Wirtschaft

Leitzins auf Null Draghi fährt schweres Geschütz auf

Die niedrige Inflation macht Europas Währungshütern Sorge. Die EZB legt daher massiv nach und senkt den Leitzins auf 0,00 Prozent. Noch höhere Strafzinsen sollen Banken zu mehr Krediten zwingen. Auch bei der Billiggeldflut ist kein Ende in Sicht.

Europas Währungshüter legen im Kampf gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche massiv nach - zum zweiten Mal binnen drei Monaten. Die Währungshüter senkten den Leitzins überraschend von 0,05 Prozent auf null Prozent. Zudem müssen Banken wie erwartet künftig noch mehr Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken, statt Kredite an Unternehmen und Verbraucher zu vergeben. Auch die milliardenschweren Anleihenkäufe werden weiter ausgeweitet. Und es gibt neue Langfristkredite für Banken.

Seit einem Jahr steckt die Notenbank Monat für Monat 60 Milliarden Euro in den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren. Die Maßnahme, die im Fachjargon "Quantitative Easing" oder kurz "QE" genannt wird, wurde erst im Dezember um ein halbes Jahr bis mindestens März 2017 verlängert. Ab April will die EZB nun monatlich 80 Milliarden Euro investieren. Zudem werden weitere Papiere in den Korb aufgenommen. Die Anleihenkäufe will die EZB nach Angaben ihres Präsidenten Mario Draghi bis mindestens März 2017 aufrechterhalten.

Anhebung des Strafzinses

Nochmals verschärft wurde der Strafzins für Bankeinlagen. Statt 0,3 Prozent müssen Geschäftsbanken künftig 0,4 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld kurzzeitig bei der EZB parken. Mit dem negativen Einlagenzins wollen die Währungshüter die Kreditvergabe im Euroraum ankurbeln. Müssen Banken mehr für das Bunkern von Liquidität zahlen - so die Theorie - bringt sie das eher dazu, das Geld als Kredit an Verbraucher und Unternehmen weiterzureichen.

Hält starr an seiner Linie fest: EZB-Chef Mario Draghi.

Hält starr an seiner Linie fest: EZB-Chef Mario Draghi.

(Foto: dpa)

Die Strafgebühr für Bankeinlagen ist umstritten. Ökonomen befürchten, dass Banken die Kosten auf ihre Kunden abwälzen könnten, statt mehr Kredite zu vergeben. Dadurch könnten Sparer, die bereits unter den Niedrigzinsen der EZB leiden, noch mehr in Mitleidenschaft gezogen werden.

Ab Juni wird die EZB den Banken im Euroraum weitere zielgerichtete Langfristkredite mit vier Jahren Laufzeit anbieten (TLTRO) - mit negativen Zinsen. Zuletzt war die Nachfrage nach solchen Krediten verhalten.

Inflationsrate zu niedrig

Bislang kommt das viele billige Zentralbankgeld nicht im gewünschten Maß in der Wirtschaft an. Die Konjunktur im Euroraum erholt sich nur schleppend, die Inflation ist nach wie vor im Keller. In Deutschland drückte der erneute Absturz der Ölpreise die jährliche Teuerungsrate im Februar nach vorläufigen Zahlen auf Null.

Im Euroraum fielen die Verbraucherpreise in dem Monat erstmals seit einem halben Jahr sogar wieder: Die Inflationsrate ging auf minus 0,2 Prozent zurück. Das viele billige Geld soll auch die Inflation anheizen. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise gelten als Risiko für die Konjunktur. Unternehmen und Verbraucher könnten Anschaffungen aufschieben, weil sie erwarten, dass es bald noch billiger wird. Die EZB strebt daher mittelfristig eine Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke.

Draghi signalisierte ein mögliches Ende des Zinssenkungszyklus' und rief damit negative Reaktionen an den Finanzmärkten hervor. Auf der Pressekonferenz zur Erläuterung des jüngsten Zinsbeschlusses sagte der Italiener: "Sie wissen sicher, dass wir diskutiert haben, ein abgestuftes System von Einlagenzinsen einzuführen. Wir haben uns dagegen entschieden. Wir wollten das Signal vermeiden, dass wir glauben könnten, mit den Zinsen beliebig weit gehen zu können." Seinen Angaben zufolge will die EZB bei ihrer Geldpolitik umschwenken von der Nutzung des Zinsinstruments zu anderen, unkonventionellen Instrumenten. Draghi sagte außerdem, aus heutiger Sicht gehe die EZB nicht davon aus, die Zinsen noch einmal senken zu müssen. Er fügte aber hinzu, dass neue Fakten diese Einschätzung ändern könnten.

Quelle: ntv.de, wne/mmo/dpa/rts/DJ

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