Wirtschaft

Ein Knicks vor der Autolobby? Diesel sollen Schönwetterfunktion behalten

Um die Luftqualität zu verbessern und Fahrverbote zu verhindern, diskutieren Politik und Industrie eine gigantische Umrüstung von Diesel-Fahrzeugen. Das umstrittene "Thermofenster" soll es laut einem Bericht trotzdem geben. Aus Brüssel gibt es einen Rüffel.

In den Verhandlungen über die Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen bei der Abgasreinigung hat die Bundesregierung nach Angaben des Magazins "Spiegel" in einem zentralen Punkt Forderungen der Industrie nachgegeben.

Daimler
Mercedes-Benz 74,58

Demnach sollen die Reinigungssysteme lediglich bei Temperaturen oberhalb von 10 Grad Celsius funktionieren müssen, wie das Magazin berichtete. Ursprünglich sei vorgesehen gewesen, dass die Abgasreinigung bereits bei wesentlich tieferen Temperaturen wirksam werden muss.

Die nun geplante Regelung würde laut "Spiegel" bedeuten, dass Dieselfahrzeuge bei Temperaturen unterhalb von 10 Grad ihre Stickoxidabgase weitgehend ungereinigt ausstoßen dürfen - und so wieder zu Dreckschleudern werden.

Auto-Gipfel am 2. August

Die Ergebnisse der Verhandlungen zwischen Regierung und Autokonzernen sollen auf dem "Nationalen Forum Diesel" am 2. August, zu dem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) geladen haben, beschlossen werden.

Bei den Verhandlungen geht es konkret um ein Software-Update, mit dem die Hersteller Mängel bei der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen der Euronormen 5 und 6 beseitigen sollen. Hintergrund ist der Skandal um Abgasmanipulationen bei Dieselfahrzeugen, aber auch die Gesundheitsgefahr durch hohe Stickoxidwerte in deutschen Städten. Wegen des Skandals ist der Absatz von Dieselfahrzeugen deutlich eingebrochen.

EU rügt Umgang mit Diesel-Affäre

Die EU-Kommission rügte derweil das deutsche Krisenmanagement im Diesel-Abgasskandal. In der "Welt" warf EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska Deutschland vor, die Schuld für den Skandal der Kommission zuschieben zu wollen.

Die Kommission sei darauf angewiesen, dass Mitgliedstaaten die Einhaltung der EU-Abgasgesetzgebung überwachten und durchsetzten. "Aber dieses System hat offensichtlich versagt", sagte Bienkowska. Auch wies sie darauf hin, dass Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung grundsätzlich verboten seien.

Zuvor war in Berlin Kritik an den EU-Gesetzen aufgekommen. Die EU habe ihre entsprechende Verordnung zum Einsatz von Abschalteinrichtungen so schwammig formuliert, dass so gut wie alles erlaubt sei, hieß es.

Bienkowska erwiderte nun darauf, es liege aber "in der Natur von Gesetzen, dass sie nicht jede denkbare technische Situation präzise beschreiben können". Die Bundesregierung habe auch bislang nicht den Wunsch nach einer Präzisierung geäußert.

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte dem Sender SWR, die Bundesregierung müsse "aus dem Tiefschlaf erwachen und sich endlich um die Mobilität von morgen kümmern", die vor allen Dingen emissionsfrei sein müsse. Nur wer dies sicherstelle, sorge dafür, "dass auch die Autos von morgen noch in Deutschland hergestellt werden".

VW-Chef Matthias Müller kritisierte in der "Sächsischen Zeitung" "Stimmungsmache gegen Dieselfahrzeuge". Diese seien weiterhin "sauber und verbrauchsarm". Gegen den VW-Chef laufen im Zusammenhang mit den Abgasmanipulationen strafrechtliche Ermittlungen. Dabei geht es darum, ob der 2015 in den USA aufgedeckte Skandal zunächst verschwiegen wurde.

Quelle: ntv.de, ddi/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen