Wirtschaft

Leerverkäufe im Visier EU will "Finanzwetten" verbieten

Der Zeitpunkt ist wohl gewählt: Zwei Jahre nach der Lehman-Pleite geht die EU den Spekulanten an den Kragen. Leerverkäufe sollen zeitweise verboten, der Handel von Derivaten transparenter werden - und kontrollierbar. Ob die Verordnungen in Kraft treten, hängt aber von den Mitgliedsstaaten ab.

Was tun, wenn die geplanten Änderungen in Kraft treten sollten?

Was tun, wenn die geplanten Änderungen in Kraft treten sollten?

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

In der EU sollen nach einem Vorschlag der EU-Kommission Leerverkäufe künftig zeitweise verboten werden. Zugleich sollen die Risiken des bisher schwer durchschaubaren Handels mit Derivaten entschärft werden. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier legte dazu auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise zwei Gesetzesvorschläge vor. Die Verordnungen müssen noch von den EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament beschlossen werden und sollen voraussichtlich 2012 in Kraft treten.

Nach dem Vorschlag sollen sowohl die nationalen Aufseher als auch die geplante europäische Börsenaufsicht ESMA künftig zunächst für drei Monate Leerverkäufe verbieten können. Bei Leerverkäufen leihen sich Investoren wie Hedge-Fonds Aktien oder Anleihen, verkaufen diese und hoffen, sie vor der fälligen Rückgabe preiswerter einkaufen zu können. Diese Handelspraxis verschärfte in der Finanzkrise die Talfahrt von Bankaktien, so dass einige Finanzinstitute an den Rand einer Pleite gerieten. Als riskant gelten insbesondere ungedeckte Leerverkäufe, bei denen sich der Investor das gehandelte Papier noch nicht einmal leihen muss. Ungedeckte Leerverkäufe werden zwar nicht verboten, in Zukunft müsste der Investor aber die Beschaffung des zugrundeliegenden Papiers zumindest schon vereinbart haben.

Transparenz und Kontrolle

Der Handel von Derivaten, die bisher vorwiegend außerhalb von Börsen nur bilateral zwischen den beteiligten Geschäftspartnern abgewickelt wird, soll durch die geplanten Vorschriften transparenter und kontrollierbar werden. Käufer und Verkäufer würden verpflichtet, ihren Handel über Verrechnungsstellen - sogenannte Zentrale Gegenparteien oder Clearinghäuser - abzuwickeln. Diese müssen einspringen, wenn einer der Geschäftspartner ausfällt, so dass keine gefährlichen Kettenreaktionen ausgelöst werden, wenn ein großer Marktteilnehmer zahlungsunfähig wird. 

Zwei Jahre nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman nimmt sich die EU damit Geschäftspraktiken vor, durch die sich die schwere Finanzkrise zusammengebraut hatte. Lehman war über Derivate mit Finanzhäusern auf der ganzen Welt verbunden, die wegen der dramatischen Wertverluste der Papiere dann hohe Abschreibungen verbuchen mussten. Nach dem Lehman-Kollaps war die Finanzkrise 2008 global eskaliert.

Quelle: ntv.de, rts/DJ

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