Wirtschaft

Manager von Autozulieferer packt aus EU wusste wohl seit 2012 vom Abgasbetrug

Die VW-Affäre zieht weite Kreise.

Die VW-Affäre zieht weite Kreise.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Politik soll schon Jahre vor dem VW-Skandal von der Motor-Manipulation bei vielen Herstellern gewusst haben. Ein Insider liefert brisante Hinweise. Die VW-Abgasaffäre droht zur Politaffäre zu werden.

Die Anzeichen, dass der Manipulationsskandal bei Volkswagen nicht das Werk von wenigen war, mehren sich. Gleichzeitig verdichten sich die Hinweise, dass der Betrug nicht allein VW oder Deutschland betrifft, sondern über deutsche Grenzen hinaus reicht. Wie die "Wirtschaftswoche" (Wiwo) schreibt, gab es nicht nur in Wolfsburg Mitwisser. Auch Brüssel soll Kenntnis von Manipulationen gehabt haben - und das schon vor Jahren.

Hat Antonio Tajani eine schützende Hand über die Autoindustrie gehalten?

Hat Antonio Tajani eine schützende Hand über die Autoindustrie gehalten?

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Magazin beruft sich dabei auf einen namentlich nicht genannten Manager eines Autozulieferers. Er soll die EU-Kommission bereits vor gut drei Jahren über die illegalen Praktiken bei Abgaswerten informiert haben. Wie es heißt, informierte der Manager im Sommer 2012 den damaligen EU-Industriekommissar Antonio Tajani. Konkret am 4. Juli des Jahres soll es wegen dieses Vorwurfs ein persönliches Treffen mit dem Italiener in einem Straßburger Büro der EU-Kommission gegeben haben. Dort habe der Manager das Problem vorgetragen.

Nach dem Bericht des Insiders handelte es sich bei der Abgasmanipulation nicht um einen Einzelfall in Deutschland, sondern um "Manipulationen von Autoherstellern in der EU", demnach um eine EU-weite Praxis verschiedener Hersteller. Der Manager habe klar dargelegt, dass die eingesetzte Software automatisch erkenne, ob ein Auto unter Laborbedingungen oder auf der Straße fahre, heißt es in dem Bericht. Die Abgaswerte würden bei den Zulassungstests geschönt.

Manager forderte klares Signal

VW Vorzüge
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Der Manager habe gefordert, dass Brüssel gegen diese "raffinierten Betrügereien" vorgehe. Ansonsten würden die gesamten "Bemühungen der EU, den Straßenverkehr weniger umwelt- und gesundheitsschädlich zu machen, diskreditiert". Der Termin soll eine Stunde gedauert haben. Vier weitere Personen sollen an dem Treffen teilgenommen haben, vier davon seien Vertreter der EU-Kommission gewesen.

In Vorbereitung auf den Termin bei dem früheren EU-Kommissionskommissar Tajani habe der Manager diesem einen Brief mit entsprechenden Informationen geschrieben. Dieser liege der "Wiwo" vor. Der Manager soll darin auch die Betrugsmethode von VW zur Manipulation von Stickoxid-Werten explizit dargelegt haben.

Passiert ist danach nichts. Die Konsequenz aus dem Treffen war laut "Wiwo" lediglich eine allgemein formulierte Warnung, die Tajani in Form eines Briefes an die EU-Verkehrsminister weiterleitete. Darin forderte er eine generell bessere Marktüberwachung im Bereich Autoindustrie. Den Betrug im Detail erwähnte er nicht. Tajani war von 2010 bis 2014 Kommissar für Unternehmen und Industrie und Vizepräsident der Europäischen Kommission. Die zwei Jahre davor war er zuständig für das Ressort für Verkehr.

"Tolerierter Betrug"?

Erhärtet sich der Bericht, muss Brüssel sich den Vorwurf gefallen lassen, die Politik habe eine schützende Hand über die Autobauer gehalten. Damit wäre der VW-Abgasskandal eine Affäre der europäischen Politik. Bisher hatte die Europäische Union lediglich eingeräumt, seit 2014 von Abgasmanipulationen gewusst zu haben. Auf Nachfrage der "Wiwo" räumte eine Sprecherin jetzt ein, dass die "Gefahr" eine Manipulation bekannt gewesen sei. Hinweise auf konkrete Fälle habe es allerdings nicht gegeben. Ein ehemals hochrangiger Manager sprach laut "Automobil Produktion" bereits von "toleriertem Betrug". Tajani soll auf europäischer Ebene ein starker Unterstützer der Autoindustrie gewesen sein.

Quelle: ntv.de

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