Wirtschaft

Dax verbreitet gute Laune Geht das Sommermärchen weiter?

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(Foto: REUTERS)

Selten war das Heer der Analysten über die weitere Dax-Entwicklung so gespalten wie derzeit. Während etliche Finanzprofis Rückschlagpotenzial sehen, erhöhen andere ihre Kursziele.

Der Sommer meldet sich eindrucksvoll zurück: Temperaturen von 30 Grad und mehr sind angesagt. Ist auch beim Dax alles eitel Sonnenschein? Rückenwind erhält der Leitindex von zwei Faktoren: der Aussicht auf Helikoptergeld in Japan und den sinkenden Zinsen in den Industriestaaten. Helikoptergeld bedeutet, dass die Regierung einen Teil der zusätzlichen Anleihen – also Schulden – nicht mehr am Anleihenmarkt platziert, sondern direkt an die Notenbank weitergibt. Mit den zusätzlichen Ausgaben kann die Regierung die Wirtschaft direkt ankurbeln ohne den Umweg über die Geschäftsbanken.

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Investoren erhoffen sich so eine Konjunkturbelebung in Japan, die auch die Perspektiven für die Weltwirtschaft insgesamt aufhellen, nachdem zahlreiche Volkswirte ihre Prognosen für das globale Wachstum in den vergangenen Monaten – nicht zuletzt aufgrund des Brexit – zusehends gesenkt hatten. Bei einer Belebung der Weltwirtschaft würden sich gleichzeitig die Perspektiven für den Dax verbessern, sind in dem Index doch zyklische, also stark konjunkturabhängige, Branchen, wie Auto, Chemie und Halbleiter deutlich stärker vertreten als in vielen anderen Länderindizes. Die Dax-Firmen schlagen sich trotz des schwierigen Konjunkturumfelds bemerkenswert gut, wie viele erfreuliche Quartalszahlen zeigen. Insgesamt haben Dax-Unternehmen die Gewinnerwartungen um zehn Prozent übertroffen.

Ein anderer bedeutender Faktor für die Aktienmärkte ist die Zins- und Renditeentwicklung. "Nachdem die englische Notenbank nach der überraschenden Entscheidung der Briten für den Brexit die Geldpolitik kräftig gelockert hat, sind die Zinsen in England auf Rekordtiefs gesunken und haben gleichzeitig die Zinsen in den Industriestaaten insgesamt mit nach unten gezogen", sagt Klaus Bauknecht, Chef-Volkswirt der IKB Deutsche Industriebank den jüngsten Trend an den Anleihemärkten. Daher rückt die nächste Sitzung der EZB am 8. September bereits in den Fokus. Zahlreiche Investoren gehen davon aus, dass EZB-Chef Mario Draghi ankündigen wird, dass das monatliche Aufkaufprogramm von aktuell 80 Milliarden Euro aufgestockt und über den März 2017 hinaus verlängert wird. Gleichzeitig wird erwartet, dass Draghi die Strafzinsen von minus 0,4 Prozent auf minus 0,5 Prozent senken wird.

In dem Umfeld könnten Investoren auf der verzweifelten Suche nach Rendite verstärkt nach Dax-Aktien greifen, liegt ihre Dividendenrendite doch bei rund drei Prozent. Das kann sich angesichts von Renditen von minus 0,08 Prozent für zehnjährige Bundesanleihen mehr als sehen lassen, zumal die Zinsen auf dem Rückzug sind.

Dax ist hoch bewertet

Beim Dax herrscht aber nicht nur eitel Sonnenschein. Zahlreiche Analysten verweisen nicht zuletzt auf die hohe Bewertung, gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). "Die KGV-Bewertung des Dax liegt nun wieder fast zehn Prozent über dem Mittelwert der letzten zehn Jahre. Dies sind Zeichen für eine anhaltende 'Sorglosigkeit' der Anleger, die zusehends durch eine gewisse "Alternativlosigkeit" bei den Investitionsmöglichkeiten geprägt ist. Die relative Attraktivität von Aktien im noch lange bestehenden Niedrigzinsumfeld stellt ein anhaltend positives Argument für die Aktienmärkte dar", schreiben die Analysten der DZ Bank. Das könne aber vor dem Hintergrund politischer Unsicherheiten und weiter fallender Konsensschätzungen für die Unternehmensgewinne leicht in den Hintergrund rücken.

"Auch unter Berücksichtigung, dass der September mit einem durchschnittlichen Dax-Kursverlust von 1,5 Prozent seit dem Jahr 1960 der schlechteste Dax-Börsenmonat im Jahresverlauf darstellt, sehen wir aktuell für die Aktienmärkte keine weiteren Zugewinne", schreibt Michael Bissinger, Analyst bei der DZ Bank. Das Kursziel für Ende 2016 liegt bei 10.300 Punkte, für Juni 2017 sogar bei lediglich 10.000 Punkten. Das bedeutet einen Rückgang gegenüber dem aktuellen Stand von rund 10.600 Punkten. Die Deutsche Asset Management, der Vermögensverwalter der Deutschen Bank, ist auch nicht gerade optimistisch. Er sieht das Dax-Kursziel für Mitte 2017 bei 10.300 Punkten.

Dagegen erhöhen etliche andere Analysten ihr Kursziel. Der Grund: die sinkenden Zinsen, weshalb Investoren bei Aktien zugreifen würden. So schraubten zuletzt die Analysten der Helaba ihr Kursziel für den Dax für das vierte Quartal von 10.800 Punkte auf 11.200 Punkte nach oben. "Die Tendenz zur Umschichtung in Aktien dürfte sich mittelfristig fortsetzen, zumal Anleger laut jüngsten Stimmungsumfragen derzeit eher vorsichtig positioniert sind. Im Sinne der Kontraindikation sei dies positiv zu bewerten. Mögliche Kursrückgänge in der aktuell saisonal kritischen Phase bieten sich somit aus unserer Sicht zum Positionsaufbau an", schreibt Markus Reinwand, Analyst bei der Helaba.

Seine Kollegen von M.M. Warburg werden ebenfalls optimistischer. "Aktien könnte dauerhaft eine höhere Bewertung zugebilligt werden. Während also in der Vergangenheit das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung der Unternehmensgewinne die wichtigsten Einflussfaktoren für die Aktienkurse waren, könnte dies nun zukünftig der Zins sein – zumindest solange keine neue Rezession droht. Für den Aktienanleger würde dies bedeuten, dass es zukünftig nicht mehr "Don’t fight the Fed", sondern "Don’t fight the central banks" heißen wird. Vor diesem Hintergrund erhöhen wir unser Dax-Kursziel zum Jahresende von 10.350 auf 11.200 Punkte, weil wir nun ein etwas höheres KGV von 13 Punkten und nicht mehr wie bislang eines von 12 unterstellen", schrieb Carsten Klude, Chefvolkswirt bei M.M. Warburg.

Sollten die Zinsen tatsächlich weiter sinken und die Notenbanken ihre Geldpolitik über den Sommer hinaus weiter lockern, könnten Dax-Anleger mittelfristig belohnt werden. Der vor Kurzem gestartete Bullenmarkt bietet noch reichlich Potenzial.

Quelle: ntv.de

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