Wirtschaft

Piëchs Rücktritt ist eine Zäsur Bei Volkswagen beginnt eine neue Ära

Ferdinand Piëchs Abgang von der großen Bühne.

Ferdinand Piëchs Abgang von der großen Bühne.

(Foto: REUTERS)

Der Rückzug von Ferdinand Piech nach seiner Attacke gegen Martin Winterkorn war fällig. Trotzdem hinterlässt er eine Lücke im Konzern, die der VW-Chef nicht alleine ausfüllen kann.

Ferdinand Piëch hat vieles richtig gemacht. Aber der Angriff auf VW-Chef Winterkorn gehörte definitiv nicht dazu. Dafür sitzt sein Abgang. Bevor das Aufsichtsratsgremium von Volkswagen ihn abwählen konnte, ist er der Schmach am Samstagabend zuvorgekommen. Es gibt Menschen, die wissen, wie sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen - auch wenn sie verlieren. Piëch gehört dazu.

Jahrzehntelang war er der unangefochtene "König von Wolfsburg". Als er den Machtkampf gegen Winterkorn anzettelte, galt die Karriere des angestellten Top-Managers bereits als beendet. Dass letztlich Piëch als VW-Großaktionär über den Absetzungsversuch seines jahrelangen Wunschnachfolgers fallen würde, war wie ein Paukenschlag. Dass er einmal so die VW-Bühne räumen, dass er sich praktisch selbst entthronen würde, war bis dahin undenkbar.

Es dürfte die größte Überraschung in seiner Karriere gewesen sein, zu erkennen, dass er alle im sechsköpfigen Aufsichtsrats-Präsidium gegen sich hatte - sowohl die drei Arbeitnehmervertreter, als auch seinen Cousin Wolfgang Porsche. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der 78-Jährige sich immer durchgesetzt. Offenbar hatte der eine oder andere eine Rechnung mit ihm. Hier bot sich die Chance, ihn loszuwerden.

Eigentlich hatte Piëch sich noch zwei Jahre gegeben, um einen geschmeidigen Führungswechsel an der Spitze des Konzerns zu organisieren. Mit dem Angriff auf Winterkorn hat er diese Chance vertan.

Den Porsches den Rücken gekehrt

Der Rücktritt von Ferdinand Piëch ist persönlich konsequent. Und im Sinne von Volkswagen. Er hat dem Konzern zwei quälende Jahre erspart. Der Aufsichtsrat hatte zuletzt empfohlen, Winterkorns Vertrag um zwei Jahre zu verlängern. Piëch selbst wollte in der Zeit weiter den Aufsichtsrat führen. Dass das funktionieren würde, konnte man sich kaum vorstellen. Ein weiterer Krieg bleibt Wolfsburg nun hoffentlich erspart.

Aber Piëch geht im Zorn. Wie sehr, erkennt man daran, dass seine Frau Ursula ebenfalls den Aufsichtsrat verlässt. Der gemeinsame Abgang signalisiert: Die Piëchs und Porsches sind geschiedene Leute. Sie wollen die Geschicke des Konzerns nicht mehr gemeinsam gestalten. Die Frage ist, ob die Piëchs als nächstes auch ihre Anteile abgeben. Noch halten sie die Mehrheit am Konzern. Was wird Piëch nun tun? Es könnte also noch mal spannend werden.

Winterkorns Rolle dagegen ist klar. Er muss jetzt beweisen, dass er den Machtkampf zu Recht gewonnen hat. Viel Zeit, sich auf seinem Sieg auszuruhen, hat er nicht. Der Top-Manager hat zwar viel vorzuweisen: Unter ihm hat sich die Belegschaft von VW nahezu verdoppelt. Der Konzern verkaufte 2014 so viele Fahrzeuge wie nie zuvor. Außerdem hat Winterkorn den Konzern um vier Marken erweitert. Aber Piëchs Kritik an ihm war auch berechtigt.

Nach Piëchs Abgang beginnt neue Zeitrechnung - für die Manager Piëch und  Winterkorn. Aber auch für den Konzern. Die Versäumnisse sind offensichtlich: das desaströse Amerika-Geschäft, die mickrigen Margen der Kernmarke VW, während die anderen Töchter gutes Geld verdienen. Volkswagen hat an vielen Stellen Nachholbedarf.

Der Ausnahmekonzern muss sich neu - dezentraler - aufstellen. Und die Lücke, die Piëch hinterlässt, muss gefüllt werden. Winterkorn alleine reicht dafür nicht. Diese Arbeit beginnt ab sofort - vorläufig mit einem Gewerkschafter an der Spitze des Aufsichtsrates. Denn Piëchs Posten übernimmt kommissarisch sein Stellvertreter: der frühere IG-Metallchef Berthold Huber. Der 65-Jährige wird am 5. Mai auch die Hauptversammlung leiten. Auch das ist schon wieder einmalig in der deutschen Wirtschaftsgeschichte sein. Volkswagen ist und bleibt von der Personalführung her ein Ausnahmekonzern.

Quelle: ntv.de

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