Wirtschaft

Sechs-Milliarden-Strafe möglich EU bereitet wohl Klage gegen Google vor

Google-Chef Eric Schmidt droht Ungemach.

Google-Chef Eric Schmidt droht Ungemach.

(Foto: REUTERS)

Die jahrelangen Ermittlungen der EU gegen Google stehen vor dem Abschluss. Und es sieht für den US-Internetgiganten nicht unbedingt gut aus. Über einen Vergleich könnte sich das Unternehmen freikaufen - doch dies ist nicht die favorisierte Lösung.

Nach jahrelangen Ermittlungen gegen Google steht nun offenbar die Einleitung formaler Kartellklagen gegen den Suchmaschinenriesen kurz bevor. Die EU-Kartellbehörden hätten Unternehmen aus unter anderem der Reise- und Shopping-Branche um Erlaubnis gebeten, einige Informationen aus von ihnen zuvor vertraulich eingereichten Beschwerden wegen der Marktmacht des Internetgiganten veröffentlichen zu dürfen, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person.

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Seit fünf Jahren geht die Kommission dem Verdacht nach, dass Google seine beherrschende Marktstellung missbrauchen könnte. Drei Mal waren diese Ermittlungen ins Stocken geraten und hatten bereits einen politischen Flächenbrand ausgelöst. Nun könnten sie in formalen Schritten münden - "binnen weniger Wochen", hieß es.

Prominenteste Klage seit Microsoft

Es wäre die prominenteste Kartellklage der EU-Behörden, seit sie Microsoft in einem langwierigen Verfahren zu Zahlungen von Bußgeldern wegen Missbrauchs seiner Marktmacht verdonnert haben. Bis 2012 musste der Software-Konzern deshalb insgesamt 1,7 Milliarden Euro Strafe zahlen.

Ein Vergleich mit Google wäre auch dann noch möglich, wenn die EU wirklich formale Klagen gegen den Konzern wegen Missbrauchs seiner Marktdominanz im europäischen Suchmaschinenmarkt einleiten würde.

Im März 2013 hatte die EU-Wettbewerbsaufsicht Google ihre detaillierten Bedenken in vier Bereichen mitgeteilt:

  • die Bevorzugung von Links zu Googles eigenen spezialisierten Suchdiensten
  • die unautorisierte Verwendung von Originalinhalten von Webseiten Dritter in den spezialisierten Suchdiensten von Google
  • Vereinbarungen, die Betreiber von Webseiten dazu zwängen, den gesamten oder den Großteil ihres Bedarfs an Suchmaschinenwerbung über Google zu decken
  • vertragliche Beschränkungen im Hinblick auf die Übertragbarkeit von Suchmaschinen-Werbekampagnen auf konkurrierende Plattformen für Suchmaschinenwerbung, hieß es damals.

Google hat Vorwürfe dieser Art stets zurückgewiesen. Erst vergangene Woche verwies Google-Justiziar Kent Walker auf eine "schmerzlich lange Liste erfolgloser Google-Produke", darunter Google+ und Street View in Deutschland, als Beweis dafür, dass gegenwärtige Wettbewerbsgesetze sehr wohl funktionierten.

Vestager: Lieber Klage als Vergleich

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat mehrfach angedeutet, dass sie die Rechtssicherheit formaler Klagen in Kartellrechtsverfahren ausgehandelten Vergleichen vorzieht. Bezüglich Google wolle Vestager "den Fall in einem relativ kurzen Zeitrahmen vorantreiben", sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Vestagers Vorgänger, Joaquín Almunia, ist drei Mal mit dem Versuch gescheitert, einen Vergleich mit Google zu erzielen, zuletzt 2014.

Die ersten Anfragen an die Unternehmen, die Beschwerden gegen Google eingereicht hatten, sind Kreisen zufolge Ende Februar verschickt worden, meist mit der Bitte um Antwort binnen weniger Tage. Die Tatsache, dass die Kommission weitere Informationen von den Unternehmen anfordere und dabei Fristen von nur ein paar Tagen setze, zeige, dass sie in der Endphase bei der Vorbereitung formaler Klagen sei, sagte ein einen Google-Rivalen vertretender Anwalt aus Brüssel.

Parlament plädierte für Aufspaltung

Falls die Kommission Klage gegen Google einreicht, hätte der Internetgigant drei Monate Zeit, um Beweise für seine Verteidigung zu liefern, oder er könnte einen Vergleich vorschlagen. Er könnte auch eine Anhörung beantragen, damit sein Fall ausführlicher vor der Kommission gehört wird. Nach Auswertung des Falls würden die EU-Wettbewerbshüter ihre Entscheidung fällen. Sollte sie für den Konzern negativ ausfallen, könnte Google immer noch den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anrufen.

Die Kommission könnte Google zu Strafzahlungen von bis zu 10 Prozent seines Jahresumsatzes verdonnern, der sich im vergangenen Jahr auf 66 Milliarden US-Dollar belief.

Vestager hat wiederholt ihren Standpunkt bezüglich Vergleichen deutlich gemacht: Sie sollten "nicht zur Regel" werden und nicht "um jeden Preis" geschlossen werden. Vor einem Monat traf sie sich mit Googles Executive Chairman Eric Schmidt. Es war das erste Mal seit ihrem Amtsantritt am 1. November, dass sie sich mit einem der Topmanager des Konzerns getroffen hat. Vergangene Woche deutete sie an, dass es ihre Priorität sei, zu gewährleisten, dass kleinere Internetfirmen wettbewerbsfähig gegenüber Branchenriesen blieben.

Im November plädierte das EU-Parlament in einer nicht bindenden Resolution für eine Aufspaltung von Internetkonzernen wie Google. Die Mehrheit der Abgeordneten war dafür, deren Suchmaschinengeschäft gegebenenfalls von anderen Unternehmensbereichen abzutrennen.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ

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