Wirtschaft

Aus für Diesel und Benzin? Diese Länder wollen nur noch Elektroautos

Hier wird ein BMW i3 "aufgetankt".

Hier wird ein BMW i3 "aufgetankt".

(Foto: picture alliance / dpa)

Es geht auch anders: Mehrere Staaten schaffen Fakten beim Thema Elektromobilität. Sie wollen Neuwagen mit Verbrennungsmotoren komplett verbieten. Deutschland kann da nicht mithalten.

Elektromobilität ist überall auf dem Vormarsch. In vielen Ländern im Schneckentempo, in einigen wenigen inzwischen aber auch rasant. Zu letzteren Gruppe gehören die Niederlande, Norwegen und Indien. Auf ihren Straßen soll der klimaschädliche blaue Dunst von Verbrennungsmotoren schon sehr bald der Vergangenheit angehören. Die Ambitionen sind groß. Bemerkenswert ist vor allem das kleine Zeitfenster, in dem die Länder die "alten" Dreckschleudern aus dem Straßenbild verbannen wollen.

Die Niederlande beabsichtigen, dass Benziner und Diesel-Fahrzeuge bereits ab Mitte der 2020er Jahre aus dem Straßenbild verschwinden. Einen entsprechenden Beschluss hat die Zweite Kammer des Parlaments bereits auf den Weg gebracht. Wird er Gesetz, werden Autos, die fossile Treibstoffe verbrennen, ab 2025 nicht mehr zugelassen; Autos mit Hybridantrieb inklusive. Autofahrer, die bereits ein zugelassenes Nicht-Elektro-Auto haben, müssen jedoch nicht in Panik verfallen: Die Regelung betrifft nur Neuzulassungen. Bereits zugelassene Fahrzeuge dürfen laut Gesetzesvorlage weiterfahren.

Die Niederlande sind in Sachen Elektromobilität seit langem Vorreiter. Schon heute gibt es auf den Straßen unseres Nachbarn mehr Elektroautos als in den meisten anderen Ländern. Laut Statistik haben Elektroautos knapp zehn Prozent Marktanteil, im vergangenen Jahr waren knapp 500.000 E-Autos registriert. Der gesellschaftliche Konsens scheint da, am politischen mangelt es für den großen Wurf aber offenbar noch. Die konservative VVD, die die stärkste Partei der Niederlande ist und derzeit auch den Ministerpräsidenten stellt, hält das Ziel für verrückt.

Norwegen ist einsame Spitze

Übertroffen wird die E-Akzeptanz in den Niederlanden nur noch von Norwegen. Laut Statistik hat die saubere Autogeneration hier bereits einen Marktanteil von satten 22,8 Prozent. Anreize in Form von Steuervergünstigungen sowie der Erlass von Mautgebühren haben sich ausgezahlt, in keinem anderen Land fahren pro Kopf gerechnet so viele Menschen Elektroauto.

Norwegen bietet viele Anreize für den Kauf von E-Autos.

Norwegen bietet viele Anreize für den Kauf von E-Autos.

(Foto: REUTERS)

Die Regierung will den langen Reden zur Klimaverbesserung gerne schnell weitere Taten folgen lassen. Ziel ist es - wie in den Niederlanden - ab 2025 nur Wagen mit Elektromotor neu zuzulassen. Norwegen sendet noch ein weiteres starkes Signal. Es legt sich schon heute auf ein Datum fest, wann komplett sauber gefahren wird: Bis 2050 soll der Großputz beendet und der ganze norwegische Straßenverkehr auf Elektromobilität umgestellt sein.

Die vier größten Parteien der konservativ-liberalen Regierung sind sich laut Medienberichten einig. Das Land, das seinen Reichtum dem Nordsee-Erdöl verdankt, ist damit einen Schritt weiter als die Niederlande. Es ist gut möglich, dass schon in den nächsten Wochen ein Gesetzentwurf zur Abstimmung gebracht wird. Die endgültige Abstimmung im Parlament könnte Medienberichten zufolge 2017 folgen.

Noch mehr Tempo bei der Umstellung macht nur noch der indische Subkontinent. Hier sollen schon 2030 ausschließlich Elektroautos fahren. Auch dieser Plan ist ambitioniert, zumal der Anteil an Elektrofahrzeugen erst bei rund einem Prozent liegt (zum Vergleich: Deutschland und USA: jeweils 0,7 Prozent; Großbritannien 1,1 Prozent; Frankreich 1,4 Prozent). Die Hoffnungen ruhen allerdings auf einem bereits bewährten Finanzierungsplan. Käufer sollen den Preis für ihre E-Autos in langen Raten abbezahlen dürfen. Die Summe soll sich daran bemessen, wie viel Benzin eingespart wird. Die Regierung hat diese Methode bereits bei der flächendeckenden Einführung von LED-Leuchten erfolgreich erprobt. Gelingt dem mit 1,3 Milliarden Einwohnern zweitbevölkerungsreichsten Land der Welt dieser Coup, würde es der weltweiten Verbreitung von E-Autos einen riesigen Schub geben.

Tesla hängt VW Golf ab

Dass es mit einem Mal so schnell geht, passt insgesamt ins Bild. Der Elektropionier Tesla hat mit dem Model 3 das erste Mittelklasse-Elektroauto vorgestellt. Es soll 2017 auf den Markt kommen und im Basismodell für 35.000 US-Dollar (rund 31.200 Euro) zu haben sein. Das Diesel- und Benzinzeitalter neigt sich gemächlich seinem Ende zu. Dies zeigt sich vielleicht auch daran, dass der doppelt so teure 416 PS starke Elektro-Sportwagen Tesla S das Alltagsauto VW Golf bereits vom Platz eins der norwegischen Zulassungsliste verdrängt hat.

Der Tesla ist so begehrt, dass Norweger für einen Gebrauchtwagen mehr Geld zahlen als für einen Neuwagen, nur um nicht fünf Monate warten zu müssen. Tesla-Chef Elon Musk ist mit den Entwicklungen in Norwegen mehr als zufrieden: "You guys rock!!!, so sein Kommentar.

In Deutschland sind solche Fortschritte bei der E-Mobilität schlicht undenkbar. Ein Land wie die Niederlande ist vielleicht im Vorteil, weil es klein ist und Schwächen wie zum Beispiel die geringe Batteriereichweite von Elektroautos bei den kurzen Strecken keine Rolle spielen. Doch der Hauptgrund, warum sich andere Länder leichter mit dem Projekt Elektromobilität tun, ist ein anderer.

Autolobby, der deutsche Bremsklotz

Die meisten haben keine großen Autoindustrien und damit nicht die wirtschaftspolitischen Befindlichkeiten wie Deutschland. Während also in den Niederlanden, Norwegen und sogar im Schwellenland Indien die Ärmel hochgekrempelt werden und mit dem Bau von Strom-Ladestationen und anderer Infrastruktur für E-Autos begonnen wird, probiert Deutschland immer noch aus und diskutiert.

Das jüngste Beispiel hierfür lieferte Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich bei ihrem Kurzbesuch auf dem Elektroauto-Gipfel in Berlin, bei dem sie sich einmal mehr auf die Seite der mächtigen Autoindustrie schlug. Sie warb für ein Bonussystem nach dem Vorbild der USA, bei dem Elektroautos für die Statistik mehrfach angerechnet werden. Die CO2-Bilanz wird so geschönt. Gleichzeitig entfällt der Druck für die Autoindustrie, mehr in die Elektromobilität zu investieren.

Die starke Autolobby droht Deutschland abzuhängen. Schlimmer noch: Die deutsche Autoindustrie hängt sich selbst ab.

Quelle: ntv.de

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