Griechenland mit einer Kombination aus Zinssenkungen und einer Aufstockung des Rettungsfonds EFSF vor der Staatspleite zu bewahren, hieß es. Die Finanzierungslücke des Landes könne auf diese Art und Weise bis 2016 geschlossen werden.

Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras will, dass Zusagen eingehalten werden.

Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras will, dass Zusagen eingehalten werden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Barthle wies Vorwürfe der SPD, die Haushaltsplanungen für  2013 seien wegen der drohenden Belastungen durch die Griechenland-Krise unrealistisch, zurück. Sollte es zusätzliche Belastungen  geben, könnten diese durch Nachtragshaushalte aufgefangen werden,  sagte er. "Wir können aber nicht prophylaktisch im Nebel  herumstochern." Der CDU-Politiker betonte, bislang hätten die  Hilfspakete für Griechenland den Steuerzahler direkt nichts  gekostet. "Ich hoffe, dass das so bleibt." Die Bundestagsfraktionen kamen zu Sondersitzungen zusammen, um sich über mögliche weitere Hilfen für Griechenland zu informieren.

Samaras fordert rasche Hilfszahlung

Aus Griechenland wurde erwartungsgemäß Protest an dem Gefeilsche der Euroländer laut. Ministerpräsident Samaras hält einen Aufschub der Hilfen für sein Land für ungerechtfertigt. Er warnt vor einer Destabilisierung der Eurozone. "Griechenland hat eingehalten, wozu es sich verpflichtet hat", sagte Samaras. "Unsere Partner müssen nun zusammen mit dem IWF ebenfalls tun, was sie sich vorgenommen haben." Technische Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Lösung "rechtfertigen weder Nachlässigkeiten noch Verzögerungen".

Sowohl Schäuble als auch Juncker hatten nach dem Finanzministertreffen betont, dass Griechenland alle Zusagen erfüllt habe. "Aber da die Fragen so kompliziert sind, haben wir keine abschließende Lösung gefunden", sagte Schäuble. Auch Juncker sagte, es seien jetzt noch "technische Details" zu klären. Am nächsten Montag soll offiziell ein neuer Anlauf genommen werden. Es gebe die "Chance", dann "eine Lösung zu haben", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag. Vorher hat Samaras sich aber zu einem Vier-Augen-Gespäch mit Juncker am Rande des EU-Gipfels am Donnerstag verabredet.

Quelle: ntv.de, ddi/rts/AFP/dpa

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