Wirtschaft

Kapriolen am Anleihemarkt "Die Zinswende ist das nicht"

Die Zinsen werden wohl weiterhin niedrig bleiben.

Die Zinsen werden wohl weiterhin niedrig bleiben.

(Foto: dpa)

Am Anleihemarkt steigen die Renditen, und viele Anleger schöpfen Hoffnung, Ist das die ersehnte Wende zu höheren Zinsen?  Nein, sagt Fondsmanager Stefan Riße - und erklärt, was das bedeutet. Mit ihm sprach n-tv.de über Spekulationsblasen, billiges Geld und die richtige Anlagestrategie.

n-tv.de: Einige Händler sprechen mit Blick auf den Anleihemarkt von einer regelrechten "Rendite-Eruption". Was ist da los?

Stefan Riße: Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen hat innerhalb kurzer Zeit von 0,05 Prozent auf rund 0,75 Prozent zugelegt. Das ändert aber nichts daran, dass sich die Langfristzinsen noch immer auf einem extrem niedrigen Niveau befinden. Es ist lediglich nicht mehr ganz so absurd tief wie vor vier Wochen.

Stefan Riße ist Vermögensverwalter bei HPM Hanseatische Portfoliomanagement in Hamburg. Er ist Manager des Fonds "Riße Inflation Opportunities UI".

Stefan Riße ist Vermögensverwalter bei HPM Hanseatische Portfoliomanagement in Hamburg. Er ist Manager des Fonds "Riße Inflation Opportunities UI".

(Foto: HPM Hanseatische Portfoliomanagement GmbH)

Sehen wir bei den Anleihen also nur einen kurzen Ausreißer nach oben?

Die Zinsentwicklung am langen Ende wird nicht von den Notenbanken bestimmt, sondern schlicht durch Angebot und Nachfrage. Hier hat es eine riesige Spekulationsblase gegeben. Wegen der Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank haben viele Investoren darauf gesetzt, dass sie immer einen Dümmeren finden, der ihnen Anleihen noch teurer abkauft.

Diese Blase ist nun geplatzt?

Nein, es ist nur etwas Luft entwichen. Die Zinsen werden nicht kräftig weitersteigen. Das gibt das wirtschaftliche Umfeld nicht her. Außerdem tritt die EZB steht ja weiter als Käufer auf und schafft damit Nachfrage.

Und damit bleibt der Markt eng…

Genau. Die Liquidität ist in der Tat kleiner geworden. Deswegen nehmen die Kursschwankungen zu. Hinzu kommt, dass der deutsche Staat immer weniger Anleihen emittiert.

Die Zinswende bleibt in weiter Ferne?

Die Zinswende ist das noch nicht. In Japan und Europa setzen die Zentralbanken weiterhin auf geldpolitische Expansion. Und die US-Notenbank Fed rudert mittlerweile zurück, weil die Wirtschaft nicht so gut läuft wie erwartet. Ob sie wirklich noch dieses Jahr die Zinsen erhöht, ist zweifelhaft – zumal die Amerikaner zunehmend Probleme mit dem festen Dollar bekommen.

Inwiefern?

Die letzten Handelsbilanzzahlen zeigen das deutlich. Die Exportindustrie leidet, außerdem werden US-Unternehmen auf dem Heimatmarkt von billigeren Importen bedrängt. Die Amerikaner können auf keinen Fall zulassen, dass der Euro auf 0,80 Dollar sinkt, wie Goldman Sachs das vorausgesagt hat. Das wäre für die US-Wirtschaft eine Katastrophe.

Also keine Aussicht auf steigende Zinsen in den USA?

Die Zinserhöhung wird dort erst dann kommen, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Der Dollar muss gegenüber anderen Währungen an Wert verlieren, und die Wirtschaft muss sich nachhaltig in einem Aufschwung befinden.

Wie sollten sich Dax-Anleger vor diesem Hintergrund positionieren?

Die Anlagestrategie muss sich nicht groß ändern, vielleicht sollte man ein bisschen Gewinne mitnehmen. Wir befinden uns im Korrekturmodus, der wohl noch etwas andauern wird. Ich denke, dass man Aktien noch billiger bekommen kann als bisher. Wer keine Aktien hat, sollte trotzdem auf diesem etwas reduzierten Niveau einsteigen. Schließlich ist der Markt vom Höchststand rund zehn Prozent zurückgekommen. Ich empfehle eine globale Streuung, mit Schwerpunkt Europa und Deutschland.

Aktien sind also alternativlos?

Zumindest als Beimischung. Wo soll man sein Geld sonst anlegen? Bei den gegenwärtigen Zinsen ist es immer noch töricht, zehnjährige Bundesanleihen zu kaufen. Außerdem kann es durchaus sein, dass in diesem Niedrigzinsumfeld die Aktienkurse schnell wieder anspringen.

Mit Stefan Riße sprach Jan Gänger

Quelle: ntv.de

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