Wirtschaft

Finanzmarkt-Panik ist gefährlich Goldman Sachs warnt vor China-Paranoia

Die Geschwindigkeit, mit der die chinesische Zentralbank auch im Januar wieder Devisenreserven verloren hat, ist beeindruckend. Seit Sommer 2014 hätten sich bereits rund 19 Prozent der Reserven in Luft aufgelöst.

Die Geschwindigkeit, mit der die chinesische Zentralbank auch im Januar wieder Devisenreserven verloren hat, ist beeindruckend. Seit Sommer 2014 hätten sich bereits rund 19 Prozent der Reserven in Luft aufgelöst.

(Foto: REUTERS)

Die Entwicklungen in China sind an den globalen Finanzmärkten bares Geld wert. Goldman Sachs warnt deshalb vor selbsterfüllenden Prophezeiungen. Die Frage ist nur, wie die Märkte agieren.

Shanghai Composite
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Langsameres Wirtschaftswachstum, Aktiencrash in Schanghai, Abwertung des Renminbi, Kapitalabflüsse - China wartet seit Jahresbeginn regelmäßig mit Hiobsbotschaften für die Finanzmärkte auf. Viele Beobachter fürchten mittlerweile, dass die Konjunkturschwäche Chinas die Weltwirtschaft mit nach unten ziehen könnte.

Vor allem die aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten könnten die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in den USA belasten, warnte die US-Notenbankchefin Janet Yellen am Vorabend im US-Repräsentantenhaus. Sie verwies auch auf die Entwicklung in China. Die Wirtschaft der Volksrepublik ist vergangenes Jahr so langsam gewachsen wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Yellen sprach von verschärften Geschäftsbedingungen für die amerikanischen Firmen. "Das Finanzumfeld in den USA ist zuletzt weniger günstig für das Wachstum geworden", sagte sie.

Noch sind die Risiken überschaubar

Yellen hielt sich entsprechend alle geldpolitischen Türen offen. Die US-Geldpolitik folge keinem vorgegebenen Kurs, erklärte sie. Gewohnt diplomatisch hieß es: Die Fed gehe davon aus, dass die US-Wirtschaft eine "graduelle" Anhebung der Leitzinsen benötige. Im Grunde warb sie um Vertrauen in die ruhige Hand der Währungshüter.

Mit der Einsicht, dass pessimistische Finanzmärkte tiefe Spuren in der Realwirtschaft hinterlassen können, steht die oberste Währungshüterin nicht allein da. Die Ökonomen von Goldman Sachs gehören nicht zu denen, die Panik schüren. Sie glauben nicht an ein "China-Geddon", also die ultimative Katastrophe.

Die Experten der Investmentbank sind vielmehr überzeugt, dass ein langsameres chinesisches Wachstum im kommenden Jahr "wahrscheinlich kein großes Risiko" für das globale Wachstum darstellen wird. Selbst eine sogenannte harte Landung dürfte in ihren Augen spurlos an der Weltwirtschaft vorbeigehen.

Begründet wird dies vor allem mit den geringen Handelsrisiken. Die Exporte nach China oder Asien - ohne Japan - machen dem Ökonom Jari Stehn zufolge lediglich rund ein Prozent des BIP für die meisten Industrienationen aus. Ausgenommen sind Australien, Japan und Deutschland. Das bedeutet: Selbst wenn die chinesischen Importe wegen der Nachfrageschwäche in der Volksrepublik und des Wertverlusts des Renminbi um zehn Prozent schrumpfen würden, würde dies lediglich 0,1 Prozent des BIP-Wachstums der Industrienationen ausmachen.

  Auch die Auswirkungen der Finanzmarktturbulenzen in China hält der Ökonom bislang für nicht gravierend, da die chinesischen Binnenmärkte abgeschottet sind und es keine Durchlässigkeit zu den internationalen Finanzmärkten gibt. Eine Analyse der chinesischen Währung und der Finanzlage in den kommenden zwölf Monaten "unter Annahme der widrigsten Bedingungen" (Schrumpfen der Binnennachfrage um zwei Prozentpunkte, unveränderter Kurs des Renminbi sowie eine signifikante Verschlechterung der Finanzbedingungen) ergab laut Stehn, dass von den Problemen so gut wie nichts auf den Rest der Weltwirtschaften "hinüberschwappen" wird.

Peking sollte Währung stabil halten

Chinas Strategie, die Währung regelmäßig abzuwerten, hält Goldman Sachs für nicht zielführend. Ein solcher Wertverlust beschleunige die Kapitalabflüsse und verschlechtere die Finanzierungsbedingungen im Land. Gleichzeitig schrecke er ausländische Investoren ab. China stecke derzeit in einer Zweckmühle, schreiben die Bankstrategen. Die Möglichkeiten Pekings seien begrenzt, um den Kapitalabfluss zu stoppen. Deshalb sei es am besten, Peking "signalisiere Stabilität". Die Kontrolle über ihre Währung habe Peking deshalb noch lange nicht verloren, heißt es weiter. In dem Moment, wo die Währung stabil gehalten werde, ebbe die Kapitalflucht auch regelmäßig wieder ab.

Laut Chefökonom Stehn sind die Schockwellen an den Finanzmärkten, die mit der Lage in China begründet werden, übertrieben. Nur wenn diese übertriebene Reaktion anhalte, könnte es nach seiner Ansicht passieren, dass die Realwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen werde. "Die Finanzmärkte seien in der Lage, ihre eigene Realität zu schaffen", so Stehn. Womit er das bekräftigt, was Yellen am Vorabend sagte.

Quelle: ntv.de

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